Fragen und Antworten Fragen und Antworten: Was man zum Videobeweis im Fußball wissen muss

Leipzig - Gelb! Nein, doch lieber Rot! Aber für welchen Spieler eigentlich? Nicht nur wegen dieser kuriosen Szene beim Confed-Cup-Spiel zwischen Deutschland und Kamerun sorgt der erste Test des Videobeweises auf der großen Fußballbühne für reichlich Verwirrung, bisweilen für Spott.
Gleich in diversen Szenen wurde beim WM-Vorbereitungsturnier in Russland deutlich, dass es bei der Einführung des neuen technischen Hilfsmittels noch gewaltig hakt. Fans und Beobachter fragen berechtigterweise, welches Hin und Her es erst in der Bundesliga geben werde, wenn die Testphase des Videoassistenten ab August auch hierzulande anläuft – ebenso wie in 14 weiteren Ligen weltweit?
Um diese und weitere offene Fragen zu klären, baten Schiedsrichtermanager Hellmut Krug und Fifa-Schiedsrichter Felix Zwayer am Dienstagvormittag im Leipziger Stadion zu einem Workshop.
„Ich bin überzeugt davon, dass der Videoassistent den Fußball um ein Vielfaches gerechter machen wird”, sagte Krug. Zwar sei ein solcher Eingriff in das Spiel vor Jahren noch undenkbar gewesen. Doch mittlerweile könne jeder Zuschauer per Smartphone sehen, ob ein Pfiff korrekt war oder nicht. „Der einzige, der nichts weiß, ist der Schiri.”
Video-Beweis: Vorbereitung und Logistik
Seit einem Jahr wurden 20 Bundesliga-Schiedsrichter plus drei eben erst ausgeschiedene Referees geschult, um mit der neuen Technik umzugehen – deutlich intensiver als für Confed Cup und U20-WM. So werden künftig in einem zentralen TV-Studio in Köln für jedes Bundesligaspiel ein eigener Videoschiedsrichter plus zwei Supervisoren die Spiele am Bildschirm aus zahlreichen Kameraperspektiven und Einstellungen betrachten.
Wann greift der Video-Assi ein?
Ausschließlich bei Tor- und Elfmetersituationen, Roten Karten und Spielerverwechslungen dürfen sich die Video-Schiris per Funk zuschalten und dem Hauptschiedsrichter Hilfestellungen geben. Bei einer strittigen Szene etwa, die einem Tor vorausgegangen ist, schaut sich der zusätzliche Mann im TV-Studio an, ob ein Regelverstoß vorlag. Nur wenn der Schiedsrichter klar falsch lag, funkt er den Kollegen im Stadion an. In Ausnahmefällen kann sich der Unparteiische die strittige Szene auf einem gegenüber den Trainerbänken platzierten Monitor, der sogenannten Review Area, selbst noch einmal auf dem Platz anschauen.
Kann der Schiedsrichter selbst Hilfe anfordern?
Wenn etwa einem Schiedsrichter in einer relevanten Szene die Sicht verdeckt wurde, kann auch der Referee im Stadion das Signal dazu geben, dass im Studio überprüft wird. Zwayer stellte klar: „Der Schiedsrichter auf dem Platz bleibt immer derjenige, der die Entscheidung trifft. Der Videoassistent ist ein Dienstleister, kein neuer Ober-Schiedsrichter.”
Wie werden Unterbrechungen angezeigt?
Der Referee zeigt die Video-Unterbrechung an, indem er eine Hand ans Ohr und die andere erhoben vor sich ausgestreckt hält. Das dauere laut Krug in der Regel zehn bis 40 Sekunden; durchschnittlich komme es zu einem bis sechs Eingriffen pro Spiel. Symbol für den Check am Stadionmonitor ist ein in der Luft geformtes Viereck. Das soll laut Krug jedoch in der Regel vermieden werden, da sonst das Spiel zu lange unterbrochen sei. Damit auch die Zuschauer im Stadion informiert sind, was gerade auf dem Platz geschieht, denken DFB und DFL darüber nach, mit einem Schriftzug über die Video-Leinwände zu informieren. Laut Krug könne dann dort etwa stehen „Spielunterbrechung: Reviewprozess läuft”.
Video-Beweis: Auswirkungen
In der abgelaufenen Saison hat Krug 104 spielrelevante Fehler herausgefiltert, von denen durch einen Videoschiedsrichter 77 hätten vermieden werden können. Wohl prominentestes Beispiel ist die Schwalbe von Timo Werner. „Das hätte der Videoassistent innerhalb von fünf Sekunden korrigiert”, argumentierte Krug. Unter den zahlreichen Beispielszenen war auch das erste Bundesligator von RB Leipzig durch Dominik Kaiser in Hoffenheim. Mit dem Videoschiedsrichter hätte der Treffer wohl nicht gezählt, da Marvin Compper bei der Balleroberung 25 Sekunden zuvor gefoult hatte. Zwayer hofft, dass die Spieler sich künftig fairer verhalten, weil nun deutlich mehr Regelverstöße gesehen werden. (mz)