Schwalbengate Ralf Rangnick gesteht Schwalbe von Timo Werner gegen Schalke ein
Leipzig - Timo Werners Schwalbe und kein Ende: Jetzt hat sich RB Leipzigs Sportdirektor Ralf Rangnick in der hitzigen Debatte um die umstrittene Aktion seines Stürmers zu Wort gemeldet. „Wenn man sich die Szene anschaut, wie man sie jetzt aus verschiedenen Kameraperspektiven gesehen hat, muss man ganz klar sagen: Es war eine Schwalbe“, sagte der Sportdirektor des Bundesliga-Tabellenführers am Dienstag.
Rangnick widerspricht seiner ersten Aussage
Am Sonntag, zwei Tage nach dem Aufreger des Spieltages, der zum Elfmetertor und zur 1:0-Führung der Sachsen beim 2:1-Sieg über Schalke 04 geführt hatte, sagte Rangnick noch: „Ich bleibe dabei: Es war keine Schwalbe. Ich bin mir sicher, dass es keine Absicht war, dass er keinen Elfmeter schinden wollte.“ Bezüglich des Strafstoßes blieb Rangnick bei seiner Meinung: „Es war kein Elfmeter.“
Der RB-Sportdirektor erklärte seine neue Aussage damit, dass er am Freitag nach dem Spiel ein sehr langes Gespräch mit einem „sehr niedergeschlagenen und bedröppelten“ Timo Werner geführt habe. Dabei habe ihm der Stürmer gesagt, dass es ihm sehr Leid tue und dass er nichts schinden wollte. „Das war auch der Grund, wieso ich am Sonntagmorgen gesagt habe, dass ich das Wort Schwalbe in diesem Zusammenhang nicht als richtig ansehe“, sagte Rangnick.
Ralf Rangnick über Timo Werner: "Er ist wie ein kleiner Ziehsohn für mich"
Weiter erklärte der RB-Sportdirektor, dass er Werner kenne, seitdem er 16 Jahre alt ist. „Er ist wie ein kleiner Ziehsohn für mich“, sagte der 58-Jährige über den Leipziger Goalgetter, der in der laufenden Saison bereits achtmal für seinen Klub in der Liga getroffen hat. Deshalb auch habe er es als seine Aufgabe empfunden, ihn in der Öffentlichkeit zu verteidigen. Rangnick sieht sich in seinem Verhalten in der Bundesliga in der besten Tradition.
„Ich kenne noch Rudi Assauer aus Schalke in Bestform. Wenn da einem Emile Mpenza oder einem Gerald Asamoah so eine Szene passiert wäre, hätte er sich genauso schützend vor seinen Spieler gestellt“, sagte Rangnick und meinte: „Das würden heutzutage ein Acki Watzke, ein Kalle Rummenigge, ein Uli Hoeneß, ein Rudi Völler und auch ein Christian Heidel genauso so machen.“
Die Hintergründe zum Fall:
Wieso gab es beim 2:1-Sieg von RB Leipzig gleich zu Beginn so ein Theater?
Nach nur 19 Sekunden hatte Timo Werner Schalkes Naldo abgehängt, war dann aber urplötzlich vor dem herausstürmenden Ralf Fährmann zu Boden gegangen. Schiedsrichter Bastian Dankert entschied auf Strafstoß. Sehr zum Entsetzen der Schalker Mannschaft.
Was meinte der Unparteiische Bastian Dankert zu der Szene?
Nach dem Studium der Video-Bilder sagte der Referee: „Es waren zwei Vorgänge in diesem Angriff für mich: Zunächst ist der Spieler Werner von Spieler Naldo an der Schulter gehalten worden, dann war für mich aus meiner Sicht ein Kontakt zwischen Werner und Fährmann zu erkennen. Das war für mich ausschlaggebend, um auf den Punkt zu zeigen. Deshalb gab es auch Gelb für Fährmann und nicht Rot für Naldo. Nach Studium der Fernsehbilder muss ich aber eingestehen: Das war eine klare Fehlentscheidung.“
Wie beurteilte S04-Torwart Ralf Fährmann die Szene?
Ralf Fährmann: „Das ist, um ehrlich zu sein, zum Kotzen – gerade weil das in der ersten Minute so eine spielentscheidende Szene ist. Ich muss echt aufpassen, dass ich keinen Herpes morgen kriege, weil ich mich jetzt so aufrege. Aber das kann einfach nicht sein.“
Was sagte Timo Werner, der den unberechtigten Elfmeter sicher verwandelte und danach ausgelassen jubelte, in einer ersten Reaktion bei sky?
