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Marius Nowoisky  Marius Nowoisky: Dieser Hallenser arbeitet Jugendtrainer in China

Von Mike Händler 26.05.2017, 10:00
Auf Kunstrasen zwischen Plattenbauten wird in Chengdu trainiert.
Auf Kunstrasen zwischen Plattenbauten wird in Chengdu trainiert. privat

chengdu - Es gibt keine Hunde auf dem Speiseplan. Da ist sich Marius Nowoisky sicher. So sicher, wie er sich eben sein kann nach wenigen Tagen in seiner neuen Wahlheimat. Denn: „Manchmal wusste ich tatsächlich nicht, was ich esse“, erzählt der Hallenser. „Alles ist brutal scharf, aber das hat Tradition in der Region.“

Vom VfL Halle 96 nach China: Marius Nowoisky ist Übungsleiter an einer Sportschule

Nowoisky hat Deutschland verlassen, um als Fußballtrainer in Chengdu zu arbeiten, der neuntgrößten Stadt Chinas. Zehn Millionen Menschen leben in der Metropole, die im Herzen des Riesenreiches liegt. Seine letzte Station war der VfL Halle 96. Dort trainierte er die D-Junioren und war als Co-Trainer der ersten Mannschaft tätig.

Marius Nowoisky ist studierter Pädagoge, er besitzt die Trainer-A-Lizenz. Keine Überraschung also, dass der 31-Jährige seine berufliche Zukunft in der Ausbildung von jungen Fußballern sieht. Warum also nicht auch im Ausland?

„Das Fernweh war schon immer irgendwie da“, sagt er. Nun ist es also China geworden. Vorerst für zehn Monate bleibt der Übungsleiter dort an einer Sportschule und trainiert Kinder von der sechsten bis zur neunten Klasse. Organisiert ist das Trainer-Engagement über eine deutsch-chinesische Firmenkooperation.

China im fußballerischen Aufbruch

Das Land wagt seit einiger Zeit den fußballerischen Aufbruch. Die Profiliga verpflichtete zuletzt reihenweise bekannte Fußballer. Auch eigene Talente, so der Plan, sollen nun bereits in jungen Jahren eine gute Ausbildung bekommen. So wie er selbst sie erhalten hat. Nowoisky ging in Halle auf das Sportgymnasium und versuchte, bei Hannover 96 als Profi durchzustarten.

Im Alter von 22 Jahren machte eine Schambeinentzündung den Traum zunichte. „Mein altes sportliches Niveau konnte ich danach nicht mehr erreichen“, sagt er. Doch immerhin gehörte Nowoisky während des Studiums in seiner Heimatstadt der halleschen Universitäts-Fußballmannschaft an, die 2011 als erstes deutsches Team den Europameistertitel holen konnte.

Nun sollen Chinas Nachwuchs von seinen Erfahrungen profitieren. „Der chinesische Sport lebt vor allem von Einzelsportarten wie Tischtennis oder Turnen. Ich finde die Aufgabe interessant, den chinesischen Kindern die Idee des Mannschaftssport beizubringen“, sagt Nowoisky. „Für den Nachwuchs bedeutet das eine Umstellung in ihrer Mentalität.“

"Die Kinder sind sehr diszipliniert und etwas ruhiger als in Deutschland"

Umstellung ist auch für Marius Nowoisky gerade das große Thema. 20 Kinder sind in seiner Trainingsgruppe, geübt wird auf einem Kunstrasenplatz, der zwischen Wohnblöcken eingepfercht ist. Außer montags und donnerstags haben die Schüler immer Training.

Am Wochenende folgt während der Saison der Spielbetrieb. „Die Kinder sind sehr diszipliniert und etwas ruhiger als in Deutschland. Das macht das Trainieren einfacher“, erzählt er. Das Spielniveau der Schüler will er nun mit der Zeit kennenlernen und gezielt fördern.

Neben der Schule als Betätigungsfeld hat Marius Nowoisky die Möglichkeit, ein Firmen-Büro zu nutzen, in dem er die Vorbereitung für die sportlichen Aufgaben angeht. Alles liegt im Umkreis von zehn Kilometern. Er selbst lebt in einem Eineinhalb-Zimmer-Appartement, es liegt im 33. Stock eines Plattenbaus. „Ich habe einen großartigen Blick auf die Skyline von Chengdu.“

Auch abseits vom Sport muss sich Nowoisky an viele neue Dinge gewöhnen. Vor Ort herrscht ein subtropisches Klima. Chengdu befindet sich auf Höhe von Nordafrika. „Ab Juni werden hier bis zu 40 Grad Hitze sein. Mich stört das nicht - ich liebe Hitze“, erzählt er. Mehr Probleme bereitet ihm allerdings die Verständigung.

Ohne Dolmetscher auf Erkundungstour

An der Schule wird ihm ein Dolmetscher an die Seite gestellt. Doch sobald er auf eigene Faust auf Erkundungstour geht, versteht er fast nichts mehr: „Für mich ist China eher ein Sprachschock als ein Kulturschock“, sagt er.

„Vieles mutet in Chengdu westlich an. Entfernt man sich jedoch vom Stadtzentrum, wird es immer schwieriger, sich zurechtzufinden oder zu verständigen. Dann helfen nur noch Hände und Füße.“ Doch das digitale Zeitalter hilft wenigstens bei der Orientierung. „Per Google-Maps finde ich mich gut zurecht. Doch manchmal passiert es schon, dass Neubauten die gesuchte Straße einfach verdecken.“

Erfahrung fürs Leben

So sind es mitunter vermeintlich banale Probleme, die den Alltag fernab der Heimat beeinflussen. Fehlendes Bargeld zum Beispiel. „Ich konnte am Anfang an den Bankautomaten einfach nichts abheben“, erzählt der Ausgewanderte. Dann lernte er: Die Kreditkarte funktionierte nicht bei kleinen Banken. „Dafür muss ich nun extra zu einer großen Zentralbank.“

Der Fußball bleibt freilich eine stete Verbindung in die Heimat. Mit Interesse verfolgt der 31-Jährige den Abstiegskampf seines VfL Halle in der Oberliga. Und überglücklich war er über den Landespokal-Finaleinzug seiner D-Junioren, die im Finale gegen den großen Rivalen 1. FC Magdeburg 0:4 verloren.

Per WhatsApp richtete der ehemalige Trainer vor dem Spiel noch ein paar motivierende Worte an das Team: „Die Jungs sind mir natürlich ans Herz gewachsen.“

Trotzdem, davon ist Marius Nowoisky überzeugt, war der Weg nach China richtig. Denn: „Die Erfahrungen, die ich jetzt im Ausland sammle“, sagt er, „werden sich später mit Sicherheit auszahlen.“ (mz)

Marius Nowoisky (rot) kommuniziert  mit Hilfe eines Dolmetschers mit seinen chinesischen Schülern.
Marius Nowoisky (rot) kommuniziert  mit Hilfe eines Dolmetschers mit seinen chinesischen Schülern.
privat