HFC-Sportdirektor im Interview HFC-Sportdirektor Ralf Heskamp: "3. Liga hinkt noch deutlich hinterher"

Halle (Saale) - Der Hallesche FC startet am Sonntag (14 Uhr) gegen Uerdingen in die Saison. Zuvor sprach Christoph Lesk mit Sportdirektor Ralf Heskamp über die Entwicklung der Liga, finanzielle Risiken und das Landes-Derby.
Wie sehen Sie die Entwicklung der dritten Liga?
Ralf Heskamp: Es scheint von Jahr zu Jahr immer mehr ambitionierte Vereine zu geben, die um den Aufstieg spielen. Von den Namen und den Zuschauerzahlen wurde die Liga in den vergangenen Jahren nochmal enorm aufgewertet. Das bringt aber mit sich, dass immer mehr Klubs mit Macht hoch wollen. Im Vergleich zur zweiten Liga hinkt die dritten Liga in Sachen Vermarktung und Fernsehgelder noch immer deutlich hinterher. Demzufolge ist diese Spielklasse wesentlich schwieriger zu finanzieren als die zweite Bundesliga.
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Woran liegt es, dass die dritte Liga jedes Jahr ausgeglichener wird?
Die Spieler sind durch die Nachwuchsleistungszentren grundsätzlich immer besser ausgebildet. Aus der U19 oder aus dem Ausland kommen viele Akteure auf den Markt. Die Zahl der Spieler, die jährlich nachrücken, ist im Vergleich zu den beendeten Profikarrieren gestiegen. Die Relationen haben sich verschoben.
In der Bundesliga gibt es finanzielle Zwei-Klassen-Gesellschaft. Ist das auch in der dritten Liga der Fall?
Man sollte das im Vergleich zur Bundesliga im Verhältnis betrachten, von Pauschalurteilen halte ich nichts. Aber es gibt natürlich Vereine in der dritten Liga, die wesentlich mehr zahlen können als andere.
Wäre das Investor-Modell auch für den HFC eine Option?
Da bin ich als sportlich Verantwortlicher der falsche Ansprechpartner. Aber meines Erachtens ist es immer gefährlich und schwierig, von jemandem abhängig zu sein. Investoren sollten sich nicht ins operative Tagesgeschäft einmischen und zu viel Einfluss nehmen, wollen andererseits wissen und kontrollieren, was mit ihrem Geld passiert. Ein Spagat. Es kann allerdings auch Sinn ergeben, dann sollte allerdings die Struktur entsprechend sein. Ich bin überzeugt, dass wir beim HFC aktuell den richtigen Weg gehen, von niemandem abhängig sind und weiterhin versuchen, Schritt für Schritt in allen Bereichen besser zu werden.
Kann man sich als Verein in der Liga finanziell etablieren?
Man sieht ja, dass einige Vereine schon länger in dieser Liga sind und wirtschaftlich relativ gut dastehen. Es ist nicht einfach, aber machbar.
Also ist es nicht nachvollziehbar, dass Vereine durch hohe Ausgaben den Aufstieg erzwingen wollen?
Erzwingen kann niemand etwas. Nicht mal planen. Höchstens die Wahrscheinlichkeit erhöhen. Es gibt so viele Unwägbarkeiten, die nicht zu beeinflussen sind. Für mich zum Beispiel ist der Trainer die wichtigste Personalie im Verein. Und es kann immer mal passieren, dass er ein Angebot aus einer höheren Liga hat. Dann kommt das gesamte Gebilde ins Wanken. Mit einem sehr guten Kader kann dann der Nachfolger vielleicht sogar noch erfolgreicher sein. Aber es gibt im Fußball eben nie eine Garantie.
Wünschen Sie sich mehr Unterstützung vom Verband?
Der DFB versucht, die Kluft zu verringern. Es muss das Ziel sein, den Unterschied zwischen zweiter und dritter Liga zu reduzieren. Wer aus der zweiten Liga absteigt, fällt in ein wirtschaftliches Loch. Da hilft auch der Solidaritätsfond nicht weiter. Man kann dann vielleicht ein, zwei Jahre in der dritten Liga spielen, ohne in sehr vielen Bereichen entscheidend kürzen zu müssen. Die zweite Liga steht unter der Verantwortung der Deutschen Fußball-Liga und diese möchte natürlich kein Geld an andere Verbände abgeben. Derzeit gibt es wohl keinen Königsweg, der DFB will die öffentlichkeitsrelevante dritte Liga auch nicht an die DFL abgeben - schwierige Gemengelage.
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Wie stehen Sie zur Aufstiegsregelung in die dritte Liga?
Ich bin sehr enttäuscht. Es bestand der Anspruch, dass alle Meister direkt aufsteigen und das ist nicht gelungen. Das ist jetzt vielleicht die beste von den unbefriedigenden Lösungen. Aber zufrieden sollten wir damit nicht sein. Es wäre ein Versuch wert, ein unabhängiges Gremium mit der Prüfung der Struktur des deutschen Fußballs zu beauftragen. Ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten, regionale Interessen oder Lobbyismus. Das wäre für mich der sinnvollste Weg.
Der HFC wird von anderen Trainern als Aufstiegsfavorit gezählt. Nehmen Sie die Rolle an und üben die Erwartungen unnötigen Druck auf die Mannschaft aus?
Wir setzen uns damit auseinander. Im Vorjahr waren wir Vierter und die ersten Drei sind nicht mehr in der Liga. Da folgt es einer gewissen Logik, dass der HFC zum erweiterten Kreis gezählt wird. Das ist wohl auch der Respekt der Konkurrenz, den wir uns erarbeitet haben. Aber wir setzen uns selbst nicht zu sehr unter Druck. Die Erwartungshaltung der Fans sollte auch nicht sein, dass wir jeden aus dem Stadion schießen. Wir wollen uns verbessern. Das ist ambitioniert genug. Aber das heißt nicht, dass wir eine bessere Platzierung als 2018/19 erreichen.
In dieser Saison steht wieder das Derby gegen Magdeburg an. Hat es seit dem tödlichen Vorfall um FCM-Fan Hannes noch denselben Stellenwert?
Das ist für mich schwierig einzuschätzen, weil ich damals noch nicht beim HFC war. Aber ich finde solche Duelle immer extrem reizvoll. Gesunde Rivalität gehört dazu, es darf nur nicht in Hass ausarten. Es geht um Sport und der Fußball darf nicht durch Krawalle welcher Art auch immer in den Hintergrund rücken. Eltern mit ihren Kindern sollen gern ins Stadion kommen, sich sicher fühlen bei einem tollen Erlebnis und glücklich nach Hause gehen.
Wer sind Ihre Aufstiegsfavoriten?
Natürlich die Absteiger wie Magdeburg und Ingolstadt. Der FCM kennt die Liga zudem sehr gut. Auch Braunschweig, Kaiserslautern und Rostock traue ich zu oben mitzuspielen. Es wird mit Sicherheit noch die eine oder andere Überraschung geben. Vermutlich werden sechs, sieben Mannschaften vorn mitreden. Ein Drittel der Liga wird Chancen und Ambitionen haben. (mz)