Dokumentarfilm "Trainer!" Dokumentarfilm "Trainer!": Leben zwischen Motivation und Druck

Berlin/dpa - Erinnerungen an Jürgen Klinsmann und das WM-Sommermärchen von 2006 werden wach. Der damalige Teamchef der deutschen Fußball-Nationalelf feuert sein Team an: „Morgen brennt der Baum. Das lassen wir uns nicht nehmen, schon gar nicht von den Polen.“ Ähnlich formuliert es Frank Schmidt, Trainer des Drittligisten 1. FC Heidenheim. „Okay Männer, alles angerichtet. 90 Minuten Vollgasveranstaltung!“ Sätze, wie sie in deutschen Kabinen üblich sind, Sätze wie sie Tausende von Fußballtrainern gebrauchen.
Doch ein Trainerdasein macht nicht nur diese altbekannten Motivations-Floskeln aus. Trainer im Profibereich zu sein, bedeutet viel mehr. Das zeigt der Dokumentarfilm „Trainer!“ des Grimme-Preisträgers Aljoscha Pause, der von Donnerstag an in den Kinos zu sehen ist.
Nach seinem Erfolg der Langzeitdoku „Tom meets Zizou“ über den Profi Thomas Broich hat Pause über zehn Monate lang drei Trainer mit der Kamera begleitet: Den bereits erwähnten Frank Schmidt, Stephan Schmidt vom SC Paderborn und St. Paulis André Schubert. Herausgekommen ist dabei ein recht detailliertes Bild über die immer komplexeren Anforderungen des Trainerberufs.
Nicht neu aber doch sehr eindringlich bekommt der Zuschauer gezeigt, dass der Trainerberuf leicht vom Traumjob in einen Alptraum münden kann. Immer wieder geht es um den Druck, dem die Trainergilde durch die Öffentlichkeit von außen und den Vereinsoberen von innen unterliegt. „Wir werden jeden Tag öffentlich bewertet, wo gibt es das noch?“, fragt etwa der frühere Werder-Trainer Thomas Schaaf. Michael Oenning, der bis 2011 noch den Hamburger SV trainierte, stellte am Premieren-Abend in Berlin fest: „Wir werden öffentlich wie eine Sau durch die Stadt getrieben. Wir haben eine Medienpräsenz, die nicht gut tut.“
Auch BVB-Coach Jürgen Klopp, der neben Oenning, Hans Meyer, Armin Veh und Peter Neururer im Film zu Wort kommt, kritisiert die Boulevardisierung der Medien. „Alles wird viel zu schnell hochgekocht. Wenn heute ein Staatssekretär einen Bleistift klaut, muss anschließend der Ministerpräsident zurücktreten“, meint Klopp.
Die permanenten Drucksituationen und die gnadenlose Schnelllebigkeit des Geschäfts erleben auch die drei Protagonisten des Films. So hart es für die Betroffenen gewesen ist - „Trainer!“ kommt es zugute, dass gleich zwei Coaches das Ende der Spielzeit 2012/2013 nicht mehr im Amt erleben. St. Pauli entlässt Schubert bereits nach dem 7. Spieltag der 2. Liga, Stephan Schmidt muss in Paderborn zwei Spieltage vor Schluss gehen. „Für Aljoscha war mein frühes Aus sicherlich ein Glücksfall, so konnte er anschaulich zeigen, was in jemandem vorgeht, der entlassen wird“, sagt Schubert.
Anders als bei dem Film über den Spieler Broich, ist es Pause nur bedingt gelungen, ganz nah an die Personen heranzukommen und das mitunter perfide Spiel hinter den Kulissen der Fußballwelt zu beleuchten. Am besten geschieht dies im Fall Schubert. So schneidet der Filmemacher nach dessen Entlassung die unterschiedlichen Sichtweisen des Trainers derart gegen die Aussagen von Spielern und Vereinsfunktionären, das ein Streitbild entsteht.
Bemerkenswert ist auch die harsche, ungeschminkte Kritik des U-21-Nationalspielers Deniz Naki an Schubert und dessen Replik darauf. In diesen Momenten zeigt der Film wirklich „Dinge, die der Öffentlichkeit so nicht zugänglich sind“, wie Oenning lobte. Die „größte Intensität und Nähe“ war freilich bei Frank Schmidt in Heidenheim möglich, wie Pause selbst bemerkte. Schmidt verkörpert den Typ herzlich, aber brutal ehrgeizig. Selbst als seine Tochter nach vier Niederlagen beim Mau-Mau den Tränen nah ist, hält ihn das nicht davon ab, „auch noch das fünfte und sechste Spiel zu gewinnen“.
Auch das Drängen seiner Frau, doch bitte mehr Zeit für die Familie zu haben und wie die Nachbarn auch mal den Rasen zu mähen, kommt gegen seine Fußball-Leidenschaft nicht an. „Trainer - das ist das Beste, was mir passieren konnte.“