MBC regt Veränderungen an MBC regt Veränderungen an: Braucht die Basketball-Bundesliga Profi-Schiedsrichter?
Weißenfels - Immer wieder wird über sie diskutiert: Die Schiedsrichter der Basketball-Bundesliga (BBL) stehen mehr denn je im Fokus. Öffentliche Kritik an ihren Leistungen ist seit Beginn dieser Saison erlaubt. Auch beim Mitteldeutschen Basketball Club (MBC) waren in den vergangenen Monaten kritische Töne gegenüber den Unparteiischen zu vernehmen. Zuletzt sorgten höchst strittige Entscheidungen beim 63:71 in Braunschweig für Frust.
„Die Leistungen der Schiedsrichter können mit der rasanten Entwicklung der Liga nicht mithalten“, sagt Martin Geissler. Doch der Manager des MBC versteht das sogar. „Sie können einem fast schon Leid tun“, sagt er. Denn während sich die BBL weiter professionalisiert, bleibt das Pfeifen für die Spielleiter ein zeitaufwendiges Hobby.
Geissler meint: „Wenn wir als Verantwortliche, Spieler oder Trainer noch einem normalen Vollzeitjob nachgehen würden, könnten wir uns auch nicht voll auf Basketball konzentrieren. Da lässt die Konzentration nach.“ Die BBL könne sich da weiterentwickeln. Der MBC regt die Schiedsrichter-Revolution an!
Was verdient ein Basktball-Schiedsrichter pro Spiel?
Braucht die BBL hauptamtliche Schiedsrichter? Nein, sagt Stefan Holz. „Unser Modell funktioniert“, erklärt der Ligageschäftsführer auf MZ-Nachfrage. „Wir sehen keinen Anlass, hauptamtliche Schiedsrichter zu ’erzwingen’. Wenn jemand das hauptamtlich machen möchte, kann er das ja tun – so wie Robert Lottermoser.“ Der 41 Jahre alte Unparteiische aus Bernau bei Berlin ist der einzige deutsche Unparteiische, der seinen Lebensunterhalt komplett mit dem Schiedsrichter-Dasein verdient. Er gilt als Aushängeschild seiner Zunft, leitet bei internationalen Turnieren und Wettbewerben regelmäßig die entscheidenden Partien. Lottermoser genießt eine selbst erarbeitete Ausnahmestellung, sportlich - und so auch finanziell.
Erst kurz vor Beginn der aktuellen Saison wurde eine neue Honorarvereinbarung zwischen der Basketball-Bundesliga und den Schiedsrichtern verhandelt. Diese regelt die Honorarzahlungen bis zur Saison 2019/2020. Der MZ liegt die Vereinbarung vor.
In der aktuelle Saison sind die Zahlungen demnach wie folgt geregt: Für ein Hauptrundenspiel am Sonnabend oder Sonntag erhalten die Unparteiischen in dieser Saison 575 Euro. Eine Partie unter der Woche von Montag bis Freitag bringt 675 Euro. Für ein Play-off-Viertelfinalspiel erhält ein Unparteiischer 700, für das Halbfinale 750 und für eine Partie der Finalserie 800 Euro.
Die kommende Spielzeit bringt für Hauptrundenpartien keine Honorarerhöhung mit sich. Die Zahlungen bleiben gleich. Im Viertelfinale (750 Euro), Halbfinale (800) und Finale (900) steigt das Honorar allerdings jeweils um 50 Euro.
In der Saison 2019/2020 bleiben dann die Play-off-Honorare unverändert, dafür werden die Hauptrundenpartien wertvoller: Eine Partie der regulären Saison am Sonnabend oder Sonntag wird mit 625 Euro belohnt. Ein Spiel unter der Woche bringt den Unparteiischen ein Honorar von 725 Euro ein. Das entspricht jeweils einer Erhöhung um 50 Euro im Vergleich zur aktuellen Saison.
Bei Play-off-Spielen, die zwischen Montag und Freitag stattfinden und nicht auf einen gesetzlichen Feiertag fallen, wird ein Zusatzhonorar in Höhe von 150 Euro gezahlt. Die Bonuszahlungen orientieren sich am Erreichen der Play-off-Runden und werden einmalig zusätzlich gewährt. Für das Viertelfinale erhält ein Schiedsrichter 1.000, für das Halbfinale 1.500 und für die Finalserie 2.000 Euro als Bonus. Pokalspiele werden abhängig von der Runde analog zur Staffelung im Ligabetrieb vergütet.
Zum Vergleich: In der Pro A, der zweiten Liga, erhält ein Unparteiischer für ein Hauptrundenspiel 245 und in den Play-offs 265 Euro. Für eine Partie unterhalb der Woche kommen 50 Euro hinzu. (mz)
Doch was verdient ein „gewöhnlicher“ Bundesligaschiedsrichter? Der MZ liegen die Zahlen vor: Für ein Hauptrundenspiel am Sonnabend oder Sonntag erhalten die Unparteiischen in dieser Saison 575, unter der Woche 675 Euro. In den Play-offs erhöhen sich die Zahlungen. Honorare, mit denen die deutschen Basketballschiedsrichter sehr zufrieden sein können.
