"Lesefehler" ärgert den HFC HFC ärgert sich über Entscheidung: Münsters Tor sorgt für Novum im Fußball
Halle (Saale) - Keine Frage: Die 84. Spielminute war die entscheidende beim 2:2 zwischen dem Halleschen FC und Preußen Münster am Samstag. Der Ausgleichstreffer der Gäste fiel durch Joel Grodowski – und er sorgte für minutenlange Diskussionen und einen Präzedenzfall im deutschen Profifußball.
Was war passiert? Münster wechselte Rufat Dadashov (Rückennummer 9) aus und brachte Joel Grodowski (Rückennummer 27) ins Spiel. Auch Halle nutzte die Pause für einen Wechsel und wollte Terrence Boyd (13) für Jan Washausen (21) vom Feld nehmen. Doch bevor Washausen überhaupt den Rasen betreten hatte, fiel schon das 2:2.
„Das war sehr konfus“, sagte Boyd nach Spielende über die Szene: „Ich stand ja noch auf dem Feld, als das Tor fiel.“ Minutenlang protestierten die Hallenser darum auch bei Schiedsrichter Michael Bacher, der aber den Treffer nicht mehr zurücknahm.
HFC - Münster: Pascal Sohm löst stritte Szene auf
Was ist schiefgelaufen? Bacher hatte die Szene der Auswechslung falsch wahrgenommen und hielt Münsters Wechsel (27 für 9) für den des HFC - obwohl dieser noch gar nicht angezeigt war. „Ich hatte Augenkontakt mit dem Schiedsrichter. Er hat mich rausgeschickt und meinte, ich sollte an der anderen Seite raus, weil es der kürzere Weg ist“, sagte Pascal Sohm, Halles Nummer 9, nach Spielende.
So ging Sohm irrtümlich weit weg von der Trainerbank vom Feld, ohne dass Ziegner oder Boyd das mitbekommen haben. Bacher erklärte den HFC-Wechsel daraufhin für vollzogen, winkte Washausen rein und gab das Spiel schnell wieder frei. Sekunden später fiel das 2:2. „Das ist extrem bitter für uns, wie das alles zusammenkommt“, fasst Sohm die Szene zusammen: „Da fehlen mir die Worte, das war ein riesiges Missverständnis.“
Was sagt der HFC? Torsten Ziegner rang ebenfalls um die richtigen Worte: „So etwas habe ich noch nie erlebt und kann das auch so kurz nach dem Spiel nicht erklären. Da müssen wir erstmal das Regelwerk durchlesen.“ Dem HFC-Trainer missfiel aber besonders ein Aspekt an der unglücklichen Szene: „Am Ende läuft das Spiel schon wieder, obwohl Washausen noch gar nicht im Spiel ist. Er kommt gar nicht in die Situation beim Gegentor rein – für mich geht sowas nicht!“ Ale Halle das 2:2 kassierte, war das Team in doppelter Unterzahl: Sohm war draußen, Boyd auf dem Weg nach draußen und Washausen noch nicht drin.
Wechsel-Chaos: Neue Regel macht Missverständnis erst möglich
Auch Preußen-Trainer Sven Hübscher war ratlos angesichts der chaotischen Schlussphase. „Das Ergebnis geht in Ordnung, aber die Entstehung ist natürlich für alle Beteiligten – auch für das Schiedsrichtergespann – unglücklich. Wir sind heute der Nutznießer vom diesem Chaos. Aber schade, dass so eine Szene überhaupt entsteht.“
Möglich wurde das folgenschwere Missverständnis überhaupt erst durch eine neue Regel, wonach ausgewechselte Spieler den Platz immer an der nächsten Auslinie verlassen müssen. So gab es keinen Kontakt zwischen Sohm, Boyd und Ziegner. Nur so konnte es zu der Verwechslung der Wechsel-Tafel kommen. Ein Novum im deutschen Fußball und natürlich bitter für den HFC.
„Am Ende wird das Spiel durch einen Lesefehler des Schiedsrichters entschieden und wir müssen einen Wechsel machen, den wir gar nicht wollen. Das ist nicht ganz nachvollziehbar“, sagte Torsten Ziegner bei Magenta Sport. Denn zu allem Überfluss musste Boyd nach dem Tor auf dem Feld bleiben und Sohm durfte nicht zurück. Schiedsrichter Bacher korrigierte seine falsche Wahrnehmung der Szene also nicht mehr.
Hat der HFC nun eine Chance, gegen die Wertung des Spiels zu klagen? Nein, sagt Schiedsrichter-Fachmann Alex Feuerherdt vom Podcast "Collinas Erben" dem WDR: „Es war ein Regelmissverständnis.“ Also eine Tatsachenentscheidung, aber eben keine bewusste Überstimmung des HFC beim Wechsel durch den Schiedrichter. Damit sei das Tor trotz aller Irritationen regelkonform gewesen.
Terrence Boyd nimmt Schiedsrichter aus der Schuld
Dass der HFC mit dem 2:2 gegen Münster die Tabellenführung nach nur eine Woche wieder verspielte, wollte Terrence Boyd dann aber nicht auf die 84. Spielminute und Michael Bacher schieben. „Am Ende gibt es hier Diskussionen und den Schiedsrichter. Aber er hat mit dem Ergebnis nichts zu tun“, sagte der Stürmer gewohnt offen und ehrlich.
Er nahm lieber sich und seine Kollegen in die Pflicht: „Wir spielen hier 90 Minuten Fußball. Und wenn wir ein Team sein wollen, das zu den besten der Liga gehört, müssen wir das vorher schon klar machen. Wir müssen einfach unsere Hausaufaben machen, dann werden wir auch siegen. Das haben wir heute nicht zu 100 Prozent abgerufen.“
Dem stimmte Ziegner „zu 100 Prozent zu“: „Das Unentschieden ist gerecht, Münster hat sich reingeknallt und den Punkt verdient.“ Und trotzdem wird die Szene in den kommenden Tagen für reichlich Diskussionen unter den Fußballfans sorgen. (mz)