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Von Pyro bis HFC-Gelände Hallescher FC: Wie sich Steffen Kluge im Vorstand für Fan-Themen einsetzt

Von Christoph Karpe 04.04.2019, 12:04
Steffen Kluge ist einer von fünf Vorständen des Halleschen FC.
Steffen Kluge ist einer von fünf Vorständen des Halleschen FC. imago sportfotodienst

Halle (Saale) - Die Ortswechsel innerhalb von 90 Minuten sind noch etwas ungewohnt. Früher stand Steffen Kluge ausschließlich im Zentrum der Emotionen, da wo Rot-Weiß in seiner urbansten Form gelebt wird, in der Fankurve. Hat er zum Beispiel beim Auswärtsspiel des Halleschen FC beim Spitzenreiter VfL Osnabrück so gehalten. Zur Halbzeit ging es dann Richtung Vip-Bereich. Da muss man sich als hochoffizieller Vereinsvertreter ja auch sehen lassen.

Kluge fühlt sich in der Fankurve wohler. Das ist sein Revier. Doch seit zwei Monaten gehört der 49-Jährige dem Vorstand des Fußball-Drittligisten an. Neues Terrain, da lernt er noch, sich zu bewegen.

„Es ist schon komisch, wenn man jetzt zu einem Fünftel über Etats oder Spielerkäufe mitentscheiden kann und muss“, sagt Steffen Kluge. Wäre er ein Kind könnte man sagen: Er staunt wie beim Besuch der Spielzeugfabrik.

Steffen Kluge als Fan-Vertreter im HFC-Präsidium

Die Personalie Kluge ist die wohl bemerkenswerteste, die es in der 53-jährigen Vereinsgeschichte je gab. Ein Fan bestimmt über Gegenwart und Zukunft des Vereins mit. Hatten sie noch nicht beim Halleschen FC. Und sie finden es alle toll.

„1977, ich war sieben Jahre alt, habe ich im alten Wabbel-Stadion mein erstes HFC-Spiel gesehen. Wir gewannen 3:1 gegen Dynamo Dresden. Von da ab war ich angefixt“, erinnert sich Steffen Kluge. Seit dem geht er mit dem Klub durch dick und dünn. Wobei die dünnen Jahre, als der minderbemittelte Verein durch die Niederungen der Verbandsliga dümpelte, die Leidensfähigkeit auf eine harte Probe stellten.

Aber Kluge brachte sich ein. Und als dann in Halle vor zwölf Jahren ein Fanprojekt entstand, um auch so manchen Rabauken unter den HFC-Fans einzufangen, wurde Kluge, der Sozialarbeiter, der Chef. Über das Fanprojekt reisten HFCer in die Gedenkstätte Auschwitz, sie besuchten Israel und hatten regen Austausch im Fanhaus.

Als Leiter des Fanprojekts wurde Steffen Kluge abgesetzt

Einen Preis für die Arbeit gab es vom DFB - und eine Ablösung Kluges durch Oberbürgermeister Bernd Wiegand. Der setzte den städtischen Angestellten um. Angeblich, weil Kluge personelle Interna ausgeplaudert habe. 2017 war das.

Die Reaktionen gegen Wiegand waren heftig. Bundesweit hagelte es Proteste gegen Kluges Absetzung. Unverständnis war noch die geringste Form an Kritik. Und ungewollt machte Wiegand damit Kluge zum Märtyrer in der Fanszene. Bei der Vorstandswahl erhielt er die zweitmeisten Stimmen nach Jens Rauschenbach, der dann Präsident wurde.

Nun darf Kluge also mitregieren. Aber darf jemand aus der Regierung eines Profi-Vereins sagen: „Ich stehe auf der Seite der Fans, die das Pyro-Verbot in der jetzigen Form als unsinnig ansehen.“ Kluge sagt das. Mit dem Zusatz: „Ich verbiege mich da nicht.“

Steffen Kluge hält das Pyro-Verbot für unsinning

Das Titelbild seines Facebook-Auftritts zeigt die Pyro-Show zur Eröffnung des Erdgas Sportparks. „Die war angemeldet, genehmigt und legal“, sagt Kluge dazu. Aber: Über 30.000 Euro hat das Zündeln seiner Fans den HFC in dieser Saison schon an Strafen gekostet. Eigentlich müsste er doch vehement gegen diejenigen vorgehen, die den Verein unnütz Geld kosten. Zumal er sie kennt.

Aber das wird er nicht tun. Spitzelei lehnt er sowieso ab und außerdem: „Der DFB hat bundesweit den Dialog mit den Fans zu diesem Thema abgebrochen, stattdessen nur die Strafen erhöht. Das ist doch keine Art. Wenn Fans heute zünden, dann ist das ihre Form des Protests, ein Zeichen: Wir lassen uns nicht einfach unterkriegen und Pyro in eine kriminelle Ecke drängen“, sagt Steffen Kluge. „Zudem hat der DFB-Beschluss die radikalen Kräfte gestärkt“.

Für ihn steht fest: Pyro geht, kontrolliert, mit hitzegedimmten Brandmitteln. Pyro geht nicht, wenn durch Würfe damit Menschen verletzt werden können.

Kluge wird im HFC-Vorstand für Fan-Themen

Kaum jemand im HFC-Vorstand teilt Kluges Ansichten. „Aber ich wurde auch gewählt, um Verständnis für Fankultur einzubringen“, sagt Steffen Kluge. Und nah an Treuen sind auch seine Aufgaben angesiedelt: Er will das Vereinsleben neu ankurbeln, sich um die Mitgliedergewinnung kümmern.

Alles unabhängig davon, ob der Klub dritte oder zweite Liga spielt. „Sportlicher Erfolg ist wichtig, aber nicht alles. Es geht um dauerhafte Bindung an den Verein, der seine eigene Identität, fernab aller Kommerzialisierung haben soll“, sagt Kluge mit einem Hinweis Richtung Bundesligist RB Leipzig.

Der Zuschauerschnitt soll von aktuell 7.600 auf etwa 10.000 Menschen steigen. Schulprojekte, Aktionen in der Stadt könnten für den Klub begeistern. 1.624 Mitglieder, die derzeitige Zahl, seien auch akut ausbaubar, 2.000 sind das Nahziel.

Steffen Kluge spricht über eine Vision beim Halleschen FC

„Es muss aber attraktiv sein und stolz machen, Mitglied oder auch HFC-Fan zu sein.“ Er spricht von Vergünstigungen die über Rabatte beim Dauerkartenverkauf hinausgehen. Vieles sind noch Gedankenspiele.

Und dann erzählt Steffen Kluge von „einer Vision“, von der er weiß, dass andere im Vorstand die Nase rümpfen, weil schon allein das Geld dafür fehlt, um sie alsbald umsetzen zu können: „Ich wünsche mir das Sportdreieck als komplettes HFC-Gelände. Vereinsheim als Bildungseinrichtung und Gaststätte, einem Trainingsplatz und vielem mehr. Ein Areal halt, wo das rot-weiße Herz schlägt“, sagt er. (mz)