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EM 2016 EM 2016: Portugal steht dank Cristiano Ronaldo im Finale

Von Matti Lieske 06.07.2016, 21:08
Cristiano Ronaldo nach seinem Tor gegen Wales.
Cristiano Ronaldo nach seinem Tor gegen Wales. Getty Images Europe

Lyon - Es war immer noch kein berauschendes Spiel der Portugiesen, aber ihr bestes bei dieser EM, und es genügte, um den wundersamen Höhenflug der Waliser zu beenden. „Take me home“ war deren Motto nach der 0:2-Niederlage in Lyon, eine Aussicht, gegen welche die Fans dreieinhalb Wochen lang erfolgreich angesungen hatten. Und eine schlechte Nachricht hatte die Partie auch für den Endspielgegner der Portugiesen zu bieten. Cristiano Ronaldo hat seine Normalform erreicht, und bis zur Topform ist es nicht mehr weit.

Der EM-Halbfinalrekord der Waliser war vor dieser Partie naturgemäß sehr viel besser als jener der Portugiesen. Sie hatten noch keines verloren. Die Portugiesen hingegen waren schon drei Mal als traurige Verlierer vom Platz gegangen, nur ein Mal konnten sie gewinnen, das war 2004 daheim in Lissabon gegen die Niederlande, das Führungstor beim 2:1 erzielte ein gewisser Cristiano Ronaldo.

Dafür verloren sie dann das Endspiel gegen Griechenland. Zwei Mal waren die Franzosen die Übeltäter, die Portugal am Endspieleinzig hinderten, 1984 mit einem 3:2 in einem begeisternden Match in Marseille , das Michel Platini in der 119. Minute entschied, 2000 in einem skandalösen in Brüssel, als ein von Zinédine Zidane zum Golden Goal verwandelter absurder Handelfmeter in der 117. Minute das Schicksal der Portugiesen besiegelte. 2012 gab es dann in Donezk die Niederlage gegen Spanien im Elfmeterschießen. Diesmal blieb ihnen ein solches Schicksal erspart.

Pepe fehlt angeschlagen

Während Wales wegen der unglücklichen Gelbe-Karten-Regelung auf die beiden Schlüsselspieler Ben Davies und Aaron Ramsey verzichten musste, fehlte bei Portugal nicht nur der ebenfalls gelbgesperrte Mittelfeldspieler William Carvalho, sondern auch Abwehrbollwerk Pepe wegen muskulärer Probleme im Oberschenkel, ein herber Verlust. Für den Verteidiger von Real Madrid kam erstmals Bruno Alves von Fenerbahçe Istanbul zum Einsatz, der einzige Feldspieler im Kader, der noch keine Minute bei dieser EM gespielt hatte.

Der bekam mit seinen Nebenleuten zunächst nicht viel zu tun, beide Teams waren bestrebt, den Ball im Mittelfeld erst mal eine Weile zu behalten, wenn sie ihn schon hatten. Bei den Walisern klappte das weniger gut, Portugal hatte einige Halbchancen, und James Collins Glück, dass der Schiedsrichter Jonas Eriksson seinen Schwitzkasten gegen Ronaldo bei einer Flanke mehr als Freundschaftsbezeugung deutete denn als böse Tat.

Wales tat erst mal nicht viel und hoffte offenbar darauf, früher oder später ein paar Ecken oder Freistöße zu bekommen, aus denen man Kapital schlagen könnte. In der 19. Minute war es fast soweit, als die Portugiesen ausgerechnet Gareth Bale nach einem Eckball mit einer neuen Variante völlig ungestört laufen ließen, der aber drüber schoss. Ronaldos Teamkollege bei Real Madrid fand nun langsam Gefallen am Spiel. Seine flache Eingabe verpasste Andy King nur knapp, danach absolvierte Bale einen Slalom über das halbe Feld, schoss aber genau auf Torhüter Rui Patricio.

Die Portugiesen hatten sich die Kritik an ihrer schlichten Spielweise offenbar doch zu Herzen genommen, Mitte der ersten Halbzeit führten sie einige sehr schöne Kombinationen und Aktionen auf, denen allerdings ein bisschen das Zielführende fehlte, um die Fünferkette der Waliser mit drei weiteren Abräumern direkt davor in die Bredouille zu bringen. Und bis dahin hatte Collins immer einen Fuß oder Kopf knapp vor Ronaldo am Ball, außer in der 44. Minute, als er gerade woanders zu tun hatte und Portugals Glamourknabe erstmals gefährlich und ohne Schwitzkasten zum Kopfball kam. Da fehlten nur ein paar Zentimeter Sprungkraft zur portugiesischen Führung.

Die dicht gestaffelte walisische Formation verhinderte auch, dass Neu-Bayer Renato Sanches, der sich die Füße wund lief, wie gewohnt zur Geltung kam. Kurz nach der Pause spielte er erst einen Pass zum Schiedsrichter, dann einen zum Gegner, bevor Ronaldo, der bis dahin schon sehr gut gespielt hatte, endgültig zu sich selbst fand.

Geschockte Waliser

Nach einer kurz ausgeführten Ecke setzte er diesmal beim Kopfball seine gesamte Sprungkraft ein, schwebte etwa zwei Stockwerke höher als alle Gegner im Strafraum und schmetterte den Ball zum 1:0 ins Tor (50.). Die geschockten Waliser taumelten nun wie angeschlagene Boxer über den Platz und kassierten prompt Treffer Nummer zwei. Nur drei Minuten nach seinem Monsterkopfball schoss Ronaldo den Ball flach in den Strafraum, die Fußspitze von Nani beförderte ihn ins Tor. Das Match war gelaufen, auch wenn die Portugiesen in ihrer kumulierenden Schlampigkeit noch einige brisante Angriffe zuließen. Und Gareth Bale? Sah kurz vor Schluss wegen gefährlichen Spiels noch die Gelbe Karte. Am Ende durfte er sich vom Real-Vereinskollegen trösten lassen: So wie Ronaldo schon Kroatiens Luka Modric Mitleid ausgedrückt hatte, so sensibel verabschiedete er auch Gareth Bale nach Hause.