Timo Werner: „Ich komme frei aufs Tor zugelaufen, werde von Naldo gezogen und verliere das Gleichgewicht. Ich versuche dann aber noch aufs Tor abzuschließen und falle hin. Mir tut es leid, dass es nach einer Schwalbe aussieht. Das war aber nicht meine Intention, ich habe einfach den Kontakt von Naldo gespürt und das hat mich alles aus dem Takt gebracht. Ich habe das dann dem Schiedsrichter auch gesagt, dass es keinen Kontakt mit Fährmann gab – sondern dass ich einen Kontakt von Naldo gespürt hatte. Er (Schiedsrichter Bastian Dankert; Anm. d. Red.) hat das, denke ich, in der Hektik überhört. Von Fährmann war es auf keinen Fall ein Foul, aus meiner Sicht reißt mich aber Naldo klar um. Es tut mir auf jeden Fall leid. Es ging am Ende alles so schnell.“
So reagierte Bastian Dankert auf Timo Werners Aussage, ihm erklärt zu haben, dass es keinen Kontakt mit Ralf Fährmann gegeben habe
Bastian Dankert: „Dem kann ich nicht folgen und dem möchte ich hier widersprechen. Es hat kein Gespräch zwischen mir und Werner stattgefunden. Es gab eine Situation kurz vor dem Elfmeter, als ich nochmals zu Werner hingegangen bin und gefragt habe: 'Was war denn?' Hier kam aber nichts mehr."
Wieso Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl Timo Werner widersprach
Während Timo Wenrer rumeierte, sprach Ralph Hasenhüttl Klartext: „Das hat jeder gesehen, dass man das nicht pfeifen muss.“ Indirekt sprach er sogar von einer Schwalbe.Der Österreicher fügte an: "Wenn man das Spiel auf diese eine Elfmeterszene reduzieren will, soll man das machen. Ich finde aber, dass das dem Spiel am Ende nicht gerecht wird. Da war noch viel mehr drin."
Wie äußerte sich Timo Werner mit einer Nacht Abstand?
Timo Werner: „Ich kann meine Worte von gestern nur noch einmal wiederholen: Naldo reißt an mir, ich komme bei dem Tempo ins Straucheln und schließe daher auch unkontrolliert ab, wie jeder sehen konnte. Natürlich sieht es dann nicht nur nach einer Schwalbe aus, sondern es ist eine – Punkt. Denn wenn Ralf Fährmann mich nicht berührt, was ich ja immer bestätigt habe, was ist es sonst?“
Timo Werner: Die zweite Aktion war schlecht, sorry!
„Und die Schalker Spieler bestätigen ja, dass ich die nicht vorhandene Berührung von Fährmann kommuniziert habe. Daher gibt es für mich auch nicht mehr zu sagen, außer: Die zweite Aktion war schlecht, sorry! Das habe ich auch gestern schon überall mitgeteilt (Anm. d. Red.: Wo und wemwurde dies mitgeteilt?) und wundere mich nun schon, dass da ziemlich viel verkürzt wiedergegeben wurde.“
Wird Timo Werner nach seiner Schwalbe jetzt gesperrt?
Eine nachträgliche Sperre durch den Deutschen Fußball-Bund muss der RB-Stürmer nun aber nicht fürchten. „Wir werden keine Ermittlungen einleiten, weil es eine Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters war“, sagte Anton Nachreiner, der Vorsitzende des DFB-Kontrolausschusses, zu Sport1.
Weil Schiedsrichter Bastian Dankert auf Elfmeter für Leipzig und Gelbe Karte für Schalkes Torwart Ralf Fährmann entschieden hatte, bestehe laut DFB keine Möglichkeit, Werner (20) nachträglich zu bestrafen. Im April dieses Jahres hatte es im DFB-Pokal einen ähnlichen Vorfall gegeben, auch nach der Schwalbe des Chilenen Arturo Vidal im Spiel zwischen Rekordmeister Bayern München und Werder Bremen waren dem DFB nach einer „nicht angreifbaren Tatsachenentscheidung“ die Hände gebunden.
Damals wies der DFB auf den Unterschied zur „Mutter aller Schwalben“ von Andreas Möller vor 21 Jahren hin, als sich kein Gegenspieler in unmittelbarer Nähe befunden habe. Der Ex-Nationalspieler von Borussia Dortmund war im Spiel gegen den Karlsruher SC im April 1995 im Strafraum wie vom Hammer getroffen gefallen - ohne dass Gegenspieler Dirk Schuster auch nur die Chance hatte, ihn berühren zu können. Der DFB sperrte Möller im Anschluss für zwei Spiele und verhängte eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 Mark.
