Absetzung von Steffen Kluge Absetzung von Steffen Kluge: Proteststurm von überall
Halle (Saale) - Jetzt hat sich sogar Frankfurt eingeschaltet. Die bundesweite Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) erkundigte sich beim Halleschen FC, was da eigentlich im Fall Steffen Kluge los ist. Der war bis Dienstag langjähriger Chef des Fanprojekts Halle - und wurde dann abgesägt. Durch die Verantwortlichen der Stadt Halle, wie es heißt. Die Stadt dementiert den Vorgang. Was nicht verwundert. Allein darf sie eine solche Entscheidung auch nicht treffen. Schließlich kommt das Geld für das Fanprojekt nur zu einem Drittel von ihr. Die anderen Drittel steuern das Land Sachsen-Anhalt und der Deutsche Fußball-Bund, dessen Fanbeauftrager Gerald von Gorrissen inzwischen informiert ist, bei. Um solch eine weitreichende Personalentscheidung zu treffen, ist die Stadtverwaltung, bei der Kluge offiziell angestellt war/ist, allein nicht befugt.
Spekulationen hinter vorgehaltener Hand
Ansonsten wird von den Beteiligten geschwiegen. Steffen Kluge, den seine Absetzung völlig unvermittelt traf, will kein Öl ins Feuer gießen, um in einem möglichen Arbeitsrechtsstreit in guter Position zu bleiben. Was ihm genau vorgeworfen wird, darüber gibt es also nur Spekulationen. Hinter vorgehaltener Hand heißt es: Kluge und den Mitarbeitern des Fanprojekts wird angekreidet, über mehrere Monate, HFC-Fans auf den Zugfahrten zu Auswärtsspielen nicht mehr begleitet zu haben. Nicht einmal seit dem tragischen Vorfall um Hannes S. Anfang Oktober 2016. Der FCM-Fan hatte in einer Regionalbahn bei Haldensleben eine mindestens verbale Auseinandersetzung mit Anhängern des halleschen Klubs und war dann unter mysteriösen Umständen aus dem Zug gestürzt und an den Folgen gestorben. Noch immer ist der Fall nicht restlos aufgeklärt.
Unabhängig davon gab es aber auch in der Folgezeit Meldungen über Randale von HFC-Fans in Zügen. So war es erst am vergangenen Wochenende, als rot-weiße Anhänger vom Spiel aus Frankfurt (Main) zurückreisten, zu massiven Sachbeschädigungen gekommen.
Zeitpunkt stößt auch dem HFC unangenehm auf
Vielleicht gab dies den letzten Ausschlag. Ansonsten ist es nicht zu erklären, warum die Personalentscheidung mitten in der Saison gefällt wurde. Der Zeitpunkt stößt auch dem HFC unangenehm auf. Schließlich fällt ein wichtiger Ansprechpartner abrupt weg. Doch einmischen mag sich der Klub nicht so recht, weil es eine städtische Angelegenheit sei.
Vehement drückt dagegen Michael Gabriel sein Unverständnis aus. Er ist Leiter der KOS. „Der Vorgang um Steffen Kluge beunruhigt uns. Wir sind besorgt.“ Die Frankfurter wissen die Arbeit von Kluge bestens einzuschätzen. Sie waren gerade erst zur Feier des zehnjährigen Jubiläums des Fanprojekts in Halle vor Ort. Ohne Steffen Kluge und sein Team sowie deren Kollegen in Magdeburg wissen wir nicht, ob es diese Deeskalation zwischen beiden Fanszenen nach dem Tod von Hannes S. gegeben hätte“, sagt Gabriel und betont: „Kluge genießt im gesamten Netzwerk, zu dem Vereine und auch die Polizei gehören, großes Vertrauen. Ohne ihn sehe ich das Fanprojekt Halle in seiner Existenz gefährdet. Ihn aus dem heiteren Himmel abzulösen, ist eine fatale Entscheidung“, sagt Gabriel. Auch er weiß die Hintergründe nicht, weil auch Steffen Kluge noch keine genaue Begründung kennt. Beide hatten miteinander telefoniert.
Fans an der Saale sind auf den Barrikaden
Die Fans an der Saale sind auf den Barrikaden. Beim „Fanszene e.V.“ und beim „HFC-Fankurvenrat“ spricht man davon, dass ein „wichtiger Brückenpfeiler“ einfach weggerissen wurde. In einer Erklärung im Namen von Hunderten aktiven Fans heißt es: „Die unzähligen Projekte bestätigen, dass die Arbeit Kluges von HFC-Fans angenommen wird, dass er den nötigen Respekt in der Fanszene genießt und er seinen pädagogischen Einfluss insbesondere in problematischen Situationen geltend machen kann, was wiederum die ehrliche, vertrauensvolle Arbeit an der Fanbasis erfordert.“ Und weiter: „Wir bitten, die Entscheidung, Herrn Kluge von seiner Aufgabe zu entbinden, zu überdenken! Wir als Fanszene des HFC können und wollen diese Entscheidung nicht so hinnehmen, da sich diese jeglicher Grundlage entzieht!“
Die Anhänger drohen aus Protest mit dem Auszug aus dem Fan-Haus an der Kantstraße - wo auch Kluge saß -, weil es der Stadt gehört. (mz)