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Wirtschaftsfaktor Red Bull Wirtschaftsfaktor Red Bull: RB Leipzig spült Millionen in Leipzigs Kassen

Von Ullrich Kroemer 06.08.2015, 14:14
RB ist für die Wirtschaft in und um Leipzig Gold wert
RB ist für die Wirtschaft in und um Leipzig Gold wert dpa Lizenz

Leipzig - Dass sich Zweitligist RB Leipzig gerade mit einem knapp 40 Millionen-Euro teuren Kader anschickt, den Aufstieg in die Bundesliga zu erzwingen, passt bekanntlich nicht allen hierzulande. RB-Kritiker Andreas Hensel, Sprecher der Faninitative „Nein zu RB” etwa kündigt in dieser Saison erneut „vielfältige Aktionen gegen RB Leipzig und die Kommerzialisierung des Fußballs” an. Es sei wichtig, weiterhin gegen den Brauseklub zu protestieren, „um zu verdeutlichen, dass die Kommerzialisierung beziehungsweise Verwertung des öffentlichen Gutes Fußball weiter voranschreitet und mit RB Leipzig einen neuen qualitativen Sprung gemacht hat”, sagt er.

Viele Leipziger hingegen sehen das anders. Über 25.000 Zuschauer kamen in der vergangenen Saison im Schnitt zu den Ligaspielen in das frühere Zentralstadion. 54 RB-Fanclubs mit über 4500 organisierten Anhängern existieren mittlerweile, Tendenz steigend. „RB Leipzig ist hier voll angekommen”, sagt Heiko Rosenthal. Der Leipziger Sportbürgermeister kann erklären, was der Brause-Multi Stadt und Region konkret nutzt und welche Effekte das Engagement des neuen Fußballriesen hat. Denn die lokale Euphorie gegenüber dem neuen Fußballklub hängt nicht nur mit der jahrelangen Fastenzeit von hochklassigem Fußball in der Messestadt zusammen. Viele Leipziger profitieren bereits jetzt direkt und indirekt vom RB-Boom.

200 Millionen Euro Mehreinnahmen - wenn RB Leipzig aufsteigt

4000 bis 6000 Arbeitsplätze würden durch RBL entstehen, hatte Oberbürgermeister Burkhard Jung vor Jahren geschätzt. „Wir bleiben dabei, dass diese Zahlen realistisch und repräsentativ sind”, bekräftigt Rosenthal. „Gastronomie, Hotellerie und Einzelhandel profitieren; auch die Investitionen, die RB in Leipzig getätigt hat, kommen unmittelbar der lokalen Wirtschaft zugute.” Konkrete Zahlen, sind dem aktuellen Bundesligareport zu entnehmen. 48.830 Menschen waren in der Saison 2013/14 bei den 36 Erst- und Zweitligisten, Tochtergesellschaften oder deren direktem Umfeld beschäftigt. Das macht im Durchschnitt 1356 Voll- und Teilzeitbeschäftigte pro Klub. RB Leipzig teilte auf MZ-Anfrage mit, dass bereits aktuell in der 2. Liga an Spieltagen 1400 Beschäftigte in und um das Stadion tätig seien. In der Bundesliga würde die Zahl noch einmal steigen. Dazu kommen noch Hunderte Arbeitsplätze in den von Rosenthal benannten Branchen, aber auch in Bau- und Textilgewerbe oder Medienbetrieb. Wo es möglich ist, achte RBL bereits jetzt darauf, auf regionale Partner zu setzen, zum Beispiel beim Bau des bald fertiggestellten, 35 Millionen Euro teuren Trainingszentrums am Cottaweg.

Laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey und der Deutschen Fußball-Liga (DFL) werden aus jedem Euro, den ein Bundesligist umsetzt, 2,40 Euro für die Region generiert – konservativ geschätzt. Bereits in der vergangenen Saison wurden schätzungsweise 50 Millionen für Leipzig und Umland erzeugt. Im Falle eines Bundesligaaufstieges könne die Region auf 200 Millionen Mehreinnahmen hoffen, glaubt Wolfgang Topf, Präsident der Leipziger Industrie- und Handelskammer (IHK).

„Wirtschaftlich hat das Engagement von Red Bull in Leipzig Auswirkungen auf den lokalen und regionalen Markt”, sagt Linkspartei-Mitglied Rosenthal. Noch wichtiger jedoch sind Effekte für Tourismus und Marketing durch den Bundesligastandort. „Für den Sportstandort Leipzig etablieren wir mit RB Leipzig eine ganz wesentliche Marke, mit der wir uns bundesweit gut positionieren”, sagt Rosenthal. „Durch den sportlichen Mehrwert wird Aufmerksamkeit auf die Stadt gelenkt. RB ist zukünftig ein wesentlicher Baustein, um Leipzig wirtschaftlich zu repräsentieren.”

Neues Stadion wäre ein Horror

Ganz direkt profitiert die Stadt Leipzig nur in geringem Maße von RB Leipzig. Im Rahmen des 2011 geschlossenen Erbbaurechtsvertrag für das Trainingsgelände am Cottaweg erhält die Stadt jedes Jahr 27.950 Euro Erbbauzins, insgesamt knapp 1,4 Millionen Euro über die Vertragslaufzeit von 50 Jahren. Ein weiterer Erbpachtvertrag zwischen Stadt und RBL soll perspektivisch für die Trainingsanlage am Gontardweg in Abtnaundorf geschlossen werden. An der Stadionmiete partizipiert die Stadt nicht. Die kassiert Stadioninvestor und Filmunternehmer Dr. Michael Kölmel. Dem Vernehmen nach soll Kölmel dem potenten Mieter zum Einzug einen sehr guten Kurs unterbreitet haben.

Ein Szenario, nachdem RB vor den Toren Leipzigs ein neues, eigenes 80.000 Zuschauer fassendes Stadion in Autobahnnähe baut, wäre sowohl für Kölmel als auch für die Stadt ein Horror. Der 61-Jährige wirbt aktuell in der Leipziger Volkszeitung für den Arena-Standort in Zentrumsnähe. Die Kapazität der bestehenden Spielstätte könne von derzeit 45.000 auf 55.000 Zuschauer und mehr aufgestockt werden. „Das ist alles eine Frage des Geldes”, sagt Kölmel. Ein neues Stadion auf der grünen Wiese plus Autobahnanbindung seien um ein Vielfaches teurer. Und auch Stadtvertreter Rosenthal plädiert natürlich für einen Verbleib von RB mitten in der Stadt. „Wir achten darauf, dass sich das Stadion was Verkehrsanbindung oder Zuschauerkapazität angeht optimal präsentiert”, sagt er. „Eigentlich sollte es keine Diskussion über diesen innerstädtischen Standort des Stadions geben. Für die Stadt und die Leipziger ist eine leer stehende Red-Bull-Arena keine Alternative.” Im gerade in Arbeit befindlichen „Sportprogramm 2024”, Masterplan für die Entwicklung des Leipziger Sports, ist ein Umzug des Zugpferdes nicht einkalkuliert.