DDR-Kulttrainer wird 75 Eduard Geyer wird 75: DDR-Kulttrainer brachte Energie Cottbus auf die Fußball-Landkarte
Cottbus - Als er endlich in der Beletage des deutschen Fußballs angekommen war, konnte sich Eduard Geyer einen seiner legendären Sprüche nicht verkneifen. „Die Bundesliga wollte mich nicht, also musste ich in die Bundesliga kommen“, sagte er nach dem Aufstieg mit Energie Cottbus vor mehr als 19 Jahren. Markant, sarkastisch und bisweilen auch ein wenig kauzig. So war Geyer als Trainer - und so ist er es auch zu seinem 75. Geburtstag, den er am Montag feiert.
In den damaligen Worten steckte auch ein wenig Trotz, wie Geyer im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur erklärt. Er hatte sich schon deutlich früher als erst im Jahr 2000 in der Bundesliga gewähnt.
„Das war schon verwunderlich für mich. Ich hatte Dynamo Dresden innerhalb von drei Jahren zur Meisterschaft geführt, wir waren 1989 im Halbfinale des Uefa-Pokals. Dann war ich Nationaltrainer und dachte mir, es wird sich schon ein Job in der Bundesliga finden. Doch der Schuss ging nach hinten los“, erinnert sich Geyer. Einer, der Ulf Kirsten und Matthias Sammer trainiert und mit groß gemacht hatte, stand plötzlich auf dem Abstellgleis.
DDR-Erfolgstrainer Ede Geyer stand nach der Wende im Abseits
Über Ungarn und Leipzig landete er 1994 schließlich in Cottbus. Dritte Liga, nicht gerade traumhaft. „Das ging dort mit dem Einmaleins des Fußballs los“, sagt Geyer und zählt gleich mal auf: „Wir hatten einen Trainer, einen Co-Trainer, den Präsidenten Dieter Krein, Geschäftsführer Klaus Stabach und eine Sekretärin. Wir hätten alle mit aufs Mannschaftsfoto gepasst. Damals gab es keine sechs Ernährungsberater.“
In der von der Wende gebeutelten Region träumten die Menschen nicht einmal vom Aufstieg in die 2. Liga - auch Geyer nicht. Trotzdem gelang es ihm, satte 57 Spiele in Serie ungeschlagen zu bleiben und im Dreisprung ging es nach oben: Drei Jahre Regionalliga, drei Jahre 2. Liga, drei Jahre Bundesliga. Erst im zehnten Jahr war Schluss, als Energie die erneute Drittklassigkeit drohte.
Geyers Arbeit in der Lausitz ist unvergessen. „Was Cottbus heute ist, haben wir erschaffen. Wir haben Fußball hoffähig gemacht und den Leuten in einer wirtschaftlich schwierigen Region Freude bereitet und Selbstverständnis gebracht. Der Fußball wurde zur Ersatzreligion“, sagt Geyer. Selbst heute in der Regionalliga interessiert Cottbus die Leute, weil man eben mal in der Bundesliga war.
Ede Geyer: Mit seiner Art und seinen Sprüchen wurde er Kult
Doch nicht nur Energie wurde landesweit bekannt, sondern vor allem auch Geyer. Dabei waren es nicht ausschließlich seine unterhaltsamen Interviews. Es waren seine Art, seine Aura. Geyer galt als der Inbegriff des knorrigen Schleifers. Ein wenig aus der Zeit gefallen, doch der Erfolg gab ihm Recht: „Natürlich hatten wir ein sehr umfangreiches Pensum, haben sehr hart trainiert. Das lag aber auch daran, dass ich oft Spieler hatte, die technisch nicht so gut waren. Die mussten dem Ball nach der Annahme erst fünf Meter hinterher sprinten und deshalb fit sein.“
Was der Trainer sagt, ist Gesetz. Das war und ist Geyers Maxime. „Ich habe natürlich auch mal den Mannschaftsrat gefragt. Aber wenn ein Spieler Butter mit drei t schreibt, dann braucht er mir bestimmt nicht den Fußball erklären“, sagt Geyer. Er war ein Unikat, er tat der Liga gut. Heute vermisst er die Typen im Trainer-Geschäft: „Wenn ich die Interviews von Trainern lese mit den immer gleichen Phrasen, dann ist das nicht der gelebte Fußball.“
Eduard Geyer: Stasi-Vergangenheit holte ihn ein
Natürlich, denkt Geyer heute manchmal, hätte er damals bisweilen die Klappe halten oder etwas weniger wie Rumpelstilzchen die Seitenlinie entlang toben sollen. Doch er bereut nichts. Warum auch? Schließlich hat er als Trainer sehr viel erreicht. Er holte Titel mit Dresden, war letzter Auswahlcoach der DDR, brachte Cottbus auf die Fußball-Landkarte sowie ins Pokalfinale und schlug sogar die Bayern.
Nur einmal musste Geyer klein beigeben. Im November 2018 gab er seine Ehrenspielführerschaft bei Dynamo Dresden zurück. „Zum Wohle des Vereins“, wie er erklärte. Geyer hatte seine Stasi-Vergangenheit einmal mehr eingeholt. Zu der hatte er bereits 1992 und 2000 Stellung bezogen. Aber das reichte seinen ehemaligen Mitspielern nicht, die auf Geyers Ausschluss drängten.
Ins Rudolf-Harbig-Stadion in Sachsens Landeshauptstadt geht er trotzdem noch. Und wenn am Wochenende nach seinem Ehrentag die große Party mit Familie und Freunden in der Wahlheimat Dresden steigt, dann „flimmert auch das eine oder andere Bild aus dem Fußball über die Leinwand“. (dpa)