Interview mit Christian Wörns Interview mit Christian Wörns: "15-Jährige brauchen keinen Berater"

Sieben Jahre lang hat Christian Wörns für Bayer 04 Leverkusen gespielt, ehe der 66-malige Nationalspieler nach der Weltmeisterschaft 1998 zu Paris St. Germain gewechselt ist. Am Dienstag (20.45 Uhr) treffen die Vereine im Achtelfinale der Champions League aufeinander. Im Interview spricht Wörns über das Duell seiner Ex-Vereine und seinen Job als Jugendtrainer beim FC Schalke 04.
Herr Wörns, welche emotionalen Reaktionen löst es bei Ihnen aus, wenn Bayer 04 Leverkusen und Paris Saint-Germain gegeneinander spielen?
Christian Wörns: Da es zwei Ex-Vereine von mir sind, ist es für mich natürlich ein sehr interessantes Duell.
Sehen Sie sich das Spiel im Stadion an?
Christian Wörns, geboren im Mai 1972, ist ein ehemaliger deutscher Fußball-Nationalspieler. Zwischen 1992 und 2005 hat er 66 Mal für die DFB-Elf gespielt. Auf Vereinsebene war Wörns für Waldhof Mannheim (1989-91), Bayer 04 Leverkusen (1991-98), Paris St. Germain (1998/99) und Borussia Dortmund (1999-2008) aktiv.
Mit Leverkusen gewann er 1993 den DFB-Pokal. Wörns' größter Erfolg war der Gewinn der Deutschen Meisterschaft mit dem BVB in der Saison 2001/2002. Im selben Jahr erreichte er mit Dortmund außerdem das Finale des Uefa-Pokals, dass die Borussia 2:3 gegen Feyenoord Rotterdam verlor. (sag)
Wörns: Vielleicht das Rückspiel in Paris, wenn ich das zeitlich mit der Arbeit bei Schalke 04 vereinbaren kann. Aber ein Besuch in Leverkusen ist nicht geplant.
Es ist schon 16 Jahre her, dass Sie in Paris gespielt haben. Wenn Sie den Klub von damals mit der heutigen Situation vergleichen – das hat nicht mehr viel gemeinsam, oder?
Wörns: Auch damals hat es mit Canal plus einen großen Geldgeber gegeben. Aber natürlich hat sich alles geändert, da durch die Investmentgruppe aus dem arabischen Raum einfach noch viel mehr Geld fließt, als es zu meiner Zeit der Fall war.
Was halten Sie von dieser Art von Investment? Scheichs, die einen Fußballverein von der nationalen Mittelklasse in die europäische Beletage führen?
Wörns: Ich finde das nicht schlimm. Solange die Investoren nicht nach zwei oder drei Jahren die Lust am Hobby verlieren, sich aus dem Staub machen und der Verein auf den hohen Kosten sitzt.
Wie schätzen Sie das Spiel sportlich ein? Wird das eine einseitige Angelegenheit zugunsten von Paris?
Wörns: Paris hat natürlich sehr glanzvolle Leute dabei, man denke nur an Edinson Cavani oder Zlatan Ibrahimovic. Das sind natürlich Weltklasse-Spieler. Aber Leverkusen hat auch eine gute Mannschaft mit einer guten Philosophie, und in der Regel stehen sie recht kompakt. Deshalb glaube ich nicht, dass es einseitig wird.
Haben Sie noch Kontakt nach Leverkusen? Immerhin haben Sie von 1991 bis 1998 sieben Jahre lang dort gespielt.
Wörns: Aber von den Spielern aus meiner Zeit ist natürlich niemand mehr übrig. Ich habe aus der damaligen Zeit noch Kontakt zu Ulf Kirsten, Jens Nowotny oder Carsten Ramelow, den Spielern aus der Traditionsmannschaft. Aber sonst eher weniger, es ist halt auch schon 16 Jahre her.
Aber Sportdirektor Rudi Völler ist noch da – mit dem haben Sie zusammengespielt.
Wörns: Klar, der Rudi ist noch da, und auch Teammanager Michael Reschke. Den ein oder anderen kenne ich schon noch. Man sieht sich halt ab und zu und quatscht ein bisschen. Das war’s dann aber auch.
