Ärger nach Prokop-Entlassung Prokop-Entlassung: Bob Hanning gerät in die Kritik - Handball-Team reagiert geschockt

Hannover - Der ehemalige Weltmeister Christian Schwarzer hat nach der Trennung des Deutschen Handballbundes (DHB) von Bundestrainer Christian Prokop den Rücktritt von Vizepräsident Bob Hanning gefordert.
„Vielleicht müsste nicht nur der Trainer gehen, sondern auch derjenige, der ihn installiert hat“, schrieb der 50-Jährige in seiner Kolumne bei „sport1.de“. „Ein Scheitern von Prokop ist nach meiner persönlichen Meinung einhergehend mit dem Scheitern von Hanning. Für mich hängt das eine mit dem anderen ganz eng zusammen.“
Hanning hatte 2017 Prokop gegen eine Ablösesumme vom SC DHfK Leipzig als Nachfolger von Dagur Sigurdssson zur Nationalmannschaft geholt. „War es damals die richtige Entscheidung, so einen jungen Trainer mit den ganzen Begleitumständen wie der Ablösesumme zu verpflichten - oder hätte man einen international erfahrenen Trainer, wie es sein Vorgänger Dagur Sigurdsson war, nehmen sollen?“, fragte Schwarzer.
Schwarzer-Kritik: DHB-Führung „macht sich lächerlich“
Elf Tage nach dem fünften Platz bei der Europameisterschaft hatte der DHB am Donnerstag überraschend die Trennung von Prokop verkündet. Der ehemalige Kieler Erfolgscoach Alfred Gislason (60) wird am Freitagvormittag in Hannover als Nachfolger vorgestellt.
Noch bei der EM hatte die DHB-Führung dem 41-jährigen Prokop das Vertrauen ausgesprochen. „In anderthalb Wochen hat der DHB seine Meinung also um 180 Grad geändert - und macht sich damit lächerlich“, sagte Schwarzer. Für Prokop sei das schade. So gehe man nicht mit Menschen um. „Aber eigentlich passt es auch ziemlich genau in das Persönlichkeitsbild des DHB-Vizepräsidenten“, sagte der ehemalige Kreisläufer mit Blick auf Hanning. „Es sollten sich andere Personen überlegen, ob sie an der jeweiligen Stelle noch so richtig sind.“
Auch Meistertrainer Maik Machulla von der SG Flensburg-Handewitt konnte den Schritt nicht nachvollziehen. „Es kommt für mich sehr überraschend, weil ich finde, dass Christian bei der EM ein gutes Ergebnis erzielt und die Mannschaft gezeigt hat, dass sie lebt und Moral hat“, sagte Machulla. „Ich hätte ihm auch zugetraut, die Mannschaft zu Olympia zu führen.“
Prokop-Entlassung: Das sagen die Handball-Nationalspieler
Für Kapitän Uwe Gensheimer war die Nachricht ein Schock - und auch seine Teamkollegen wurden von dem Trainer-Beben überrascht. „Christian hat einen guten Job gemacht und war bei den Spielern sehr beliebt. Wir haben uns echt wohl gefühlt“, beschrieb Rückraumspieler Julius Kühn von der MT Melsungen das Verhältnis zwischen Prokop und der Mannschaft.
EM-Shootingstar Timo Kastening schickte am Sky-Mikrofon sogar einen Dank an den 41-Jährigen. „Christian hat es mir ermöglicht, mein erstes Turnier zu spielen. Dafür werde ich immer dankbar bleiben“, sagte der Rechtsaußen von der TSV Hannover-Burgdorf. „Aber bei einem Trainer entscheiden immer die Vorgesetzten und nicht die Mannschaft. Das hat man dann zu akzeptieren. Ich kann jetzt nur nach vorne gucken.“
Manager Karsten Günther von Prokops früherem Verein DHfK Leipzig hat den Deutschen Handballbund nach der Trennung ebenfalls scharf kritisiert. „Ich bin geschockt und habe keine Veranlassung dafür gesehen“, sagte Günther der „Leipziger Volkszeitung“. „Ich schäme mich für unseren Verband, er gibt gerade ein erbärmliches Bild ab.“
DHfK Leipzig über Prokop-Entlassung: „Das hat er nicht verdient“
Noch während der vergangenen Europameisterschaft hatte DHB-Sportvorstand Axel Kromer dem früheren Leipziger Coach Prokop das Vertrauen ausgesprochen. „Scheinbar dominiert beim DHB das ehrenamtliche Präsidium viel zu sehr und die Hauptamtlichen haben nichts mehr zu sagen“, sagte Günther. „Ich wünsche Christian viel Kraft, das hat er nicht verdient.“
Vor seiner Berufung zum Bundestrainer war Prokop vier Jahre lang als Trainer beim heutigen Bundesligisten Leipzig tätig. „Als Freund und Gast ist er bei uns immer willkommen“, sagte Manager Günther über seinen früheren Weggefährten Prokop. „Aber der Trainerposten ist bei uns mit André Haber hervorragend besetzt und das wird auch definitiv so bleiben.“ (dpa/bbi/mz)