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WM-Quali gegen Albanien Thomas Tuchel vor England-Debüt: Mut, Tempo und royales Lob

Ein Deutscher als England-Trainer? Das sehen viele Fans der Three Lions kritisch. Der neue Coach Thomas Tuchel verspricht vor seinem England-Debüt, dass er sich den Job verdienen will.

Von Philip Dethlefs, dpa 19.03.2025, 08:35
Thomas Tuchel geht die neue Aufgabe als England-Trainer motiviert und selbstbewusst an.
Thomas Tuchel geht die neue Aufgabe als England-Trainer motiviert und selbstbewusst an. John Walton/PA Wire/dpa

London - Vor seinem Debüt im traditionsreichen Wembley-Stadion achtet der neue England-Coach Thomas Tuchel auf jedes Detail. Der ehemalige Trainer von Dortmund, Bayern und Chelsea, der nun mit den Three Lions den ersten WM-Titel seit 1966 holen will, lässt keine Zweifel daran, welche große Fußball-Nation er jetzt repräsentiert. Antworten auf Deutsch sind bei seinen Pressekonferenzen tabu.

„Aus Respekt davor, wo wir sind, und für alle anderen möchte ich das nur auf Englisch machen“, stellte Tuchel - freundlich, aber bestimmt - klar, als er bei der Verkündung seines ersten England-Kaders für das WM-Qualifikationsspiel zwischen England und Albanien (Freitag/20:45 Uhr) von einem Fernsehsender um eine deutsche Antwort gebeten wurde. Sowas kommt in England gut an.

Tuchel will sich den Job verdienen

Tuchel weiß, dass er als Coach aus dem Land des großen Rivalen Deutschland auf der Insel besonders kritisch beäugt und zumindest am Anfang bei Teilen der Fans einen schweren Stand haben wird. „Mir ist absolut bewusst, dass es etwas Besonderes ist, als ausländischer Trainer diese Mannschaft coachen zu dürfen.“ Er werde zeigen, dass er den Job verdiene, kündigte der 51-Jährige, der seinen Wohnsitz nach London verlegt hat, selbstbewusst an.

Die Auswahl seines Kaders sorgte direkt für Diskussionen. Insbesondere die Nominierung des 34 Jahre alten Ajax-Profis Jordan Henderson, der zuvor in Saudi-Arabien kein Glück fand, des häufig verletzten Reece James (Chelsea) und von Marcus Rashford, der bei Aston Villa langsam wieder in Form kommt, sind in England umstritten. „Ich wäre überrascht, wenn niemand überrascht wäre“, reagierte Tuchel fast amüsiert. „Und ich finde, die Debatte gehört zum Job dazu.“

Er selbst habe mit seinem Team, dem seine langjährigen deutschen Assistenten Zsolt Löw und Arno Michels nicht mehr angehören, emotionale und hitzige Diskussionen geführt. „Es gab einige sehr, sehr knappe Entscheidungen - und einige Spieler sind nicht im Kader, obwohl sie genug geleistet haben und es verdient hätten.“ Namen nannte er nicht, aber Conor Gallagher (Atlético Madrid) und Morgan Gibbs-White (Nottingham Forest) dürften dazu zählen.

Schwieriger Spagat zwischen Ergebnissen und Entwicklung

Thomas Tuchel muss in seinem neuen Job einen schwierigen Spagat bewältigen. Er muss sofort Ergebnisse auf dem Platz liefern, um die Fans auf seiner Seite zu haben und - noch wichtiger - die WM-Qualifikation der Three Lions zu sichern. Doch dabei muss er auch eine Mannschaft für das Turnier im Sommer 2026 aufbauen und Spieler mit Perspektive ins Team integrieren.

„Die Nominierung ist keine Nominierung für Amerika“, sagte der Coach mit Blick auf seinen ersten England-Kader. Gleichzeitig betonte er, dass jeder Spieler, der jetzt dabei sei, die Chance habe, auch in anderthalb Jahren mit dem Team zur Weltmeisterschaft zu fahren.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Gareth Southgate, dessen auf Sicherheit bedachter Fußball unter Fans umstritten war, kündigte er einen direkten, offensiven Stil mit mehr Tempo und Intensität an. „Ich finde, wir sollten den Mut haben, wie eine echte englische Mannschaft zu spielen“, sagte Tuchel. „Unser Spiel sollte die Werte des Landes widerspiegeln – und die der besten Liga der Welt, der Premier League.“

Prinz William traut Tuchel den WM-Titel zu

Er wolle „ein bisschen Vereinsfußball“ einfließen lassen. Als Clubtrainer hat Tuchel viele Erfolge vorzuweisen - den DFB-Pokal mit Borussia Dortmund, eine etwas schmeichelhafte deutsche Meisterschaft mit dem FC Bayern, sämtliche nationalen Titel mit Paris Saint-Germain und der Gewinn der Champions League mit dem FC Chelsea. Doch nichts davon zählt, wenn er vor 90.000 Zuschauern erstmals für England auf der Trainerbank sitzt.

Rückendeckung vor seinem ersten Spiel erhielt der gebürtige Krumbacher aus dem englischen Königshaus. Prinz William lobte, Tuchel sei „genau der Richtige“ für den Job. Der Thronfolger und Präsident des englischen Fußballverbandes FA traut ihm sogar zu, im Sommer 2026 Englands dann 60-jährige Titelsehnsucht zu beenden. Der WM-Triumph sei mit Tuchel „definitiv möglich“, sagte William der „Sun“.

Bei aller England-Affinität - die Nationalhymne „God Save The King“ möchte Thomas Tuchel vorerst nicht mitsingen. „Ich habe das Gefühl, dass es nicht einfach selbstverständlich ist. Man kann das nicht einfach so singen“, erklärte der England-Coach einer Runde von Zeitungsreportern. „Deshalb habe ich entschieden, dass ich in meinen ersten Spielen nicht singen werde.“