Leichtathletik in Halle Leichtathletik in Halle: Den Lorbeer ernten andere
Halle (Saale) - Müde und abgekämpft flogen die mitteldeutschen WM-Helden am Montag aus Peking wieder in der Heimat ein. Aber vor allem stolz. Fünf Leichtathleten, die in Halle trainieren, gewannen in begeisternden Wettkämpfen drei von acht deutschen Medaillen. Cindy Roleder glänzte mit Hürden-Silber, Rico Freimuth beendete den Zehnkampf seines Lebens auf dem Bronzerang. Und auch Diskus-Werferin Nadine Müller feierte nach zwei Jahren mit Verletzungsproblemen ein bronzenes Comeback in der Weltspitze.
Dass Michael Schrader, Vize-Champion von 2013, im Zehnkampf diesmal Siebter wurde und Jennifer Oeser nach ihrer Babypause - das Kind kam im Oktober 2014 - auf einem guten zehnten Platz im Siebenkampf einkam, rundet das glänzende Bild, das Halle im Fokus der Welt-Leichtathletik abgab, noch ab.
Natürlich sind auch die Verantwortlichen in der Händelstadt ob der Erfolge schier aus dem Häuschen. „Das alles spricht für den Standort Halle, für unsere Trainer, für die Infrastruktur. Hier haben wir beste Bedingungen geschaffen, um Athleten auf Topleistungen zu bringen. Sie bekommen eine Rundum-Betreuung“, freut sich Hardy Gnewuch, der im Olympiastützpunkt Halle-Magdeburg für den Standort an der Saale verantwortlich zeichnet. Und gerade wurde hier eine neue Kraftsporthalle eingeweiht, die für 1,6 Millionen Euro hergerichtet wurde.
Doch gleichzeitig ärgert er sich auch: „Die Crux ist, wir ermöglichen durch die prima Bedingungen die Top-Leistungen, andere kassieren den Lorbeer“, sagt Gnewuch. Was er meint: Von den fünf WM-Teilnehmern startet nur Rico Freimuth für einen halleschen Verein, den SV Halle. Sein Kumpel Schrader ist bei Hessen Dreieich unter Vertrag, Jennifer Oesers Klub ist Bayer Leverkusen, und Cindy Roleder trägt bei nationalen Wettbewerben wie Nadine Müller das Trikot von DHfK Leipzig. Dorthin ist die Diskuswerferin erst zu Jahresbeginn gewechselt - von ihrem Heimatverein Hallesche Leichtathletikfreunde.
Es geht ums Geld
Der Zustand grämt die Hallenser, und sie werden ihre Sorgen auch beim Deutschen Olympischen Sportbund vortragen. Ziel: Die Erfolge sollen bitte auch dem Stützpunkt zugeordnet werden, wo die Athleten trainieren, nicht Klubs. Es geht ums Geld, um Fördermittel.
Auch der Präsident des Landessportbundes, Andreas Silbersack, ist zwar begeistert ob der Medaillen, meint aber: „Wir wollen, dass die Leuchttürme der Region auch für die Region Gesicht zeigen.“ Aber es sei in Deutschland nun einmal so, dass Topsportler an dem Olympiastützpunkt trainieren können, wo sie beste Bedingungen vorfinden - aber eben nicht an einen örtlichen Verein gebunden sein müssen.
„Wir müssen Anreize schaffen, auch wirtschaftliche, dass die Athleten für unsere Vereine starten“, sagt Silbersack also. Heißt: Es geht darum, Sponsoren zu gewinnen, die den Klubs ermöglichen, die Stars zu verpflichten bzw. zu halten. „Aber das Prinzip, wie es DHfK Leipzig tut, sich reihenweise Top-Stars einzukaufen, kann ich nicht gutheißen“, sagt Silbersack auch.
Ein Aspekt, warum etwa Nadine Müller Halle gen DHfK verließ, ist zudem, dass die zwei halleschen Vereine jahrelang an einer Fusion bastelten, diese aber wegen persönlicher Eitelkeiten immer wieder verwarfen. Die Kräfte zu bündeln, wie es Sinn machen würde und wie es in Leipzig geschehen ist - LAZ Leipzig, der Ex-Roleder-Verein, ging mit der DHfK zusammen - das klappt in Halle nicht.
Die HLF mit Bundestrainer René Sack konzentrieren sich auf die Werfer, der SV Halle forciert den Mehrkampf. Und er hat in diesem Bereich zudem „einen sensationell guten Trainer“, wie Silbersack sagt. Er meint Wolfgang Kühne (59), der Roleder, Oeser, Schrader und Freimuth coacht. „Ich bin seit elf Jahren bei ihm. Ich bin seine Ziehpflanze. Dass ich jetzt eine Medaille habe. Das ist ein schönes Gefühl, das ich Herrn Kühne zurückgeben kann“, sagte Freimuth in Peking via leichtathletik.de. Kühne und Sack sind Halles Zugnummern, dazu die Top-Bedingungen. Fehlen nur noch Stars in Trikots von einem halleschen Klub. (mz)