Neue Football-Liga ELF ein Coup oder Schnellschuss? Leipzig Kings sollen vom Red-Bull-Effekt profitieren
Eine europäische Profiliga soll den American Football in Deutschland stärken. Mit dabei: ein Team aus Leipzig. Warum das Projekt auch Kritik hervorruft.
Leipzig - Die Leipziger kennen sich aus mit aus dem Boden gestampften Teams. Von der Vorstellung von Fußballklub RB Leipzig bis zum ersten Pflichtspiel verging im Juli 2009 nicht einmal ein Monat. Ein ähnliches Tempo müssen nun die Macher der European League Football (ELF) und der Leipzig Kings hinlegen, die in der Messestadt den nächsten Sportcoup planen: ein professionelles American-Football-Team.
Ende März überraschte Patrick Esume, Initiator und Chef der neuen europäischen Eliteliga, nicht nur mit der Nachricht, dass diese in diesem Sommer trotz Coronakrise starten soll. Sondern auch mit der Neuigkeit, dass Leipzig Gründungsmitglied ist. Bereits am 20. Juni soll die Achter-Liga mit sechs deutschen Teams sowie den polnischen Wroclaw Panthers und den spanischen Barcelona Dragons starten. „Es geht darum, Football in Europa sportlich und wirtschaftlich auf ein neues Level zu bringen“, sagt ELF-Geschäftsführer Zeljko Karajica.
Football-Liga ELF: Projekt ist in Leipzig weitgehend unbekannt
Doch in Leipzig weiß noch immer kaum jemand von dem Projekt. Weder die regionalen Leipziger Klubs Hawks und Lions, noch die Stadtoberhäupte oder Stadienbetreiber. Es gab zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keinen Coach, keine Spieler, keine Spielstätte. Und auch der Franchisenehmer, also der Besitzer des neuen Teams, ist nach wie vor unbekannt. „Wir haben sehr vertrauensvolle Gespräche mit den Gesellschaftern geführt, sind uns einig geworden und freuen uns, Leipzig von Beginn an als Standort der ELF präsentieren zu können“, teilte Geschäftsführer Karajica lediglich mit. Es sei nicht „hilfreich, jeden Zwischenschritt öffentlich zu kommentieren“. Die Köpfe hinter dem Franchise würden zeitnah präsentiert.
In dieser Woche sickerte durch, dass wohl Fußball-Regionalligist Lok Leipzig das Bruno-Plache-Stadion mit den Footballern teilen will. Lok-Geschäftsführer Martin Mieth wollte sich dazu nicht konkret äußern, sagte nur: „Im Sinne der Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit unserer Sportanlagen stehen wir Anfragen von potenziellen Untermietern generell offen gegenüber.“
EFL will in Leipzig den Red-Bull-Effekt nutzen
Warum urplötzlich Leipzig bei der Premiere des europäischen NFL-Ablegers dabei ist, erklärt Esume, der American Football hierzulande als TV-Experte und Moderator bekannt gemacht hat, auf MZ-Anfrage so: „Leipzig stand als Metropole mit rasanter Entwicklung, urbaner Relevanz und großer Sportbegeisterung von Anfang an auf unserer Wunschliste.“
Übersetzt: Auch Esume will den Red-Bull-Effekt nutzen. Leipzigs in dieser Woche präsentierter Headcoach Fred Armstrong, der bereits in der NFL Trainererfahrung sammelte, „bastele“ bereits fleißig an seinem Roster, also dem Kader. Rund 60 Spieler werden benötigt. Lediglich vier Importprofis aus den USA pro Team sind gestattet, den Kern sollen einheimische Spieler bilden, die zu lokalen Helden aufgebaut werden sollen.
Leipziger Spieler wurden allerdings bislang nicht angesprochen. Steffi Völke, Vereinsmanagerin der Leipzig Hawks, sagte dem Portal Football-aktuell, dass es keine Abwerbeversuche gegeben habe. Dazu wisse niemand, wo trainiert werden soll. Kann ein solcher Schnellschuss seriös sein? Esume betont: „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir eine sehr ausgeglichene Premieren-Saison in der European League of Football erleben, in der die Leipzig Kings eine gute Rolle spielen werden.“
Neugegründete ELF „wildert“ bei Vereinen der GFL
Grundsätzliche Kritik am Vorgehen der ELF äußert die deutsche Liga GFL. Ligavorstand Axel Streich sagt nach zwei Treffen, dass die ELF wenig Interesse an Austausch habe, sich dafür aber an den bestehenden Strukturen bediene; gleich drei Vereine meldeten nicht mehr für die deutsche Liga. In Elmshorn und Hildesheim verabschiedeten sich die Hauptsponsoren der Vereine, um lieber in die neu entstandenen Franchises zu investieren.
In Hannover und Ingolstadt platzten Franchise-Kooperationen, sodass diese Standorte nun weder in der Bundesliga, noch in der ELF mitspielen können. „Den Vereinen wurden Ressourcen entzogen, die Spieler sind letztlich die Leidtragenden“, kritisiert Streich. „Der Football insgesamt in Deutschland leidet mehr darunter als dass er profitiert.“
Frontmann Esume entgegnet, dass ELF und GFL „gut nebeneinander bestehen“ könnten: „Football wird in Deutschland immer populärer, die Anzahl der Fans nimmt zu“, sagt der 47-Jährige. „Unser Ansatz ist es, den Sport zu professionalisieren. Das macht ihn auch für die Protagonisten, nämlich die Spieler, noch reizvoller. Wir bewerten es so: Wettbewerb erhöht die Dynamik.“ Die wird die ELF brauchen, wenn der Kickoff bei den aktuell noch ominösen Leipzig Kings tatsächlich am dritten Juni-Wochenende stattfinden soll. (mz/Ullrich Kroemer)