Zauberer und Wüterich Bekommt Saale-Bulls-Star Vihavainen seine Emotionen in den Griff?
Tatu Vihavainen kann mit seinem Spielstil begeistern, er erlaubt sich aber immer wieder Undiszipliniertheiten. Kann sich der Finne der Saale Bulls ändern?
Halle/MZ - Das gewagte Frisurenexperiment, welches von populären TikTok-Videos inspiriert worden ist, bleibt nur das: ein Experiment. „Ich mache die Farbe wieder raus“, sagt Tatu Vihavainen. Das Wasserstoffblond, das an Boyband-Mitglieder aus den neunziger Jahren erinnert, wird eine Phase bleiben. So wie der sofort dazugehörige Spitzname: „Pommes“ tauften ihn die Mitspieler.
Zum eigentlich braunhaarigen Eishockey-Profi passte die auffällige Frisur aber ganz gut. Vihavainen steht ja wie kein anderer Spieler der Saale Bulls für das Außergewöhnliche. Der Finne ist ein Mann für die besonderen Momente. Er spielt Pässe, die sonst keiner wagt, startet Soli, die so leicht aussehen, als würde er über das Eis schweben. Von seinem eleganten Laufstil schwärmen sogar Teamkollegen.
Vihavainen Eishockey spielen zu sehen, ist oft eine Attraktion. Als besten Spieler der Oberliga hat ihn Sportchef Kai Schmitz im Frühjahr geadelt. Da hatte er seinen Vertrag bei den Bulls gerade um zwei weitere Jahre verlängert.
Tatu Vihavainen ist von den Saale Bulls angezählt worden
Der 27-Jährige geht nun schon in seine vierte Saison in Halle, eine fünfte kommt hinzu und vielleicht noch weitere. Es ist eine ungewöhnlich lange Zeit. In der Regel wechseln Importspieler munter die Vereine. Oder die Vereine wechseln die ausländischen Profis. Zwischen Vihavainen und den Bulls aber passt es offensichtlich. „Ich fühle mich hier einfach wohl, die Saale Bulls sind eine gute Organisation, ich mag die Oberliga“, erklärt der – typisch finnisch – eher wortkarge Vihavainen, der seinen fünfjährigen Sohn während der Eishockey-Spielzeit in der Heimat zurücklassen muss.
Ohne Spannungen kommt aber auch diese langjährige Spieler-Verein-Beziehung nicht aus. Im Frühjahr, während der Endphase der Vorsaison, ließen die Verantwortlichen der Saale Bulls sogar verlauten, dass Vihavainen angezählt sei.
Der Grund: Der Flügelstürmer trägt neben dem sportlichen Genius auch Wahnsinn in sich, leistet sich immer wieder Undiszipliniertheiten. „Jekyll und Hyde“, so hat ihn Präsident Daniel Mischner in einer vereinseigenen Dokumentation genannt.
Aus gutem Grund: Vihavainen erzielte entscheidende Tore, er fehlte in den Playoffs aber auch vier Spiele gesperrt. Im Achtelfinale gegen Memmingen hatte der Spielmacher, der zuvor hart gefoult worden war, abseits des Spielgeschehens einen Gegenspieler mit Anlauf von hinten attackiert.
Die Folgen waren neben der Sperre auch eine Geldstrafe des Vereins und deutliche Ansagen an den Starspieler. „Tatu ist ein überragender Eishockeyspieler und ein sehr wichtiger Spieler für die Mannschaft. Aber wenn er nicht auf dem Eis steht, ist er auch nicht wichtig. Das muss er verstehen“, sagte Trainer Marius Riedel.
Vierter Ausländer soll bei den Saale Bulls Druck machen
Bei Worten beließen es die Verantwortlichen der Saale Bulls aber nicht. Der Kader der aktuellen Saison ist bewusst mit vier Ausländern geplant – obwohl nur drei spielen dürfen. So will der Verein einerseits gewappnet sein, wenn sich ein Import verletzt. Mit Brett Perlini und Steven McParland fallen derzeit auch direkt zwei der drei neuen Kontingentspieler aus.
Andererseits soll der junge litauische Nationalspieler Martynas Grinius den Druck auf die etablierten Profis hochhalten. Und kann sie bei Fehltritten auch jederzeit ersetzen. Die sind dem immer wieder impulsiv reagierenden Vihavainen nicht nur gegen Memmingen unterlaufen.
Das weiß natürlich auch der Finne selbst. Er sagt daher: „Ich versuche, ruhiger zu agieren.“ Aber die Emotionen, auch das sagt er, gehören zu ihm, wie seine besonderen Fähigkeiten auf dem Eis. „Ich werde mich nicht ändern, dieses Feuer ist in mir. Ich kann nur versuchen, die Energie in die richtige Bahn zu lenken.“ Nicht mit Frustfouls, sondern mit noch mehr Toren und Vorlagen auf Attacken und Provokationen zu reagieren, das ist das Ziel.
In den ersten Testspielen gelingt ihm das. „Tatu zeigt sich stark verbessert. Er ist fit, macht Tore, hat aber vor allem seine Disziplin im Griff“, lobt Coach Riedel. „Ich habe das Gefühl, die Worte sind bei ihm angekommen.“
Ob das Genie den Wahnsinn aber auch dauerhaft zügeln kann, muss sich erst noch erweisen.