Sie sind mittlerweile Inhaber der Fußballlehrer-Lizenz, ebenso wie viele Ihrer ehemaligen Kollegen. Sie trainieren die B-Junioren des FC Schalke 04 – wie schwer wird der Sprung in den Profibereich?
Wörns: Es ist ja schon schwer, im Junioren-Bundesliga-Bereich einen Fuß in die Tür zu bekommen. Das habe ich ganz gut geschafft, und der Rest ist schwer zu planen. Ich lasse alles auf mich zukommen. Ich versuche, meine Aufgabe so gut wie möglich zu erfüllen, und dann sehen wir mal, was dabei rauskommt.
Hätten Sie im Zweifelsfall eine Alternative? Falls Sie irgendwann merken, dass es mit dem Job als Trainer doch nicht nach Plan läuft.
Wörns: Nein. Der Trainerjob ist genau das, was ich nach meiner aktiven Karriere machen wollte. Ich habe natürlich einen Schulabschluss, aber eine spezielle Ausbildung habe ich nicht.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Wörns über Dortmund, Schalke und seine Kritik an Jürgen Klinsmann.
Herr Wörns, Sie haben neun Jahre lang für Borussia Dortmund gespielt und Ihre Karriere dort beendet. Fiel es Ihnen schwer, das Angebot aus Schalke anzunehmen?
Wörns: Überhaupt nicht. Ich war beim BVB ja auch schon fünf Jahre raus. Als im vergangenen Sommer die Anfrage kam, in Schalke die U 17 zu trainieren, war ich begeistert.
Als Junioren-Trainer haben Sie täglich mit jungen Spielern zu tun. Inwiefern bemerken Sie die Ausbildung der heutigen Generation in den Nachwuchsleistungszentren? Ist das nicht eine ganz andere Ebene der Professionalität als zu der Zeit, als Sie Jugendspieler waren?
Wörns: Auf jeden Fall. Die Spieler sind viel besser ausgebildet, vor allem im technischen und taktischen Bereich. Das war einfach eine andere Zeit, als ich Jugendspieler war. Das hat sich seitdem alles sehr rasant entwickelt.
Fehlt den jungen Spielern wegen des hohen Grades an Professionalität nicht an manchen Stellen die Leichtigkeit?
Wörns: Die Jungs haben im Anfangsstadium ihrer Karriere halt schon immer Berater an ihrer Seite.
Bereitet diese Tatsache Ihnen als Trainer Probleme?
Wörns: Es ist schon manchmal skurril. Als 15-, 16- oder 17-Jähriger braucht man einfach keinen Berater. Da braucht man einen guten Trainer und Eltern, die immer mit im Boot sitzen. Erst im Profibereich benötigt man Beratung, das ist klar.
Kommen Ihre Spieler überhaupt noch auf Sie zu, wenn es mal Probleme gibt? Oder wenden die sich ausschließlich an ihre Berater?
Wörns: Im Optimalfall geht es erst einmal über die Eltern und dann an den Trainer. Aber natürlich auch schon mal über den Berater, so ist der Weg auch immer wieder.
Wenn Sie auf den Profifußball blicken – wie hat sich der Sport verändert, seit Sie aufgehört haben?
Wörns: Es wird ja immer gesagt, dass es noch schneller wird. Aber als ich vor sechs Jahren aufgehört habe, war der Fußball auch schon schnell. Die Schnelligkeit kann sich ja nicht ins Endlose steigern. Auch zu meiner Zeit wurde guter und taktisch hochwertiger Fußball gespielt. Allzu viel hat sich nicht verändert.
Stört es Sie heute noch, wie die Dinge vor der Weltmeisterschaft 2006 gelaufen sind? Dass Jürgen Klinsmann Sie trotz einer hervorragenden Saison in Dortmund nicht nominiert hat? Vielen Menschen ist in Erinnerung geblieben, wie Sie diese Entscheidung öffentlich kritisierthaben.
Wörns: Ich hätte halt gern im eigenen Land gespielt, aber irgendwann muss man einfach ein Häkchen dahinter setzen. Ich habe das relativ früh gemacht – es bringt bekanntlich wenig, sich mit der Vergangenheit aufzuhalten.
Haben Sie jemals wieder mit Jürgen Klinsmann darüber gesprochen?
Wörns: Dazu bestand kein Bedarf.
Das Gespräch führte Philip Sagioglou


