Fußball-Bundesliga „Kurz vor Debakel“: Hoffenheim-Krise geht weiter
Die TSG Hoffenheim verliert zum dritten Mal in Serie. Trainer Matarazzo spricht die Versäumnisse seiner Spieler offen an. Über seine eigene Situation spricht er nicht.
Berlin - Pellegrino Matarazzo bewahrte auch nach dem nächsten sportlichen Rückschlag für die TSG 1899 Hoffenheim seinen gewohnten Ruhepuls. Dabei hätte der Trainer des Fußball-Bundesligisten angesichts des Saison-Fehlstarts mit drei Niederlagen aus vier Spielen und der Turbulenzen im Verein allen Grund dazu, aus der Haut zu fahren.
Das 1:2 (0:2) beim 1. FC Union Berlin ließ die TSG auf Tabellenrang 15 abrutschen und trübte ein wenig die Vorfreude auf den Start in die reformierte Europa League am kommenden Mittwoch beim dänischen Vertreter FC Midtjylland. Denn die Lage im Kraichgau ist angespannt.
Wagner kein Kandidat in Hoffenheim
Der fast komplette Austausch der Vereinsführung im Sommer mündete in einer sportlichen Talfahrt und einem teilweisen Stimmungsboykott der eigenen Fans. „Wir versuchen, uns so wenig wie möglich damit zu beschäftigen. Ganz ausblenden kann man es aber nicht. Es wirkt sich immer wieder auf die Mannschaft und die Spiele aus“, sagte TSG-Torschütze Marius Bülter.
„Es geht darum, diese externen Störgeräusche hinter uns zu lassen“, forderte Matarazzo. Er selbst war von diesen stark betroffen. Schließlich erkundigte sich der Club zuletzt doch schon nach einem potenziellen Nachfolger für Matarazzo, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft. Eine inoffizielle Anfrage über die mögliche Verfügbarkeit von Sandro Wagner, Co-Trainer der Nationalmannschaft, blieb aber erfolglos.
Der 36-Jährige wird zumindest bis zur WM 2026 zu keinem Bundesligisten wechseln. „Wir haben klar vereinbart und auch mit ihm abgestimmt, dass er jetzt bis zur Weltmeisterschaft bei uns bleibt“, berichtete DFB-Sportdirektor Rudi Völler im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF über die Absprache mit Wagner.
Matarazzo vermisst das Vertrauen der Vereinsführung
Bei Matarazzo haben die Ereignisse dennoch Spuren hinterlassen. Von dem 46 Jahre alten Fußball-Lehrer hört man in diesen schwierigen Wochen oft das Wort Vertrauen - das er offenbar vermisst. Doch öffentlich klagen will er nicht. „Wenn ich was sagen würde, wäre das Feuer noch größer“, sagte Matarazzo. Einen kleinen Seitenhieb gegen die Verantwortlichen im Verein gab es aber doch: „Ich mache meinen Job so, wie es mit dieser Mannschaft geht.“
Die Trennung von Sport-Geschäftsführer Alexander Rosen mitten in der Saisonvorbereitung wirkt nach. Denn sie hinterließ ein Vakuum bei der Zusammenstellung des Kaders, der vor allem in der Defensive nicht gut genug ist. Elf Gegentore in nur vier Spielen belegen dies. „Das ist Wahnsinn und geht mir auf den Sack“, polterte Nationaltorwart Oliver Baumann über die Abwehrschwäche.
TSG-Coach sieht kein Bundesliga-Niveau
Die war dafür verantwortlich, dass die Hoffenheimer an der Alten Försterei bereits nach gut fünf Minuten mit 0:2 hinten lagen. Was Matarazzo erzürnte. „Wir waren kurz vor einem Debakel“, befand er. Die Leistung seiner Mannschaft sei bei den beiden frühen Gegentoren „nicht auf Bundesliga-Niveau“ gewesen, kritisierte der TSG-Coach.
Die Berliner hätten in jeder Hinsicht „viel schärfer“ agiert. Erklärungen dafür erwarte er nun von seinen Spielern. „Es muss jeder selbst in den Spiegel schauen und sich fragen, warum waren die schärfer, das kann nur jeder selbst beantworten“, sagte Matarazzo.
Auch Baumann war sauer: „Wir sind extrem enttäuscht, weil wir schlecht ins Spiel gestartet sind. Das hat etwas mit Gier und Wachheit zu tun. Wir wurden überrumpelt.“ Für die kommenden Wochen hat der 34-Jährige vor allem einen Wunsch: „Es ist extrem wichtig, dass wir zusammenbleiben. Spieler, Fans und Verein.“