Aus in der Champions League Aus in der Champions League: Das Konzept von RB Leipzig stößt an seine Grenzen
Leipzig - Der Champions-League-Abend in Leipzig endete am Mittwoch mit einem in den vergangenen Monaten verloren gegangenen Ritual. Dominik Kaiser stand in der zugigen Stadiongarage und analysierte das 1:2 gegen Besiktas Istanbul im Gespräch mit den Journalisten. So hatte er es über Jahre immer gehalten. Selbstkritisch und sachlich – in der Regionalliga, in der dritten Liga, in der zweiten Liga und in der Bundesliga.
In dieser Saison hatte es das Ritual freilich noch nicht gegeben, weil Kaiser bislang nur 14 Einsatzminuten in der Bundesliga erhalten hatte. In der Champions League waren es am Mittwochabend 16, seine ersten überhaupt in der Königsklasse. Und Trainer Ralph Hasenhüttl wollte das ausdrücklich als Geste an den Musterprofi verstanden wissen. „Ich wollte Dominik unbedingt die Chance geben, von sich sagen zu können, dass er ein Champions-League-Spiel gemacht hat“, erklärte der Coach.
Das Publikum feierte, als Kaiser eingewechselt wurde, zumal der nun mit 164 Einsätzen alleiniger RB-Rekordspieler ist. „Ich weiß, dass die RB-Fans mir jeden Einsatz gönnen“, sagte Kaiser durchaus bewegt. „Die Leute in Leipzig sind froh, wenn ich mal wieder auf dem Platz stehe. Es war eines meiner Ziele in diesem Jahr, dass ich auch in der Champions League auflaufen darf.“
Also sprach Kaiser über sein Debüt. Über die Niederlage. „Die Chancen waren da, aber wir waren selbst zu umständlich, haben es verpasst, frühzeitig abzuschließen“, analysierte der Ex-Kapitän.
RB Leipzig: Mangelnde Erfahrung in der Champions League
Vor ihm hatte auch Marvin Compper über die Niederlage im letzten Gruppenspiel und das Vorrunden-Aus gesprochen. „Es hätte ein glorreiches Spiel werden können“, sagte der Routinier. Aber Besiktas sei auch unter Druck „ziemlich abgeklärt“ gewesen. RB hingegen vergab in der zweiten Hälfte nicht nur Chancen im Minutentakt, sondern war anfangs und am Ende der Partie auch in der Abwehr „nicht mehr gut organisiert, da waren wir zu weit auseinander. Man verteidigt gemeinsam, das müssen wir als Team wieder besser machen“, mahnte Compper.
Es war von gewisser Symbolkraft, dass es gerade Kaiser – 29 Jahre alt – und der 32-Jährige Compper waren, die dieses Spiel interpretierten. War es doch gerade das Gut Erfahrung, das die beiden zur Genüge haben, an dem es RB nicht nur im Spiel gegen Besiktas, sondern in der gesamten Gruppenphase gemangelt hatte.
„Wir haben gegen sehr abgezockte Mannschaften gespielt und waren da nicht immer die schlechtere Mannschaft, aber die uneffektivere“, bilanzierte Hasenhüttl. „Daran gilt es zu feilen, dass wir uns eine Spur cleverer anstellen. Am Willen und am fußballerischen Vermögen hat es nicht gemangelt. Da waren wir mindestens auf Augenhöhe. Aber das reicht nicht immer.“
Das Konzept von RB Leipzig stößt in der Champions League an seine Grenzen
Was man auch so deuten durfte: Die Champions League hat das RB-Konzept, auf junge, entwicklungsfähige Spieler zu setzen, erstmals an seine Grenze geführt. Ganz konkret betraf das die Chancenverwertung ebenso wie Eins-gegen-Eins-Verhalten in der Abwehr – nicht nur bei Standards; aber auch die Spielsteuerung generell.
Für RB-Verhältnisse war das doch eine einigermaßen ungewohnte Einschätzung. Denn Erfahrung galt bisher in Leipzig als etwas, was man stets mit Laufintensität, Spielsystem, individueller Klasse und jugendlichem Drang ersetzen konnten. Nicht aber in der Champions League, wo das junge Team auch gegen Klubs wie Istanbul und Porto, die nur zur erweiterten europäischen Spitzengruppe gehören, Lehrgeld zahlte.
Erfahrung sammeln in der Europa League
So stieß RB Leipzig – dieser Klub, der scheinbar keine Limits kennt – in der Champions League erstmals seit dem verpassten Aufstieg in die erste Liga 2015 wieder an eine sportliche Grenze. Die Philosophie des Pressens, Drängens, Überrumpelns, Chaos Stiftens funktionierte gegen drei europäische Klasseteams nur in zwei von sechs Spielen.
So betrachtet RB die Europa League nun als Zwischenschritt, um in den K.o.-Spielen für die nächste internationale Saison zu reifen. „Wir haben auch in diesem Wettbewerb die Möglichkeit, Historisches zu leisten“, sagte Hasenhüttl. Und mit Blick auf einen neuerlichen Anlauf in der Champions League: „Nächstes Jahr, wenn wir wieder dabei sein sollten, präsentieren wir uns auch in dem Bereich ein bisschen besser.“
Marvin Compper und Dominik Kaiser werden dann nicht mehr mit dabei sein. Die jüngeren Spieler sollen es dann mit einem Jahr Erfahrung richten.
(mz)