Transfermarkt RB Leipzig: Die zehn Transfer-Regeln des Ralf Rangnick

Leipzig - Die Transfer von Offensivmann Timo Werner oder dem zentralen Mittelfeldspieler Naby Keita haben es wieder einmal gezeigt: In der Regel lotst Ralf Rangnick die Spieler, die er will, nach Leipzig. Der Sportdirektor von Rasenballsport gilt als einer der besten Spielerentwickler der Branche.
Naby Keita, 21 Jahre, Zentrales Mittelfeld, RB Salzburg, 15 Millionen Euro
Timo Werner, 20 Jahre, Stürmer, VfB Stuttgart, 10 Millionen Euro
Marius Müller, 22 Jahre, Torwart, 1. FC Kaiserslautern, 1,5 Millionen Euro
Benno Schmitz, 21 Jahre, Rechter Verteidiger, RB Salzburg, 800.000 Euro
Davie Selke, 20 Jahre, Stürmer, Werder Bremen, 8 Millionen Euro,
Atinc Nukan, 21 Jahre, Innenverteidiger, Besiktas, 6 Millionen Euro
Marcel Halstenberg, 23 Jahre, Linker Verteidiger, 3,5 Millionen Euro
Stefan Ilsanker, 26 Jahre, Defensives Mittelfeld, RB Salzburg, 3 Millionen Euro
Peter Gulacsi, 25 Jahre, Torwart, RB Salzburg, 3 Millionen Euro
Willi Orban, 22 Jahre, Innenverteidiger, 1. FC Kaiserslautern, 2 Millionen Euro
Nils Quaschner, 21 Jahre, Stürmer, RB Salzburg, ablösefrei
Massimo Bruno, 20 Jahre, Offensives Mittelfeld, RSC Anderlecht, 5 Millionen Euro
Terrence Boyd, 23 Jahre, Stürmer, Rapid Wien, 2 Millionen Euro
Marcel Sabitzer, 20 Jahre, Linksaußen, Rapid Wien, 2 Millionen Euro
Zsolt Kalmar, 19 Jahre, Offensives Mittelfeld, ETO FC Gyor, 1 Million Euro
Lukas Klostermann, 18 Jahre, Rechter Verteidiger, VfL Bochum, 1 Million Euro
Marvin Compper, 29 Jahre, Innenverteidiger, AC Florenz, 500.00 Euro
Rani Khedira, 20 Jahre, Defensives Mittelfeld, VfB Stuttgart, 500.000 Euro
In den vergangenen 20 Jahren hat Rangnick Marktwerte von schätzungsweise 300 Millionen Euro generiert. Der RBL-Sportdirektor folgt dabei folgenden Prinzipien:
1. Alter
Die Grundlage des RB-Transfersystems. Bis auf Ausnahmen – Marvin Compper war bereits 29, als er in Leipzig begann – holt Rangnick nur Spieler im Alter zwischen 17 und 23 Jahren.
Mit seinem Jugendkonzept überzeugte Rangnick einst auch Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz. Der mächtige Konzernboss war im Frühjahr 2012 mit seinem Privathubschrauber auf dem Gelände des Hotels Sonnenhof ins Aspach nahe Rangnicks Heimatort Backnang eingeschwebt und hatte Rangnick gefragt: „Wie würden Sie RB Leipzig in die Bundesliga führen?“
Rangnick hatte sein oberstes Transferprinzip sofort parat. Der Beginn einer überzeugenden Zusammenarbeit.
2. Profil
Rangnick setzt auf sein Gespür als Spielerentwickler und holt ausschließlich Spieler, die das Potenzial haben, sich noch gehörig zu steigern – sowohl, was Leistung als auch Marktwert angeht. Sein Ziel sei es, sagte Rangnick mal, Spieler vom Schlage eines Marco Reus zu entdecken, bevor dieser in Mönchengladbach für Furore sorgte und nach Dortmund wechselte.
Dazu wollen Rangnick & Co. keine Spezialisten, sondern Kicker, die möglichst universell einsetzbar sind. Ein Abwehrspieler soll wie Lukas Klostermann möglichst ebenso als Rechts- wie auch als Innenverteidiger tauglich sein. Verpflichtungen wie Marcel Sabitzer können in der Offensive beinahe jede Position bekleiden.
Zudem wichtig: Die Station bei Red Bull muss zum aktuellen Karriere-Entwicklungsschritt des Spielers passen. Falls ein Akteur noch nicht Bundesliga tauglich ist, hat er in Salzburg, Liefering oder der RBL-U23 Ausweichmöglichkeiten.
3. Charakter
Der Chefeinkäufer prägte mal den Satz, dass er keinen Spieler kaufe, dem er nicht „mindestens einmal tief in die Augen geschaut“ habe. Für Rangnicks Jagdfußball sind absolute Hingabe und Teamfähigkeit Grundvoraussetzungen. Spieler wie Ante Rebic, den Rangnick einst gegen den Willen von Alexander Zorniger durchgesetzt hatte, würde der 57-Jährige heute nicht mehr holen.
