1. MZ.de
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. RB Leipzig
  6. >
  7. "Heiß wie Frittenfett": RB Leipzig: "Heiß wie Frittenfett" -Wie Spieler und Verantwortliche versuchen den Lauf zu erklären

"Heiß wie Frittenfett" RB Leipzig: "Heiß wie Frittenfett" -Wie Spieler und Verantwortliche versuchen den Lauf zu erklären

Von Ullrich Kroemer 01.11.2016, 11:10
Marcel Sabitzer (rot) holt nach seinem Treffer den Ball gleich selbst aus dem Tor.
Marcel Sabitzer (rot) holt nach seinem Treffer den Ball gleich selbst aus dem Tor. GEPA

Darmstadt/mz - Marcel Sabitzer kam als Letzter in den winzigen Interview-Bereich des Darmstädter Stadions am Böllenfalltor. Wenn es sich machen lässt, meidet der Österreicher Gespräche mit Journalisten. Doch nach seinem Doppelpack zum 2:0 (0:0)-Auswärtssieg von RB Leipzig ließ sich der 22-Jährige dann doch zu ein paar interessanten Einblicken bewegen.

Sabitzer hatte sich vor 14 Tagen in Wolfsburg ja das Außenband im rechten Sprunggelenk gerissen; an seinem Knöchel war noch immer ein Verband zu sehen. Doch auf wundersame Weise war er gegen Darmstadt wieder vollkommen fit gewesen. „Wenn man unbedingt spielen will, beißt man etwas auf die Zähne und fertig – ein bisschen Tapeverband und dann geht’s rund“, sagte er trocken.

Und mehr noch: Dass er gegen die Südhessen zunächst nur auf der Bank gesessen hatte, gefiel dem Steirer gar nicht. „Aber durch die zwei Tore ist es kein Problem, dass ich erst später reingekommen bin.“

„Wie eine Pistole im Anschlag“

Sportdirektor Ralf Rangnick machte es gar als zusätzlich motivierenden Faktor aus, dass Sabitzer nicht begonnen hatte, sondern erst für Yussuf Poulsen eingewechselt wurde. Rangnick stand im schlauchförmigen, mit Styroporplatten abgehängten und schummrig beleuchteten Pressekonferenz-Raum und sagte: „Sabi war heute wie eine Pistole im Anschlag. Er konnte es gar nicht erwarten, wieder zu spielen.“ Dann benutzte er die schöne, altmodische Redewendung „heiß wie Frittenfett“, um die Motivationslage seines Offensivmanns zu beschreiben. „Es war kein Zufall, dass er zwei Tore gemacht hat.“

Das Beispiel Sabitzer beschreibt treffend, wie es derzeit um die mentale Verfassung des gesamten Rasenballsport-Teams bestellt ist. Da hat sich dank der akribischen Arbeit des Trainerteams eine Leistungsgesellschaft im positivsten Sinne zusammengefunden. Die Spieler neiden sich gegenseitig nichts, wollen aber selbst unbedingt zeigen, dass sie es noch besser können als ihre Kollegen. Nicht aus egoistischen Motiven, sondern für den Teamerfolg.

Trainer Hasenhüttl kann derzeit einwechseln, wen er will – es ist kein Leistungsabfall zu bemerken. Im Gegenteil: Woche für Woche spielt sich ein neuer Joker in den Mittelpunkt. So wie Sabitzer am Samstag.

Naby Keita ins Tor…

Am Tag nach dem vierten Sieg in Serie und dem nun bereits neunten Bundesligaspiel ohne Niederlage sagte der Chefcoach treffend. „Ich habe im Moment das Gefühl, dass jeder Spieler jede Position bekleiden kann. Wenn ich Naby Keita ins Tor stelle, hält der auch noch zwei Hundertprozentige“, sagte Hasenhüttl über seinen 1,72 Meter kleinen Spielmacher. „Momentan geht es eben einfach.“

Es ist eine Paradesituation für Analysen durch Sportpsychologen. Die nennen diesen Erfolgszustand Flow, Fluss. Nur wenn alle Rahmenbedingungen ideal sind – Kader, Trainer, Verein, Erfolgserlebnisse, Drucksituation – kommt es zu einer solch raren Phase eines Höhenflugs.

Hasenhüttl erklärt sich die Erfolgswelle aus mentaler Sicht so: „Wir haben jede Woche neue Aufgaben, das macht die Bundesliga bislang so spannend. So kommt vielleicht auch dieser Flow zustande, weil die Jungs neugierig sind auf alles. Jeder Gegner ist eine neue Herausforderung für uns.“ Und Stürmer Timo Werner erklärte: „Wenn man Tabellenzweiter ist, Woche für Woche punktet und dazu noch gut spielt, ist es leicht, Konzentration und Spielfreude hochzuhalten. Wir sind voll im Soll und deswegen spielen wir so locker auf.“

So kann sich RB derzeit wohl nur selbst bremsen. So sieht es jedenfalls Ralf Rangnick, wenn er sagt: „Jeder Gegner kann uns stoppen, wenn wir es schlecht machen. Aber es ist ja unser Job, dass wir es nicht schlecht machen.“   (mz)