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Siegtor mit falschen Schuhen RB Leipzig: Das irre Debüt des Ademola Lookman

Von Ullrich Kroemer 04.02.2018, 19:00
Die Schuhe als Gesprächsthema: Trainer Ralph Hasenhüttl und Torschütze Ademola Lookman in der Nachbesprechung des Auswärtssieg in Mönchengladbach.
Die Schuhe als Gesprächsthema: Trainer Ralph Hasenhüttl und Torschütze Ademola Lookman in der Nachbesprechung des Auswärtssieg in Mönchengladbach. imago sportfotodienst

Leipzig/Mönchengladbach - Ademola Lookman blickte am Ende des Tages lächelnd auf seine türkisblauen Fußballschuhe, Modell: „Superfly“. 1:0 hatte RB Leipzig bei Borussia Mönchengladbach gewonnen, der Neuzugang aus England hatte das Goldene Tor beigesteuert.

Also musste das gerade erst nach Leipzig verliehene Talent im Kabinengang ausführlich über diese Viertelstunde berichten, die dem neuen Offensivmann schon jetzt Kultstatus beschert. Eine Cinderella-Story, wie die Amerikaner sagen. Fast schon zu kitschig, um wahr zu sein.

Es ist ein Stoff, aus dem sonst nur Träume sind. Und die blauen Schuhe spielen dabei eine wesentliche Rolle. Dass Trainer Ralph Hasenhüttl den erst am Mittwochabend ausgeliehenen Youngster, dessen Last-Minute-Wechsel zunächst mehr als Nottransfer denn als ernsthafte Verstärkung interpretiert wurde, überhaupt in den Kader befördern würde, war bis kurz vor Anpfiff unsicher. Auch Dominik Kaiser war mit an den Niederrhein gereist, musste dann aber weichen. Und Hasenhüttl begründete die Entscheidung für Lookman so: „Wenn er nur bis Sommer Vertrag hat, macht es wenig Sinn, dass man ihn erstmal drei Spiele lang heranführt. Offensivspieler leben auch von ihrer Intuition.“

Ademola Lookman mit einem unbekümmerten Debüt

So mussten zwei Trainingseinheiten mit den neuen Kollegen und zwei Tage Taktik-Crashkurs genügen, „damit er nicht ganz unvorbelastet in die ganze Geschichte reingeht“, sagte Hasenhüttl. Eigentlich ein Versprecher, der Trainer meinte wohl eher: nicht ganz ohne Vorkenntnisse. Doch gerade weil Joker Lookman nach seiner Einwechslung (78.) unbekümmert und unbelastet in die Partie ging, machte er den Unterschied und schoss kurz vor Schluss das entscheidende Tor zum erst vierten Auswärtssieg der Leipziger in dieser Saison (88.).

Dabei wäre die Premiere des 20-jährigen Briten um ein Haar richtig peinlich geworden. Nach fünf Minuten hatte Hasenhüttl eigentlich genug von Lookman gesehen und war drauf und dran, den gebürtigen Londoner wieder vom Feld zu nehmen. „Er und wir hatten Glück, dass er zum Zeitpunkt, als er das Tor geschossen hat, noch auf dem Platz stand“, sagte Hasenhüttl. „Er ist nur herumgerutscht in seinen Schuhen.“

Hasenhüttl wollte Lookman gleich wieder auswechseln

Was tatsächlich stimmte. Ein ums andere Mal verlor Lookman auf dem seifigen Geläuf den Halt. Dabei hatte Hasenhüttl den Leihspieler vom FC Everton vor dem Spiel noch gewarnt, dass seine Nockenschuhe ungeeignet für die im Winter tiefen, deutschen Plätze seien.

Doch Lookman bestand auf seine eingespielten Töppen – angeblich die einzigen, die er aus England mitgebracht hat. „Ich habe ihm schon im Training gesagt: Das funktioniert so nicht. Aber er wollte die nicht ausziehen. Dann habe ich ihn halt gelassen, was soll ich machen?“, fragte Hasenhüttl achselzuckend.

Lookmans Sturheit in der Schuh-Frage zahlt sich aus

Und in der entscheidenden Situation hatte Lookman dann genug Standfestigkeit: Bedient von Naby Keita düpierte der U-21-Nationalspieler die Gladbacher Defensive und erzielte mit einem platzierten Schuss aus halbrechter Position auf den langen Pfosten abgezockt sein erstes Tor für Rasenballsport (89.). „Nicht auszudenken, wenn er mit Stollenschuhen vorbeigeschossen hätte“, musste Hasenhüttl eingestehen.

Und auch die neuen Kollegen waren nach dem Sieg voll des Lobes über Lookman: „Der Junge ist sehr gut am Ball, er ist schnell, man kann schwer erkennen, in welche Richtung er mit dem Ball geht“, sagte Keeper Peter Gulacsi. „Er hat den freien Raum gesehen und super reingedribbelt.“
Mitverantwortlich dafür war auch der sonst wenig glückliche Timo Werner, der in die Tiefe startete, so Gegenspieler mitzog und dadurch erst ermöglichte, dass Lookman den freien Platz bekam.

Lookman ist der Rummel sichtlich unangenehm

Dem Torschützen selbst war der Rummel um ihn fast peinlich. Schüchtern lächelnd berichtete der Junge mit der Zahnspange, dass das Grün in Deutschland anders als der sprichwörtliche englische Rasen sei, „etwas rutschiger“ eben. Doch wie seine Sturheit gegenüber Hasenhüttl und seine Kaltschnäuzigkeit beim Debüt beweisen, ist Coolman Lookman – Spitzname: „Mola“ – auf dem Platz kein bisschen schüchtern. „Ich habe immer Selbstvertrauen, wann auch immer ich auf den Rasen gehe“, so der Youngster – Cinderella halt.

Das Spiel in der Bundesliga bezeichnet er nach seinen ersten „emotionalen, glücklichen und aufregenden“ Live-Eindrücken als „technischer und cleverer“ als in seiner Heimat. „Der Fußball in der Bundesliga und bei RB Leipzig ist für Spielertypen wie mich geeignet“, sagte er. „Ich mag Gegenpressing-Fußball, ein offensives Team hilft meinem Spiel. Die Mannschaft ist sehr jung und ambitioniert, und das hilft auch meinen Ambitionen.“

RBL: Darf Lookman weiter in seinen rutschigen Schuhen spielen?

Hasenhüttl nahm den Mann des Tages nach dem immens wichtigen Sieg nach einer acht Pflichtspiele währenden Flaute herzlich in den Arm, hat nun aber die schwere Aufgabe, mit Lookman noch einmal über seine Schuhwahl zu sprechen.

Noch mochte sich der Coach nicht festlegen, ob der Senkrechtstarter beim Heimspiel gegen den FC Augsburg am Freitag erneut seine rutschigen Glücksstiefel tragen darf. Cinderella nimmt man schließlich nicht so ohne weiteres die Schuhe weg – auch wenn es eigentlich die falschen sind.

(mz)