RBL besiegt Borussia Dortmund RBL besiegt Borussia Dortmund: Werbung in eigener Sache und Selbstvertrauen vor CL
Dortmund - Als das mitreißende Fußballspiel in Dortmund vorüber war, saß Ralph Hasenhüttl für ein paar Momente allein auf seiner Trainerbank. Der Chefcoach von RB Leipzig legte den Kopf in den Nacken und atmete den 3:2-Triumph seines Teams regelrecht ein. Zuvor hatte er so eruptiv gejubelt wie schon lange nicht mehr. Als der Auswärtssieg nach fünf langen Minuten Nachspielzeit feststand, hatte der Österreicher einen Spurt auf den Rasen samt beachtlichem Sprung hingelegt: die Faust kämpferisch in der Luft geballt, mit den Beinen einen halben Meter über dem Platz schwebend.
Energie und Leidenschaft, die Hasenhüttl erst nach Abpfiff herauslassen konnte, waren zuvor auch bei seiner Mannschaft auf dem Rasen zu sehen gewesen. Doch noch entscheidender für den Erfolg war, dass die Leipziger in diesem Spektakelspiel vor über 80 000 Zuschauern mit insgesamt fünf Toren, zwei Elfmetern und zwei Platzverweisen Coolness, Mut und Charakter bewiesen und sich auch in den letzten 20 Minuten gegen drängende Dortmunder behaupteten.
RB Leipzig gegen Borussia Dortmund ohne Selbstzweifel
Weder der frühe Gegentreffer nach Stefan Ilsankers „Blackout“ (Marcel Sabitzer) durch Pierre-Emerick Aubameyang (4.), noch die Hektik nach der Gelb-Roten Karte gegen Ilsanker (56.) und das Elfmetertor zum 2:3-Anschluss durch Aubameyang (64.) konnte den Leipzigern an diesem Abend etwas anhaben.
„Wir waren trotz des frühen 0:1-Rückstandes zu jeder Zeit von uns überzeugt“, sagte Hasenhüttl. Von den Dortmundern, die vom schnellen Ausgleich durch Sabitzer per Kopf (10.) und dem spektakulären Wirkungstreffer zum 2:1 durch Yussuf Poulsen (25.) für Leipzig in der ersten Hälfte sichtlich angeknockt waren, konnte man das nicht behaupten. Beim Führungstreffer der Leipziger führte der geniale Bruma in seinem besten Spiel für RB Dortmunds überforderten Rechtsverteidiger Jeremy Toljan regelrecht vor, als er seinen Gegenspieler gleich zweimal abschüttelte, auf der Torauslinie in Richtung BVB-Kasten entlangtanzte und Poulsen bediente. Gäbe es eine Auszeichnung für die beste Vorbereitung der Saison, stünde Bruma bereits jetzt als Gewinner fest.
So nervenstark, abgebrüht und über weite Teile des Spiels hinweg torgefährlich, pressing- und konterstark hatte man RBL in dieser Saison noch nicht gesehen. Eine komplette Leistung. Und das ausgerechnet in Dortmund, wo die 25 500 Fans auf der Südtribüne nicht nur gegen RB plakatierten (siehe Kasten), sondern auch durch die Lautstärke eine gewaltige Wucht entfalten, die dazu beigetragen hat, dass hier seit dem 4. April 2015 (0:1 gegen den FC Bayern) kein Team in der Bundesliga mehr gewonnen hatte. Sabitzer, zum ersten Mal Kapitän, sagte: „Wir waren heiß heute. Dass es laut wird, war klar. Aber wir waren vorbereitet darauf.“ Nicht nur mental, auch taktisch. Hasenhüttl sagte nach Abpfiff: „Wir sind All-in gegangen. Wir haben von Anfang an volles Risiko genommen. Mut wird belohnt.“
RB Leipzig besiegt Borussia Dortmund auch ohne Forsberg und Werner
Diese offensive Herangehensweise vermittelte Hasenhüttl seiner Mannschaft bereits durch die mutige Aufstellung, ohne Emil Forsberg und Timo Werner, die wenig trainieren konnten, dafür mit dem Ex-Dortmunder Kevin Kampl und Naby Keita als Doppelsechs. Doch weil Hasenhüttl in der Länderspielpause „endlich mal wieder Zeit“ hatte, einen detaillierten Matchplan auszuarbeiten und sein Team dementsprechend einzustellen, funktionierte das Pressingnetz so gut, dass die Dortmunder Probleme hatten, ihr Spiel aufzubauen und RB viele zweite Bälle gewann. So erledigte vor allem Kampl seine Aufgabe auch defensiv hervorragend. „Kampl war heute bei uns zusammen mit Bruma der stärkste Mann“, befand Hasenhüttl.
Zwar hatte RB in der zweiten Hälfte durch das schnelle 3:1 per Elfmeter nach Foul an Jean-Kévin Augustin, der selbst antrat (49.), und die daraus resultierende harte Rote Karte gegen Sokratis auch das nötige Glück. Doch die herausragende Leistung war, dass Rasenballsport die Führung anders als etwa beim 4:5 gegen den FC Bayern in der Vorsaison auch über die Zeit brachte.
Dass RB Leipzig nun erstmals überhaupt im Stadion eines großen Gegners gewann, bezeichnete Hasenhüttl als „Ausrufezeichen“. Eine Reifeprüfung mit großer Strahlkraft für die weitere Saison. Die Euphorie aus dem Sieg beim BVB dürfte auch beim dritten Spiel in der „Königsklasse“ guttun. „Am Dienstag gegen Porto müssen wir versuchen, auch in der Champions League mal zu Hause zu gewinnen“, sagte Hasenhüttl. „Sonst ist der Zug dort abgefahren. Wir werden ein paar frische Spieler bringen, dass wir dort auch Fußball-Deutschland würdig vertreten können.“ (mz)