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Grandiose Entwicklung Grandiose Entwicklung: Warum Bayern-Profi Arjen Robben zu den Besten der Welt gehört

Von Philip Sagioglou 06.10.2014, 09:48
Arjen Robben
Arjen Robben AFP Lizenz

München/Köln - An diesem sommerlichen Samstag im Jahre 2009 sollte sich die Bundesliga verändern. Der 29. August, das Topspiel des vierten Spieltags, der FC Bayern gegen den VfL Wolfsburg. In der Halbzeit entscheidet sich der Münchner Trainer Louis van Gaal für einen Wechsel. Er wird Hamit Altintop vom Platz nehmen und dafür Arjen Robben bringen, der erst am Vortag seinen Vertrag beim Rekordmeister unterschrieben und den Wechsel von Real Madrid an die Isar damit perfekt gemacht hat. Schon nach den ersten 45 Minuten des Niederländers und seinem ersten Doppelpack ist klar: Dieser Transfer ist etwas Besonderes, dieser Transfer wertet die Bundesliga auf.

Robben war in Deutschland sofort der Star, nur Franck Ribéry spielte auch auf dieser Ebene mit. Vor fünf Jahren war es alles andere als gewöhnlich, dass ein internationaler Star wie er nach vielen Jahren beim FC Chelsea und in Madrid nach Deutschland wechselte. Heute, da es das deutsche Champions-League-Finale gegeben hat und die Bayern überhaupt die vermutlich am besten besetzte Mannschaft der Welt sind, ist das anders. Aber damals? Robben in die Bundesliga? Ein schöner Tag für den deutschen Fußball.

Und heute? Robben in der Bundesliga? Eine schöne Sache, schließlich hat er sich zu einem der aktuell besten Spieler des Planeten entwickelt.

Es ist eine Beziehung, die Zeit gebraucht hat. In seinen ersten Jahren hat Robben sportlich zwar stets überzeugt, konnte aber wegen immer wiederkehrender Verletzungen zeitweise kaum spielen. Beispielhaft ist die Saison 2010/11: Robben absolvierte nur 14 Bundesliga-Spiele, in denen ihm aber zwölf Tore und zehn Vorlagen gelangen. Doch Robben war nicht nur oft verletzt, nein – aus rein menschlicher Sicht wirkte er stets wie ein Fremdkörper. Egoistisch, unnahbar. Einer, der das große Ganze nicht so über seine eigenen Interessen stellen kann, wie man das als Spieler des FC Bayern tun muss. Mia san mia, Robben war Robben.

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Kaum vorstellbar, dass das einmal so war. Kaum vorstellbar, dass Robben im Mai 2012 bei einem Freundschaftsspiel zwischen den Münchnern und der niederländischen Nationalelf in der Allianz Arena von den Bayern-Fans ausgepfiffen wurde – der Schmerz über seine verschossenen Elfmeter im für die Meisterschaft entscheidenden Bundesliga-Spiel gegen den BVB und im Champions-League-Finale gegen Chelsea saß beim erfolgsverwöhnten Publikum tief. „Der FC Bayern sollte sich schämen, das hat Arjen nicht verdient“, sagte Rafael van der Vaart damals, und Wesley Sneijder wollte seinen Kumpel gleich weglocken: „Wenn es nach mir ginge, dann käme Arjen in diesem Sommer noch zu Inter Mailand!“

Abwegig war der Abschied des Niederländers nicht. Doch Robben blieb – und erlebte eine weitere durchwachsene Saison mit (nur) 16 Einsätzen und fünf Toren.

Was dann passiert ist, lässt sich kaum nachvollziehen. Eine Renaissance. Im ersten Jahr unter Pep Guardiola konnte Robben, der sich seit einigen Jahren von einem Osteopathen aus seiner Heimat behandeln lässt, um seine Verletzungsanfälligkeit zu reduzieren, endlich einmal viel spielen. 28 Einsätze, elf Tore, sieben Vorlagen – und vor allem: Spaß an der Arbeit und eine andere Mentalität, die aber nicht bloß Guardiola, sondern vielmehr auch dessen Vorgänger Jupp Heynckes zuzuschreiben ist.

Seit etwas mehr als einem Jahr sprintet Robben über den Platz mit einer Spielfreude wie ein Sechsjähriger, der in der F-Jugend zum ersten Mal auf dem Rasen steht. Fehlt nur noch, dass Robben zwischendurch vor Glück hüpft. Er hat seinen defensiven Aufwand extrem gesteigert, er fügt sich als Teil des Systems ein, er ist energiegeladen, schnell, zielgerichtet. Er rennt und rennt und rennt, er kämpft. „Wir waren nicht zu bremsen“, sagte er nach dem 4:0-Sieg gegen Hannover am Wochenende, bei dem er mal wieder doppelt getroffen hat. Er hätte es auch so formulieren können: Ich war nicht zu bremsen. Früher hätte er es womöglich so ausgedrückt.

Die normalsterblichen Bundesliga-Verteidiger haben kaum eine Chance, gegen Robben erfolgreich zu verteidigen. Immer wieder wählt er die selbe Variante, zieht von der rechten Seite nach Innen, dann ein tödlicher Pass oder ein platzierter Schuss. Jeder Abwehrspieler in Deutschland weiß das, aber zu verhindern ist es nur selten – dafür ist Robben einfach zu gut und zu dynamisch in dem, was er tut. Und das mit einem kaum zu fassenden Ehrgeiz, der ihn hin und wieder arrogant wirken lässt, aber der ihn eben auch zu Höchstleistungen antreibt.

Ein Beispiel: Als die Bayern neulich in Köln spielten, baute der FC sein Spiel über die rechte Abwehrseite auf. Bayern-Stürmer Robert Lewandowski störte die harmlosen Kölner dabei nur bedingt, doch Arjen Robben fühlte sich berufen, von seiner Offensivposition auf der rechten Seite einen 60-Meter-Sprint quer über das halbe Feld zu unternehmen, nur um den FC beim Einleiten eine Angriffs zu behindern, der wohl ohnehin spätestens an der Münchner Abwehr abgeprallt wäre.

Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge sagte nach dem Triumph über Hannover: „Robben ist in einer unglaublichen Verfassung. Das war schon bei der WM zu sehen. Da war er schon von keinem Verteidiger zu halten.“ Und daran hat sich nichts geändert. Vier Spiele, drei Tore, zwei Vorlagen. Beeindruckende Werte. Beeindruckende Auftritte von einem, der an den richtigen Schrauben gedreht hat, um sich selbst von einem sehr guten zu einem der besten Fußballprofis der Welt zu befördern.

Arjen Robben, umjubelt von seinen Mitspielern beim FC Bayern.
Arjen Robben, umjubelt von seinen Mitspielern beim FC Bayern.
dpa Lizenz
Glücklich auf dem Oktoberfest: Arjen Robben mit seiner Frau Bernadien
Glücklich auf dem Oktoberfest: Arjen Robben mit seiner Frau Bernadien
REUTERS Lizenz