Parallelen zum Handball, aber nicht zum Fußball
Ein Blick ins Königreich Fußball offenbart zwar eine krasse Diskrepanz: Für die deutschen Top-Schiedsrichter gibt es in der Bundesliga zwischen 59.000 und 79.000 Euro Festgehalt plus 5.000 Euro pro Einsatz. Doch dieser Vergleich hinkt ob der enormen Wirtschaftskraft, die im Fußballgeschäft steckt.
Sinnvoller erscheint ein Vergleich mit den Handballkollegen: Die erhalten für eine Bundesligabegegnung 600 Euro, also regelmäßig weniger als ein deutscher Basketball-Referee. Außerdem sind Einsätze bei internationalen Wettbewerben oder Turnieren weit weniger lukrativ. Auch sie sind als Freiberufler tätig. Das ist für die Basketball-Unparteiischen der Grund, sich nicht komplett auf den Job als Schiedsrichter zu konzentrieren.
Zum einen müssen sie ihr Honorar selbst versteuern. Je nach Einzelfall bleibt netto also etwa ein Drittel weniger vom ursprünglichen Lohn. Zudem fehlt die Planungssicherheit, einen Anspruch auf Einsätze gibt es nicht. Von Anfang Oktober bis Ende Mai, so lange läuft die Bundesligasaison, können sie zwar mit 30 bis 35 Begegnungen rechnen. Die BBL hält seinen Schiedsrichter-Pool mit 27 plus vier Unparteiischen aus dem Evaluierungsprogramm der zweitklassigen Pro A relativ klein und garantiert so eine gewisse Anzahl an Einsätzen.
Doch was passiert im Verletzungsfall? Eine Einkommensausfallversicherung gibt es nicht. Ein Auffangnetz fehlt. Zu den BBL-Referees zählen junge Familienväter. Das Risiko, alles auf die Karte Basketball zu setzen und sich dann zu verletzen, ist für sie ob der Verantwortung für die Familie zu groß. Von vielen hört man: „Ich würde gerne mehr pfeifen, aber es geht nicht.“ Und es lohnt sich nicht, denn die meisten Unparteiischen gehen im Hauptjob gut bezahlten Tätigkeiten nach: Sie sind Lehrer, Anwälte oder Doktoren oder Studenten mit aussichtsreicher Zukunft.
Der Zeitaufwand für den Nebenjob Basketball ist hoch. Zu Wochentags-Spielen ist die Anreise und die Buchung eines Tageszimmers – die Kosten werden übernommen – fünf Stunden vor Spielbeginn verpflichtend – unabhängig von der Entfernung.
Konstruktiver Austausch zwischen MBC und BBL
„Die BBL investiert sehr viel in die Fortbildung der Schiedsrichter und steht auch in regem, konstruktivem Austausch mit den Vereinen“, sagt Martin Geissler, der Manager des MBC. Ein Beispiel: Nach der 94:100-Pleite nach Verlängerung gegen Science City Jena Ende Dezember schickte der Aufsteiger aus Weißenfelser 13 Videosequenzen von strittigen Szenen an die Liga. Bei fünf davon kam die Rückmeldung, dass eine Fehlentscheidung vorgelegen habe. Ohne die wäre die Partie nicht in die Verlängerung gegangen und der MBC hätte einen Sieg mehr auf dem Konto.
„Die Schiedsrichter sind ein zentraler Bestandteil der BBL. Wir haben eine außerordentlich hohe Referee-Qualität. Das wird uns auch aus anderen europäischen Ligen bestätigt“, sagt Stefan Holz, „aber es pfeifen Menschen, folglich gibt es auch Fehlentscheidungen.“
BBL fördert Diskussion über Schiedsrichter-Pfiffe
Der Ligageschäftsführer gilt als erfahrener Medien- und Marketingmanager, war früher für die Vermarktung der Fernsehsendung „Wetten, dass...?“ verantwortlich. Er weiß: Seine Sportart muss Gesprächsstoff produzieren, um sich ins kollektive Gedächtnis zu rufen. So wurde im vergangenen Sommer die Kritik der Vereine an den Schiedsrichtern erlaubt. Wöchentlich können auch Fans in den sozialen Netzwerken über den „Pfiff der Woche“, eine strittige Szene des Spieltags, diskutieren. Eine von der BBL ins Leben gerufene Rubrik.
Holz meint: „Logischerweise kommt mehr Kritik auf, weil sie seit dieser Saison erlaubt ist. Wir wollen die Diskussionen ja auch offen führen und mit dem Thema transparent umgehen. Die Rubrik ’Pfiff der Woche’ auf unserer Website wird hervorragend genutzt, wir haben sehr hohe Zugriffszahlen, auf Facebook wird stark diskutiert.“
Der Druck auf die Schiedsrichter wächst. Von ihnen wird erwartet, mit der Entwicklung der Liga mitzuhalten. Das Spiel ist schneller und intensiver geworden. Die Strukturen professionalisieren sich. Die BBL boomt, will 2020 die beste nationale Liga Europas sein. In anderen Top-Ligen wie Frankreich, Spanien und seit Kurzem auch der Türkei sind die besten Schiedsrichter beim Verband oder der jeweiligen Liga angestellt.
(mz)