Wie hat sich Sportdirektor Ralf Rangnick am Tag nach der Schwalbe geäußert?
Tja, etwas kurios, weil er diese Ansicht quasi exklusiv hatte. Denn während Timo Werner selbst mittlerweile von einer klaren Schwalbe sprach, sagte Ralf Rangnick zwar, dass es „kein Elfmeter“ gewesen sei. Der Sportdirektor von RB Leipzig erklärte aber auch: „Ich bleibe aber dabei, dass es keine Schwalbe war. Weil eine Schwalbe unterstellt ja eine Absicht des Spielers.“
Die Kehrtwende macht Rangnick erst am Dienstag
„Wenn man sich die Szene anschaut, wie man sie jetzt aus verschiedenen Kameraperspektiven gesehen hat, muss man ganz klar sagen: Es war eine Schwalbe“, sagte der Sportdirektor des Bundesliga-Tabellenführers. ezüglich des Strafstoßes blieb Rangnick bei seiner Meinung: „Es war kein Elfmeter.“ Der RB-Sportdirektor erklärte seine neue Aussage damit, dass er am Freitag nach dem Spiel ein sehr langes Gespräch mit einem „sehr niedergeschlagenen und bedröppelten“ Timo Werner geführt habe.
Marcel Reif über Timo Werner: „Hintern versohlen – und gut“
Der ehemalige Kommentator Marcel Reif schreibt dazu in seiner Kolumne bei sport1: „Sollte man Werner bestrafen? Ich fände eine nachträgliche Sperre schon gerechtfertigt, vor allem aber hoffe ich, dass er lernt aus dem, was nun über ihn hereinbricht, dass er daran reift, erwachsener wird. Man muss ihm nun mal den Hintern versohlen - und gut.“
Ammendorfer Verbandsliga-Spieler macht es besser
Christoph Zorn war am Samstagabend im Stadion, als Werner zur Schwlabe abhob. Nur wenige Stunden zuvor hatte der Offensivmann des Verbandsligisten BSV Ammendorf bewiesen, wie man in einer solchen Situation auf dem Platz auch reagieren kann.
Es lief die 35. Minute des Verbandsliga-Spiels zwischen dem BSV Ammendorf und dem 1. FC Bitterfeld-Wolfen. Zorn, 27 Jahre alt und seit 2014 beim BSV, drang mit Tempo in den Strafraum ein. Sein Gegenspieler kam angegrätscht, der Angreifer sprang über seine Beine und kam zu Fall. Schiedsrichter Patrick Menz gab Elfmeter.
Der Unparteiische hätte wohl auch nicht nachgefragt. Doch Zorn signalisierte sofort, dass ihn sein Gegner nicht getroffen habe und der Strafstoß unberechtigt sei. Menz nahm seine Entscheidung zurück, die Partie wurde fortgesetzt.
Sind Schwalben nicht leider immer noch alltäglich?
Leider ja. Im Profi-Fußball gehören sie immer noch zum Alltag. Aber Timo Werner kann sich trösten. Er wird damit in einem Atemzug zum Beispiel mit Andreas Möller, Arjen Robben oder Cristiano Ronaldo genannt. Denn auch der Superstar von Real Madrid gilt als jemand, der hin und wieder durchaus leicht fällt.
Wie schätzt RBL-Experte Ulli Kroemer das #Schwalbengate ein?
Genauso wie Timo Werner hat der MZ-Reporter eine Nacht über den Vorfall geschlafen, um dann in Ruhe zu analysieren. In seinem Kommentar kritisiert er die unverhältnismäßig große Entrüstung in den Medien und sozialen Netzwerken, zeigt aber auch ganz klar RB Leipzig und Timo Werner die Gelbe Karte.
Was sagte der Brasilianer Naldo?
Der Schalker Naldo äußerte sich via Instagram. „Foul????? Das ist ein Witz“, schrieb er.
Und dann war da noch...
Ex-Profi Thorsten Legat hat sich über die Schwalbe von Timo Werner empört. Bei Facebook schrieb er auf Werners Aussage „Tut mir leid, dass es vielleicht nach einer Schwalbe aussieht, aber das war nicht meine Intention“: „Was ist das für eine gequirlte Sch...!!!“.