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RB gegen Besiktas RB gegen Besiktas: Sechs Gründe für Leipzigs Niederlage in Istanbul

Von Martin Henkel 27.09.2017, 10:52
RB Leipzigs Cheftrainer Ralph Hasenhüttl haderte mit dem Spiel seiner Mannschaft in Istanbul.
RB Leipzigs Cheftrainer Ralph Hasenhüttl haderte mit dem Spiel seiner Mannschaft in Istanbul. dpa-Zentralbild

Istanbul/Leipzig - Das 0:2 von RB Leipzig bei Besiktas Istanbul Dienstagabend war für den Champions-League-Neuling nicht nur bitter. Die Sachsen haben jetzt aus zwei Spielen einen Punkt geholt und müssen gegen Porto in drei Wochen bereits gewinnen, wollen sie die Gruppenphase überstehen. Vorausgesetzt, der Masterplan für die Entwicklung des Vereins sieht das vor. Die Portugiesen gewannen parallel in Monaco 3:0.

Die Niederlage am Bosporus war aber vor allem bis zur Pause eine Lehrstunde, wie sie der Vorjahreszweite in den acht Jahren seiner Vereinsgeschichte noch nicht erteilt bekommen hat. Das waren die Gründe dafür:

Atmosphäre

Alle anderen Gründe für die Halbzeitschnelle Niederlage nach Toren von Ryan Babel (11.) und Talisca hätte RB Leipzig unter anderen Umständen vielleicht noch kompensieren können. Aber der infernalische Lärm, den die 41.000 Besiktas-Fans erzeugten, und der wie ein Monsun über die Leipziger hereinbrach, war einem Großteil des Kaders offenkundig zu viel. Es war ohrenbetäubend, tat im Trommelfell weh und machte die Knie weich. Trainer Ralph Hasenhüttl stellte später zerknirscht fest: „Wir haben die Partie vor allem gegen die Atmosphäre verloren. Das war für den einen oder anderen Spieler zu viel. Lautstärke war ohrenbetäubend. Da ist Stress vorprogrammiert, wenn man von Anfang an ausgepfiffen wird. Das ist schwer auszuhalten, gerade für eine junge Mannschaft.“

Jugendliches Staunen

Wie kann das sein? In das lauteste Stadion der Welt reisen, Besiktas’ Fans halten mit 141 Dezibel den Lärmweltrekord im Fußball, und so überrascht sein? Hasenhüttl erklärte den butterigen Auftritt seiner Spieler bis zur Pause mit Jugendlichkeit. Damit sprach er einen Punkt an, der RB in der Liga zu vielem Vorteil gereicht, sich in der Champions League aber ins Gegenteil verkehrt. Der Kader ist für den Europapokal zu unerfahren. Besiktas’ Startelf war im Schnitt 29,6 Jahre alt, RB 23,5.

Nicht alle sind gleich

Hasenhüttl musste bis zur Pause hilflos mit ansehen, wie seine Mannschaft mit ihren Gegnern heillos überfordert waren. Vor allem mental. Der Trainer zog sich im Anschluss immerhin die positive Erfahrung aus der Niederlage, dass er so gut sehen konnte, auf wen er sich“ verlassen kann und wen nicht“. Er sagte auch, mit wem er vermutlich noch einmal in das gleiche Spiel ziehen würde: seine Landsleute Marcel Sabitzer, Stefan Ilsanker, Dayot Upamecano, Diego Demme und der später eingewechselte Kevin Kampl. „Sabi war heute sicherlich der präsenteste unserer Spieler auf dem Platz. Auch Ilse hat sich gewehrt. Diego mit Abstrichen, auch Kevin als er kam.“

Keita unberechenbar

Nach 20 Minuten hatte Hasenhüttl genug von seinem eigentlich besten Spieler gesehen. Er schickte Außenverteidiger Lukas Klostermann zum Aufwärmen, um ihn gegen Naby Keita zu tauschen. Der Guineer war nach wiederholtem Foulspiel und einer Gelben Karte (15.) stark rotgefährdet. Zudem war der 22-Jährige nur ein Schatten seiner Qualitäten. Dafür aber – mal wieder – aufbrausend. Also runter. Hasenhüttl sagte später: „Naby war nicht da, er war nicht gut. Deshalb war es kein guter Zug von mir, ihn heute zu bringen.“ In der Liga sitzt Keita gerade eine Dreispielsperre wegen einer Roten Karte ab. Dass Keita bis zum Ende der 1. Halbzeit noch durchspielen durfte, lag daran, dass jemand einforderte, vorher ausgewechselt zu werden: Timo Werner.

Ohne Werner keine Tore

Der Nationalspieler hat in sechs Ligaspielen schon wieder fünf Mal getroffen. Macht er so weiter, knackt er seinen Rekord aus dem Vorjahr, als er 21 Mal traf. Entsprechend groß der Verlust, als der 21-Jährige seinem Trainer signalisierte, dass er anstelle von Keita den Platz gern verlassen möchte. Dem Stürmer schwindelte und er bekam keine Luft. Das deutete sich schon früh an, als Werner sich in der 15. Minute Ohrenstöpsel abholte. Ob es einen Zusammenhang gab, konnte Hasenhüttl nicht bewerten. „Ich bin kein Arzt.“

Flutlicht aus, Flow weg

Gerade als es für RB lief und die Gäste sich vom Schock der ersten Hälfte erholt hatten, offenbar auch, weil Hasenhüttl in der Kabine „laut“ wurde, ging für zehn Minuten das Flutlicht aus. Zuvor hatte RB drei hochkarätige Chancen, um den Anschluss herzustellen. Zufall? Hasenhüttl meinte später: „Unterm Strich haben wir es in der 2. Hälfte ordentlich gemacht. Als wir gerade richtig viel Druck aufgebaut haben, fiel das Flutlicht aus. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.“ Als es wieder anging, war der Schwung für eine Weile weg. Erst gegen Ende des Spiels kamen noch einmal zwei Möglichkeiten zustande. Aber das war es schon zu spät.

Am Flutlicht allein aber hat es nicht gelegen, dass RB eine solche Lehrstunde erleben musste. Aber weil sie die ja auch mögen, rang sich Hasenhüttl am Ende doch noch zu dem Satz durch: „Wir haben immer gesagt, dass es schwer werden wird in der Champions League. Wir sind jung, und brauchen diese Erlebnisse, um uns weiterzuentwickeln. Das werden wir tun.“  (mz)