"Wir sind zweimal gestorben" Rot-Weiß Erfurt insolvent: So stürzte der Traditionsklub ab

Erfurt - Die Spieler haben ihre Spinde ausgeräumt, manche hatten dabei Tränen in den Augen. Das endgültige Aus von Rot-Weiß Erfurt ist seit Mittwoch besiegelt. „Es ist schon brutal gewesen in den letzten Tagen. Mit Blick auf den Regionalliga-Fußball sind wir zweimal gestorben. Freitag einmal und am Mittwoch noch einmal. Das ist bitter. Ich bin sehr enttäuscht“, sagte Trainer Robin Krüger.
Doch der Untergang eines der wichtigsten Clubs im Osten nahm bereits am 14. März 2018 richtig Fahrt auf. Damals meldete RWE in der laufenden Drittliga-Saison Insolvenz an, fast sieben Millionen Euro Schulden hatte der Club unter der Führung von Präsident Rolf Rombach angehäuft.
Rot-Weiß Erfurt wendete Pleite im Dezember 2018 noch ab
Volker Reinhardt wurde kurz darauf als Insolvenzverwalter eingesetzt. In der Regionalliga Nordost sollte ein Neuanfang her. Mit dem ehemaligen Nationalspieler Thomas Brdaric als neuem Trainer und Oliver Bornemann als sportlichen Leiter sollte wieder Erfolg in der Landeshauptstadt einziehen. „Es ist ein Privileg, Trainer von RWE zu sein. Ich möchte den Verein wieder zum Leben erwecken“, hatte Brdaric bei seiner Vorstellung gesagt.
Doch der Alltag bewegte sich zwischen sportlicher Stagnation und immer neuen Geldproblemen. Bereits im Dezember 2018 stand Erfurt vor einer erneuten Pleite. Es konnte in der Regionalliga nur weitergespielt werden, weil ein Sponsorenpool bestehend aus Ex-Präsident Frank Nowag, Ehrenpräsident Klaus Neumann und Ex-Aufsichtsratschef Dr. Peter Kästner eine sechsstellige Summe zur Rettung zur Verfügung stellte.
Ein Grund für die erneute finanzielle Schieflage: Der Etat für die Profi-Mannschaft überstieg die finanziellen Mittel des Vereins schon nach einem halben Jahr in der vierten Liga. Die Lage hatte sich auch drei Monate später, im März 2019, nicht wirklich verbessert.
Profi-Team von Rot-Weiß Erfurt war zu teuer
Der Viertligist stand wieder mit dem Rücken zur Wand. Es folgte die nächste kurzzeitige Entwarnung. Der Insolvenzverwalter erklärte, dass der Spielbetrieb durch ein Massedarlehen bei der Raiffeisenbank Rudolstadt bis zum Saisonende gesichert sei. Damit kehrte vorerst Ruhe ein.
Doch schon im Juli sorgte der Viertligist erneut für negative Schlagzeilen. Reinhardt verklagte den Hauptsponsor. Das Autohaus hatte die Zahlungen zwischenzeitlich ausgesetzt, weil es keine Informationen über die wirtschaftliche Situation erhalten hatte.
Dazu musste der Insolvenzverwalter weitere finanzielle Einbußen hinnehmen, weil er von mehreren ehemaligen Angestellten wegen unzulässiger Kündigung verklagt worden war und vor Gericht verlor. Neben dem ehemaligen Sportdirektor Torsten Traub gewannen auch Ex-Trainer Stefan Emmerling und der NLZ-Leiter Oliver Ruhe ihre Prozesse.
Investoren springen ab, Rot-Weiß Erfurt muss Spielbetrieb einstellen
Während es sportlich weiter bergab ging und sich der Club nacheinander von Bornemann und Brdaric trennte, verbuchte Reinhardt am 11. Oktober 2019 einen wirtschaftlichen Erfolg. Mit dem Grundbesitz- und Verwaltungsunternehmen ASGV aus Leipzig, der Franz Gerber Reha und Sportagentur sowie der Millhouse Capital GmbH fanden sich drei neue Geldgeber für den insolventen Club. Die Ausgliederung der 1. Mannschaft in eine GmbH sollte schnellstmöglich erfolgen.
Doch es kam mal wieder alles anders. Die Investoren überwarfen sich mit Reinhardt, dem Club ging endgültig das Geld aus. Reinhardt vermeldete erst das Aus des Clubs, nur um 24 Stunden später einen potenziellen Investor zu präsentieren.
Wiederum drei Tage später waren auch diese Gespräche gescheitert und Reinhardt gab auf. „Es entsteht eine Leere. Ich stehe auf und muss sagen: RWE ist gestorben. Das tut mir in der Seele weh“, sagte Ehrenratsmitglied Neumann. In der kommenden Saison soll RWE in der Oberliga spielen. (dpa)