Wichtig ist dem Backnanger, dass die Spieler aus gutem Elternhaus kommen. Selbst in der vergangenen Saison, in der er als Trainer und Sportchef doppelt eingebunden war, traf er sich mit U-19-Akteuren und deren Eltern, um die Talente und ihr Umfeld zu sensibilisieren. Absolute Voraussetzung ist, dass potenzielle Kicker bislang nicht durch Undiszipliniertheiten aufgefallen sind.
4. Position
Eine Grundlage für Rangnicks Kaderplanung ist, dass alle Positionen mindestens doppelt, wenn nicht dreifach besetzt sind. Jedem Spieler wird ein direkter Konkurrent zugeordnet, so dass sich die Kollegen immer mindestens im Zweikampf um den Platz in der Startelf befinden.
5. Ablöse
Seit dem Aufstieg ist es möglich, dass RBL für einen hoch veranlagten Spieler schon einmal bis zu maximal 25 Millionen investiert. Voraussetzung ist, dass er das Potenzial hat, seinen Marktwert noch gewaltig zu steigern. Aber Rangnick investiert die Mateschitz-Millionen nicht um jeden Preis.
„Ich gehe mit dem Geld um, als wäre es mein eigenes“, sagt er. Siehe der geplatzte Transfer von Breel Embolo: Wenn Rangnick das Gefühl hat, dass er trotz großer Bemühungen von Klub und Spielerberater hingehalten wird, zieht er radikal die Reißleine.
6. Gehalt
Das Gehaltsgefüge muss passen. Aktuell soll bei RB Leipzig kein Spieler mehr als drei Millionen Euro verdienen – inklusive Prämien. Indem Rangnick neuen Stars keine Fantasiesummen bezahlt, vermeidet er Ungleichgewichte und neidvolle Missstimmungen im Kader, die zu Grüppchenbildungen und Auflösungserscheinungen im Teamgefüge führen könnten.
7. Berater
Kein Spieleragent soll bei RB Leipzig zu viel Einfluss auf das Team erlangen. Deshalb achtet Rangnick darauf, dass sich maximal drei Spieler eines Spielermanagers in seinem Kader befinden. Rogon etwa, die Agentur von Roger Wittmann und Wolfgang Fahrian, hat in Marcel Sabitzer, Willi Orban und Torhüter Marius Müller aktuell drei RB-Kicker unter Vertrag.
8. Scouting
Rangnick vertraut bei Transfers zwar gern seinem wachen Blick und seinem Instinkt, lässt sich aber von einer Vielzahl an Experten beraten. Mindestens einmal im Monat treffen sich die Verantwortlichen mit Chefscout Johannes Spors, den Beratern Wolfgang Geiger und Helmut Gross sowie Jochen Schneider und Gerard Houiller vom globalen Red-Bull-Fußballteam – in der Transferzeit häufiger. Neu hinzu kommt nun Chefcoach Ralph Hasenhüttl, der eigens wegen der Transferberatung am 1. Juni seinen Antrittsbesuch in Leipzig vorverlegte.
9. Überredungskünste
Bei Rasenballsport sprechen sie vom „Rangick-Trumpf“. Heißt: Der Schwabe überzeugt auch Spieler, die ursprünglich gar nicht zu RB wollten. So wie jüngst Naby Keita oder in der vergangenen Saison Marcel Sabitzer, Willi Orban oder Atinc Nukan. Wenn sich Rangnick erst einmal in den Kopf gesetzt hat, einen Spieler zu verpflichten, insistiert er meist solange, bis derjenige angesichts so viel Engagement und Überzeugungsarbeit unterschreibt.
Engagement und Zeitaufwand des Transfergurus, selbst weite Flugreisen selbst in Kauf zu nehmen, sind in diesen Fällen beeindruckend. Freilich hat RBL auch gute Argumente auf seiner Seite; die Rangnick’sche Ausbildung unter aktuell hochmodernen Bedingungen am Cottaweg gepaart mit der internationalen Perspektive sind schlagende Argumente.
10. Bauchgefühl
Rangnick ist kein Dogmatiker. Falls ihn ein Spieler wirklich überzeugt, ist er auch bereit, einige der eigenen Grundsätze über Bord zu werfen. So kann es etwa durchaus sein, dass ein Spieler mal älter als 23 ist.
Denn auch Ralf Rangnick irrt gelegentlich: Einkäufe wie Rebic oder Omer Damari waren totale Flops. Dem gegenüber stehen Megatransfers wie die Roberto Firmino oder Sadio Mané, mit denen Rangnick Millionen für seine Klubs generierte.