FC Bayern München Hoeneß kontra Tuchel: Eberl will befrieden, Müller wie Kahn
Die Hoeneß-Attacke will der gekränkte Thomas Tuchel vorm Real-Spektakel ausblenden. Eberl fühlt sich nicht an den „FC Hollywood“ erinnert. Müller versucht's mit Humor und einer Parodie.
München - Auf seiner letzten großen Fußball-Mission als Bayern-Trainer muss sich Thomas Tuchel mit der legendären Abteilung Attacke von Uli Hoeneß herumärgern. Die wuchtige Kritik aus den eigenen Reihen verletzte den 50-jährigen Tuchel nicht nur in seiner „Trainerehre“, sondern nervte ihn rund um das 2:1 (1:1) gegen Eintracht Frankfurt vor dem Champions-League-Spektakel gegen Real Madrid gewaltig.
„Es stehen zehn unglaublich wichtige Tage für uns alle an. Es gibt jetzt keinen schlechteren Zeitpunkt für irgendwelche Nebenschauplätze“, sagte Tuchel. Zumal er sich angesichts der Verletzungen von Jamal Musiala, Leroy Sané und Co. um „Wunderheilungen“ kümmern muss. „Es sind jetzt zehn Tage, in denen es um alles geht“, betonte der Fußballlehrer.
Das Warm-up für das Halbfinal-Hinspiel am Dienstag gegen die Königlichen mit einem gegen Frankfurt schon in Real-Form treffenden Harry Kane geriet im Lichte des nächsten Ärgers für den Münchner Noch-Trainer in den Hintergrund. Um in dem von Tuchel bemühten Bild von der Wohnung an einer lauten Straße mit nervigen Nachbarn zu bleiben, dürften die Hoeneß-Worte für ihn wie dröhnende Heavy-Metal-Musik aus dem eigenen Wohnzimmer mitten in der Nacht geklungen haben.
Müller erheitert mit Kahn-Parodie
Vereinspatron Hoeneß hatte bei einem öffentlichen Auftritt die Arbeit von Tuchel bei der Entwicklung von jungen Spielern bemängelt. Die „Anschuldigungen“ seien „meilenweit“ von der Realität entfernt, konterte Tuchel, der Hoeneß einst versprach, „gut auf seinen Club aufzupassen“. Thomas Müller wiegelte den Disput mit einer gelungenen Oliver-Kahn-Parodie ab. „Das ist mir scheißegal“, sagte der Nationalspieler in treffender „Titan“-Tonlage. Kahn hatte den berühmten Satz vor mehr als 20 Jahren nach einem 0:2 in Bremen geprägt.
Unmittelbar vor dem Königsklassen-Klassiker gegen die Königlichen aus Madrid um Toni Kroos und Antonio Rüdiger registrierte Sportvorstand Max Eberl erleichtert, dass die Störgeräusche zumindest die eigene Mannschaft vor der letzten Titelchance nicht hemmen. „Die Mannschaft hat gezeigt, dass es sie nicht beeinflusst“, sagte Eberl.
Er sprach am Wochenende sowohl mit Hoeneß als auch mit Tuchel. „Meine Aufgabe ist es einfach, jetzt die ganze Sache ein Stück weit zu befrieden, das Feuer richtig zu kanalisieren und dann am Dienstag Real zu schlagen“, schilderte Eberl.
Eberl: Mal sehen, ob Rangnick zusagt oder nicht
Nach nicht einmal zwei Monaten im Amt erlebt Eberl im „Verein, den scheinbar die ganze Nation interessiert“, eine hochintensive Zeit. „Ich finde nicht, dass es FC Hollywood ist“, sagte Eberl in turbulenten Bayern-Tagen mit der Dauerfrage nach der Verpflichtung von Ralf Rangnick als Tuchel-Nachfolger. „Wir haben Toptrainer, mit denen wir uns beschäftigt haben. Und jetzt schauen wir mal, ob Ralf Rangnick die Zusage gibt oder nicht.“ Vor dem Hinspiel gegen Real am Dienstag (21.00 Uhr) werde keine Entscheidung von Vereinsseite verkündet.
„Es fühlt sich so an, dass alle zwei Stunden über diese Trainersuche geredet, gesprochen, sie kommentiert und diskutiert wird. Ich bin gespannt, wann Markus Lanz endlich einsteigt in diese ganze Thematik“, witzelte Eberl. Beim Podiumsgespräch der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ kommentierte der 72-jährige Hoeneß die bisherige Trainersuche: Dass seine Frau Susi den Verbleib von Meistertrainer Xabi Alonso in Leverkusen beim Frühstück als charakterstark bewerte. Und dass man bei Bundestrainer Julian Nagelsmann ja sehen werde, ob der mit der DFB-Entscheidung - je nach EM-Ausgang - richtig gelegen oder einen Fehler gemacht habe.
Tuchel wünscht sich „Wunderheilungen“
Eberl zeigte sich nach vielen Verletzungen im Team zuversichtlich, dass beim Wiedersehen mit dem Münchner Ex-Coach Carlo Ancelotti in der Allianz Arena „fast alle wieder an Bord sind“. Musiala musste wegen seiner Kniereizung gegen die Eintracht pausieren. Sané behindern weiterhin schmerzhafte Schambeinprobleme. Konrad Laimer (Kapselverletzung am Sprunggelenk) und Matthijs de Ligt (Innenband am Knie) kamen am Samstag als neue angeschlagene Profis hinzu. „Wir brauchen ein paar Wunderheilungen. Wir brauchen eine gute Bank, wir brauchen sportliche Waffen zurück“, sagte Tuchel fast schon beschwörend.
Den größten Trumpf haben die Münchner im Angriff. Kane feierte mit dem 400. Treffer seiner Profikarriere ein Tor-Jubiläum. Mit nun 35 Liga-Saisontoren bleibt der Lewandowski-Rekord von 41 Treffern in Reichweite. Doch das ist dem 30 Jahre alten Engländer gerade herzlich egal, denn er hofft vor allem auf „ein paar“ Tore gegen Real.
„Ich hoffe, dass wir mit Selbstvertrauen in das Spiel am Dienstag gehen können. Real ist ein fantastisches Team mit einer großartigen Geschichte in diesem Wettbewerb“, sagte Kane. „Wir müssen uns einiges einfallen lassen.“ Das Ziel bleibt das Finale am 1. Juni im Londoner Wembleystadion.