Sachsen-Derby RB Leipzig verliert Pokalschlacht bei Dynamo Dresden im Elfmeterschießen
Dresden - RB Leipzig hat den Härtetest im DFB-Pokal bei Dynamo Dresden nicht bestanden. Das Team von Trainer Ralph Hasenhüttl verlor in dem umkämpften Duell nach zwei komplett unterschiedlichen Hälften, Verlängerung und Elfmeterschießen mit 6:7 (2:2, 2:0). Marcel Sabitzer (15.) und Dominik Kaiser per Strafstoß (45.) hatten in der regulären Spielzeit für RBL getroffen. Der Ex-Leipziger Stefan Kutschke erzielte mit einem Doppelpack (47., 78.) den zwischenzeitlichen Ausgleich. Dominik Kaiser scheiterte dann im Elfmeterschießen. Dynamos Aias Aosman verwandelte den entscheidenden Schuss.
Ausgangslage
Jede Menge Sticheleien im Vorfeld der Partie zwischen dem mitgliederstärksten und –schwächsten Klub im sächsischen Profifußball kündeten von der Brisanz dieses Duells. Bisher hatten die Dynamo-Fans den neu erwachsenen Konkurrenten aus Leipzig weitgehend ignoriert. Nun musste sich die fanatische schwarz-gelbe Fan-Schar zum ersten Mal mit dem in Dresden nicht eben beliebten Red-Bull-Klub auseinandersetzen.
So war im ersten Gastspiel von RBL in der Landeshauptstadt die Sicherheitslage ein großes Thema gewesen. Doch im Vorfeld der Partie blieb glücklicherweise alles weitgehend ruhig – die Atmosphäre rund um das Stadion war regelrecht entspannt. Und auch die RBL-Spieler wurden weder wie befürchtet im Hotel behelligt, noch auf der Anfahrt zum Stadion.
Personalien
RB Leipzig lief genau mit der Formation in Dresden auf, die auch bei der 1:1-Generalprobe gegen Betis Sevilla weitgehend überzeugt hatte. Heißt: Stefan Ilsanker spielte erneut für Marvin Compper in der Innenverteidigung; dem zehn Millionen Euro teuren Neuzugang Timo Werner blieb wieder nur ein Platz auf der Bank. Abwehrmann Atinc Nukan hatte ebenso wie Terrence Boyd und der angeschlagene Keeper Marius Müller in Leipzig bleiben müssen. Dynamo Dresden setzte überraschend auf Ex-RB-Stürmer Stefan Kutschke in der Sturmspitze.
Fans
Der Dresdner Anhang war wie angekündigt komplett in Gelb erschienen; die RBL-Fans waren geschlossen in Weiß angereist – eine imposante Kulisse mit 29.222 Zuschauern im ausverkauften Dynamo-Stadion. Vor Anpfiff rollten die SGD-Fans im K-Block ein Dutzend Banner und Transparente aus, um ihre Liebe zu Dynamo und ihre Abneigung gegen RBL zu demonstrieren. „Wenn wir wollen, fressen wir euch auf”, stand da. Oder der Klassiker: „Tradition ist nicht käuflich."
Eine große Blockfahne zeigte das Dynamo-Wappen inmitten gefalteter Hände; dazu texteten die Dynamo-Ultras: „Gottes Werk” – passend zur religiösen Beziehung, die viele SGD-Fans zu ihrem Klub haben. Die RB-Kurve auf der anderen Seite wurde als „Teufels Beitrag” bezeichnet. Zuvor waren die Leipziger ganz unchristlich mit einem gellenden Pfeifkonzert und dem obligatorischen „Bullen-Schweine”-Gesang auf dem Rasen empfangen worden. Doch insgesamt blieb die Rivalität auch im Stadion in einem vertretbaren Rahmen.
Spielverlauf und Analyse
RB Leipzig zeigte sich zu Beginn unbeeindruckt von der Wucht der Dresdner Kulisse. Die Leipziger begannen mit der richtigen Mischung aus Besonnenheit und Aggressivität. Zwar resultierten daraus in der Anfangsphase keine großen Chancen. Doch RBL brachte sowohl griffiges Gegenpressing-Spiel, als auch Kombinationsfluss in der Offensive auf den Platz. Die erste Chance hatte allerdings Dynamo-Stürmer Marvin Stefaniak. Sein Distanzschuss nach einem Freistoß aus 18 Metern verfehlte das Tor nur knapp (14.).
RB antwortete umgehend, Yussuf Poulsen rutschte nur knapp an einer Hereingabe vorbei (14.). Kurz darauf machte es Marcel Sabitzer besser, als er eine Flanke von Diego Demme von der rechten Seite per Kopf zum 1:0 verwandelte (15.) und sich danach vor dem Auswärtsblock feiern ließ. Ein früher Wirkungstreffer – nicht für das Spiel auf dem Platz, sondern auch das Spektakel auf den Rängen.
Handspiel beschert RBL das 2:0 vor der Pause
Die Gäste nahmen nun etwas das Tempo aus dem Spiel; die Hausherren versuchten, mit Härte in die Partie zu finden. Das hatte nicht den ganz großen Unterhaltungswert, Torchancen kamen kaum zustande. Doch der Bundesliga-Aufsteiger ließ sich nicht aus der Reserve locken. Innenverteidiger Willi Orban spielte sicher aus der Abwehr heraus; Naby Keita im Spielzentrum verteilte die Bälle strategisch und klug.
