Verteidiger der Saale Bulls Long-Covid: Hinter Dennis Schütt liegt ein harter Kampf gegen die Krankheit
Dennis Schütt ist ein Top-Verteidiger der Saale Bulls. Corona machte aus ihm zeitweise aber einen alten Mann. Jetzt spricht er erstmals über die schwere Zeit.
Halle (Saale)/MZ - Wer den Spieler mit der Nummer 58 auf dem Rücken am vergangenen Freitag scheinbar mühelos über das Eis gleiten sah, der dürfte kaum glauben, welch finstere Zeit hinter Dennis Schütt liegt. Der Spielmacher auf der Position eines Verteidigers war beim 3:2-Überraschungssieg im Test gegen Zweitligist Selb der beste Spieler der Saale Bulls.
Sagten viele Fans, sagte auch Trainer Marius Riedel. Der 30-Jährige stabilisierte die Abwehr und gestaltete aus der Defensive heraus das Offensivspiel. Genau so, wie er es schon in der vergangenen Saison getan hatte.
Als Nachverpflichteter absolvierte er 17 Spiele für den Eishockey-Oberligisten aus Halle. Es war die stärkste Phase in der Meister-Hauptrunde. Im Januar endete die abrupt. Schütt zog sich eine Covid-19-Infektion zu. Es folgte eine Leidenszeit, die erst am vergangenen Freitag mit der Rückkehr auf das Eis final endete.
Long-Covid-Erkrankung nach Corona-Infektion trifft Dennis Schütt hart
Den austrainierten Profisportler traf Corona mit voller Wucht. „Schon die ersten Tage waren richtig schlimm“, erzählt Schütt, spricht von heftigen Symptomen.
Nach zwei Wochen fiel der Corona-Test erstmals wieder negativ aus. Anders als beim Großteil der Infizierten endete für den Mann aus Salzgitter damit aber nicht die Zeit der Leiden. Noch für Wochen, ja Monate, machte das Virus aus dem Athleten einen alten Mann.
„Ich war völlig schlapp, die kleinsten Anstrengungen haben mich überfordert“, sagt Schütt. „Eigentlich bin ich ein Mensch, der im Bus oder Auto nicht schlafen kann. Jetzt war es so, dass ich nach einer kleinen Bewegung sofort im Sitzen eingeschlafen bin. Ich bin fünf Treppenstufen gelaufen und musste mich erstmal zwei Stunden hinlegen.“ Zur dauerhaften totalen Erschöpfung kam ein unheimliches Unwohlsein. „Das klingt komisch, aber ich habe das in meinen Zellen gespürt, es war ein ekliges Gefühl, bis in die Zehen und die Finger hinein.“
Untersuchungen bei Kardiologen in Halle samt EKG lieferten die Erklärung: Aus der Covid-Infektion war eine Long-Covid-Erkrankung erwachsen, Schütt hatte sich eine Herzmuskelentzündung zugezogen. Saison beendet.
Long-Covid: Totale Erschöpfung schon nach leichten Tätigkeiten
Mit ganz kleinen Schritten musste sich Schütt im Frühjahr und Sommer zurückkämpfen. „Nach acht Wochen war die schlimmste Phase vorbei“, sagt er. Viel Ruhe und eine „Überdosis Vitamine“ halfen. Ein erster Erfolg dann: „Ich konnte wieder einkaufen gehen, ohne zusammenzuklappen.“ Was zeigt, welch weiten Weg der zwei Mal zum „Verteidiger der Saison“ in der Oberliga Nord gekürte Profi hinter sich hat.
Auch der Wiedereinstieg in das Training war für Schütt zunächst ein ständiges Auf und Ab. „Ich bin ein bisschen Fahrrad gefahren und war sofort wieder so schlapp wie am Anfang“, erinnert er sich. Das wiederholte sich, als später Krafttraining hinzukam: Was vor der Infektion noch leichte Übungen waren, führten nun zur totalen Erschöpfung. „Es gab unzählige Rückschläge, das war schon eine sehr nervenaufreibende Zeit.“
Aber auch eine Zeit, auf die er mit Dankbarkeit zurückblickt. „Mische, Kai und René haben sich sehr gut gekümmert“, sagt Schütt etwa und meint damit Daniel Mischner, Präsident, Kai Schmitz, Sportchef, und René Schwesig, Fitnesscoach der Saale Bulls. Der größte Halt waren Frau Kim und seine beiden Hunde. „Es war so schon schwer genug, die Zeit durchzustehen. Ich will mir nicht vorstellen, wie es gewesen wäre, wenn ich die Familie nicht an meiner Seite gehabt hätte.“
So kam auch ein grundsätzlicher, womöglich fataler Zweifel nicht an ihn heran. Den, ob er denn überhaupt noch einmal als Profi auf das Eis zurückkehren würde. „Diesen Gedanken hatte ich nie. Ich war mir sicher, dass ich wieder der Alte werde.“
Dennis Schütt ist bei den Saale Bulls wieder gesund - und künftig sogar noch besser?
Schütt behielt recht, zum Vorbereitungsstart war er fit genug, um das Teamtraining bei den Bulls wieder aufzunehmen. Zwar warf ihn eine kleine Verletzung noch einmal zurück, am vergangenen Freitag gab er dann aber endlich sein Comeback. Fast acht Monate nach der letzten Partie.
Erstaunlicherweise spielte er, als wäre er nie weg gewesen. Auch wenn Schütt das nicht ganz so sieht. „Ich war schon noch etwas eingerostet. Beim Passgefühl, der Raumbehandlung und dem Eislaufen ist Luft nach oben“, sagt er. Trotzdem: Der Sprung ins kalte Wasser, oder in dem Fall, die Rückkehr auf das gefrorene Wasser war beachtlich.
Für die Saale Bulls ist das ein Mutmacher. Spielt der Genesene wieder in Normalform, zählt er zu den stärksten Verteidigern der gesamten Liga. Und aus all der Erschöpfung, der Qual könnte sogar ein noch stärkerer Dennis Schütt erwachsen. So verrückt das auch klingen mag. „Ich glaube, dass ich durch die Erkrankung ein besserer Spieler werde, weil ich jetzt gelassener als vorher auf das Eis gehe“, sagt er zumindest selbst.