Hallescher FC Hallescher FC: Tschüss Kongo

Halle (Saale)/MZ - Manch einer in der Republik Kongo erzählt, dass Camille Delourme hin und wieder eine echte Nervensäge sein kann. Zum Beweis holt Patrick Mouaya, Innenverteidiger des Halleschen FC, sein Handy heraus und blättert in den Nachrichten von Delourme. „Wir stehen fast jeden Tag in Kontakt“, sagt er. Delourme ist Journalist für „Les Depeches de Brazzaville“, eine Zeitung aus der Hauptstadt des Kongo. Sein Auftrag: Alles nur Erdenkliche über die Kongolesen berichten, die fernab der Heimat Fußball spielen.
Zum Beispiel über Mouaya und seinen Mannschaftskollegen Francky Sembolo. Dafür nimmt es Delourme auch schon mal in Kauf, von seinem Wohnort in Belgien aus nach Elversberg im Saarland zu fahren, um seine beiden Schützlinge spielen zu sehen und danach ein paar Minuten zu plaudern.
Der Wissensdurst in Brazzaville ist schier unendlich. „Er will alles über uns wissen“, sagt Mouaya mit einem Lächeln und blättert weiter im Handy. „Alles. Aber das ist okay. Wir mögen das.“ Beim Spiel in Elversberg hatte der Reporter sogar ein Geschenk für den 28-Jährigen im Gepäck. Eines, das es in dieser Form nicht alle Tage gibt. „Ich habe ein Trikot der Nationalmannschaft bekommen. Mit allen Unterschriften“, sagt Mouaya und zeigt auf darauf. Jeden einzelnen Schriftzug kann er zuordnen. Der Kontakt unter den Spielern ist rege. Das Trikot ist ein etwas verspätetes Geschenk, das ihm die Kollegen gemacht haben, als Mouaya mit gebrochenem Bein mehr als ein halbes Jahr ausfiel. Als kleines Trostpflaster.
"Ich will hier bleiben"
Mouaya lacht. „Na klar ist es schön, dass die Jungs an mich gedacht haben. Aber die Sache ist schon so lange her. Ich denke immer nach vorn.“ Das Trikot, so sagt er, bekommt deswegen keinen besonderen Platz. Er lege es einfach in den Schrank. „Es war eine schlimme Zeit, als ich verletzt war. Das Trikot würde mich immer daran erinnern.“ Seine Gedanken gelten der Zukunft. Und die finde in Halle statt.
Dem Hofberichterstatter aus dem Kongo dürfte auch nicht entgangen sein, dass Patrick Mouaya eine ziemlich wegweisende Entscheidung für sein Leben getroffen hat. Der 28-Jährige erhält demnächst die deutsche Staatsbürgerschaft. Nach acht Jahren, die er hier spielt, vier davon in Halle. Die Entscheidung stand schon lange fest, jetzt macht er Nägel mit Köpfen. „Ich will hier bleiben. Das ist das Beste für mich und meine Familie.“
Der Einbürgerungstest ist bestanden, die Papiere sind unterschrieben. Nun wartet Mouaya noch auf das Schreiben, das ihn zum deutschen Staatsbürger macht. Und auf den Pass. „Klar, das ist ein großer Schritt für mich, aber auch ein logischer“, erklärt er. Seine Frau ist Deutsche, die Kinder sind hier geboren.
Es sei für ihn wichtig, dass alles geregelt ist, bevor seine älteste Tochter nächstes Jahr in die Schule kommt, gibt Mouaya zu. Sesshaft werden, das ist das Ziel in seinem Leben. Selbst für die Zeit nach der fußballerischen Karriere laufen die Planungen. „Ich könnte mir vorstellen, Sporttherapeut zu werden“, sagt Mouaya.
"Fußball steht dort über allem"
Die neue Heimat der Mouayas ist Deutschland. Nicht nur sportlich. Der Kongo ist gerade ziemlich weit weg im Leben des 28-Jährigen. Nur hin und wieder fliegt er hin. Das letzte Mal war das Ende 2012.
Doch wenn Mouaya Deutscher ist, kommt unweigerlich die Frage nach der kongolesischen Nationalmannschaft auf. Dort absolvierte er 13 Spiele, die allerdings schon drei Jahre zurückliegen. Und jetzt? Jetzt sei es etwa schwieriger, scherzt Mouaya. Genauer gesagt ist es unmöglich, noch einmal für seine alte Heimat aufzulaufen. Denn wechselt ein Fußballer seine Staatsangehörigkeit, ist seine Karriere als Nationalspieler beendet, wenn er zuvor bereits in Pflicht-Länderspielen zum Einsatz gekommen ist. Das Kapitel ist beendet. Mouaya will sich auf sein neues Leben konzentrieren. Das Interesse im Kongo bleibt aber trotzdem bestehen. „Fußball steht dort über allem“, sagt Mouaya.
Von Camille Delourme dürfte er also auch künftig hören. Ihn wird auch der Deutsche Patrick Mouaya nicht nicht so schnell los.