Sekunden vor dem Pausenpfiff wurde RBL für den abgezockten Auftritt belohnt. Nach einer Ecke bekam Dynamos Abwehrmann Manuel Konrad den Ball an die Hand. Referee Felix Brych hatte die Situation zunächst nicht gesehen, entschied aber nach Beratung mit seinem Assistenten auf Strafstoß. Leipzigs Kapitän Dominik Kaiser ließ sich vom Pfeifkonzert nicht beeindrucken und verwandelte cool zum 2:0 (45.). Zweite Chance, zweites Tor – effektiver hätte Rasenballsport nicht auftreten können.
Paukenschlag durch Kutschke-Tore
Doch die Dresdner steckten nicht auf und starteten denkbar günstig in die zweite Hälfte. Nach einem Foul von RBL-Neuzugang Benno Schmitz im Strafraum pfiff Schiedsrichter Brych erneut Elfmeter. Der Ex-Leipziger Stefan Kutschke verwandelte ebenso ungefährdet wie zuvor Kaiser (47.). Nun war die Dresdner Kulisse ebenso geweckt wie die Kampfkraft der Gastgeber, die zuletzt in der Liga zweimal in Folge Rückstände aufgeholt hatten.
Dynamo spielte nun deutlich zwingender nach vorn und brachte die stets weit aufgerückte Viererkette des Bundesliga-Neulings ein ums andere Mal in Bedrängnis. RBL tat sich sichtbar schwerer als in den ersten 45 Minuten und hatte Probleme, dem Druck der bedingungslos kämpfenden Dresdner standzuhalten. Von dem Spiel, das Rasenballsport ausmacht, war nicht mehr viel zu sehen – eine im Vergleich zur ersten Hälfte komplett andere zweite Halbzeit. So hatte Kutschke die große Chance zum Ausgleich, doch der Angreifer schob den Ball bei seiner bis dato größten Gelegenheit Zentimeter neben das Tor von Peter Gulacsi (75.). Drei Minuten später machte es der Mann mit der Nummer 30 besser. Von der Strafraumgrenze erzielte er freistehend das 2:2 (78.). RB antwortete mit einem Angriff über Yussuf Poulsen – die größte Gelegenheit für die „Roten Bullen” in der zweiten Hälfte, doch SGD-Torhüter Schwäbe parierte den wuchtigen Kopfstoß des Dänen mit den Fingerspitzen (81.).
Dynamo-Sieg im Elfmeterschießen
So ging die Begegnung, die den Namen Pokalschlacht verdiente, in die Verlängerung. Erneut Poulsen (97.) und Kaiser (98.) kamen im Strafraum zu Kopfballgelegenheiten, die das Tor jedoch verfehlten. Dynamos Akaki Gogia hatte den Siegtreffer auf dem Fuß (111.), doch sein Versuch blieb an einem Abwehrbein hängen und trudelte knapp neben das Tor. Werners Treffer wurde wegen Abseitsposition nicht gegeben (119.).
Die Entscheidung musste also im Elfmeterschießen fallen, in dem Kapitän Dominik Kaiser den entscheidenden Strafstoß verschoss. Dynamos Aias Aosman machte den 7:6-Triumph mit dem letzten Elfmeter perfekt.
Ausblick
Am Sonntag, 17.30 Uhr, wartet auf RB Leipzig ein historisches Spiel – das erste Match in der Bundesliga. Dann kehren Ralf Rangnick, Dominik Kaiser, Marvin Compper, Davie Selke sowie einige weitere RB-Mitarbeiter aus dem Trainerstab zurück zu ihrem früheren Klub TSG 1899 Hoffenheim. Dynamo steht gleich das nächste Spektakel bevor: Die SGD empfängt Kultklub St. Pauli (Sonntag, 13.30 Uhr).
Statistik
Dynamo Dresden: Schwäbe - F. Müller, Starostzik (46. Teixeira), Ballas, Kreuzer - Konrad (74. Testroet), Hartmann, J. Müller - Aosman, Kutschke (88. Gogia), Stefaniak
RB Leipzig: Gulacsi - Schmitz, Ilsanker, Orban, Halstenberg - Demme, Keita (89. Werner) - D. Kaiser, Forsberg (77. Compper) - Sabitzer (117. Kalmar), Y. Poulsen
Tor: 0:1 Sabitzer (15.), 0:2 Kaiser (45.+1, Handelfmeter), 1:2 Kutschke (47. Foulelfmeter), 2:2 Kutschke (78.)
Elfmeterschießen: 0:1 Kalmar, 1:1 Testroet, 1:2 Orban, 2:2 Stefaniak, 2:3 Ilsanker, 3:3 Teixeira, Schwäbe hält gegen Kaiser, 4:3 Gogia, 4:4 Halstenberg, 4:5 Aosman
Schiedsrichter: Felix Brych (München) Gelbe Karten: Kaiser (13.), Hartmann (66.), Poulsen (78.), Aosman (120.)
Zuschauer: 29.222 im DDV-Stadion Dresden