Spitzenreiter für eine Nacht RB Leipzig: Wie das Hasenhüttl-Team bei Bayer Leverkusen Geschichte schreiben will
Leipzig - Es muss kein Vergnügen sein, sich zu kennen. Nicht im Fußball. Dort werden Duelle gewonnen oder sie gehen verloren, weil der Gegner nicht weiß, mit wem er sich da zum Duell trifft. Für RB Leipzig war das in den vergangenen zehn Spielen dieser Saison ein außerordentlicher Vorteil.
Neu in der Liga, hin und wieder unterschätzt, vor allem aber unbekannt was die Ausführung des ansonsten hinreichend bekannten Spielsystems betrifft. RB gewann so sieben Mal, spielte drei Mal Unentschieden und ist Tabellenzweiter.
Red Bull-Experte Roger Schmidt
Wenn sie am Freitagabend gegen Bayer 04 Leverkusen wenigstens einen Punkt holen, sind sie über Nacht Tabellenführer. Wenn sie gewinnen, sogar bester Aufsteiger der Ligageschichte. Doch gibt es eine Mannschaft, die sich bestens auskennt mit dem Umschaltspiel und Gegenpressing des Neulings, dann ist das Bayer Leverkusen.
Genauer gesagt: Dann ist das Roger Schmidt, der Trainer des Tabellenachten. Schmidt, 49, war Meisterschüler von Ralf Rangnick bei Red Bull Salzburg, als der 59 Jahre alte Sportdirektor von RB noch die gesamten Entwicklungsaktivitäten der Fußballabteilungen des österreichischen Unternehmens steuerte.
Aber so hundertprozentig weißt du trotzdem nicht, was der Gegner sich ausdenkt
Schmidt kam 2012 aus Paderborn und hinterließ bei seinem Wechsel zu Bayer 04 Leverkusen eine Meisterschaft, einen Pokalsieg und einen Kader, der Rangnicks Vorgaben von schnellem Umschaltspiel und konsequentem Spiel gegen den Ball perfekt beherrschte. Bestandteil dieses Kaders übrigens waren Spieler wie Peter Gulacsi, Torhüter unter Schmidt, jetzt Stammkeeper unter RB-Trainer Ralph Hasenhüttl. Und Stefan Ilsanker, der bei den Sachsen gerade zum Rechtsverteidiger umgeschult wird.
Gut möglich, dass Schmidt sogar auf der Seite des Österreichers ansetzt, um RB zu knacken. Weil auch Hasenhüttl spielt, wie es Rangnick am liebsten hat, und Schmidt vom Stil seiner Salzburger Tage nicht abgewichen ist, wird die Partie der verwandten Mannschaften Details entscheiden.
Bayer hat definitiv die größeren Personalsorgen
Ralph Hasenhüttl hat am Mittwoch auf diese Besonderheit der Partie hingewiesen: „Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich viele Dinge im Spiel beider Teams ähneln. Wir wissen natürlich, was uns selber auch manchmal ein bisschen weh tut. Welche Pässe uns Probleme bereiten können. Aber so hundertprozentig weißt du trotzdem nicht, was der Gegner sich ausdenkt. Wo er dich pressen will, wie und wo er dich anläuft.“
Ein Nachteil also. Und gleichzeitig ein Vorteil. Denn was für RB gilt, das gilt natürlich auch für Bayer Leverkusen. Auch der Champions-League-Teilnehmer ist gläsern für seinen Freitagabend-Duellanten. Und Bayer hat definitiv die größeren Personalsorgen. Zum einen fehlt weiterhin der an der Ferse geprellte Lars Bender, ein herber Verlust für den Defensivverbund. Und die Länderspielreisenden Robbie Kruse (Australien) und Stürmer Chicharito (Mexiko) kehrten beide erst am Donnerstag zurück. Sprich: gerade einmal einen Tag vor Anpfiff.
Leno: "Bei einer Niederlage wären es elf Zähler Abstand, da wäre RB schon weit weg"
Für Schmidt hieß das wie für Hasenhüttl, dass keine Zeit war, um sich detailliert auf den Gegner einzustellen. Der Bayer-Coach hat zusätzlich aber auch noch die Last zu tragen, weit mehr Nationalspieler als der Gegner im Kader zu haben. 14 waren es bei Schmidt, Hasenhüttl sah zehn abfliegen. Und schließlich der entscheidende Unterschied, der Bayer vielleicht doch gehandicapter in die Partie gehen lässt, als die Gäste vom Cottaweg: Bayer spielt daheim.
Die Gastgeber liegen schon acht Punkte hinter RB. Sie haben den größeren Druck, das Spiel zu gestalten. Torhüter Bernd Leno sagt: „Es ist ein Muss, dass wir siegen. Bei einer Niederlage wären es elf Zähler Abstand, da wäre RB schon weit weg.“ Und weil Bayer dann kommende Woche zu den Bayern muss, „auch deshalb ist ein Sieg Pflicht. Leipzig ist mittlerweile ein Mitkonkurrent um Europa.“ Gut für RB: Mannschaften, die den Aufsteiger unbedingt besiegen wollen, waren bislang die leichteste Beute.