TV-Rechte DFL-Krise nach Stopp der Auktion und Streit mit DAZN
Die Auktion der TV-Rechte ist unterbrochen. Die Heftigkeit der Vorwürfe von DAZN lässt eine schnelle Einigung nicht erwarten. Es drohen juristische und finanzielle Probleme.
Berlin - Sportlich feiert die Fußball-Bundesliga wieder Europacup-Erfolge, doch finanziell rutscht sie immer tiefer in die Krise.
Nur wenige Wochen nach dem Aus des umstrittenen Investoren-Prozesses musste die Deutsche Fußball Liga auch ihr mit Abstand wichtigstes Projekt stoppen. Die Milliarden-Auktion der TV-Rechte wurde wegen eines Streits mit dem Online-Sender DAZN schon nach dem ersten Tag unterbrochen.
Wann und wie es nach dieser beispiellosen Auseinandersetzung mit einem der wichtigsten Geldgeber weitergeht, ist derzeit völlig offen. Neben dem jetzt schon entstandenen Imageschaden drohen langwierige juristische Auseinandersetzungen.
Nachdem sich DFL und DAZN in Briefen an die 36 Profivereine gegenseitig schwere Vorwürfe gemacht hatten, hielten sich die streitenden Parteien am Donnerstag öffentlich zurück. „Die DFL hat keinen Formfehler im laufenden Auktionsverfahren gemacht“, hieß es in einem Statement der Liga. „Die Vorwürfe von DAZN sind unzutreffend und werden von der DFL zurückgewiesen. Zu weiteren Details des Verfahrens wird die DFL mit Rücksicht auf die von allen Seiten – auch DAZN – vereinbarten und bindenden Verschwiegenheitsregeln derzeit keine Stellung nehmen.“ Zum weiteren Vorgehen und zum möglichen Neustart der Auktion wollte sich die DFL nicht äußern.
Streit um Bankgarantie
Zu der ungewöhnlichen Auseinandersetzung zwischen DFL und DAZN kam es bereits nach der ersten Runde der Auktion am Montag. DAZN hat nach eigenen Angaben beim Wettbieten um das Paket B das höchste Angebot abgeben, sollte aber kurzfristig eine Bankgarantie liefern. Das Unternehmen hat, wie es in einem Brief an die DFL-Geschäftsleitung und die 36 Clubs schreibt, wie bei der bisher letzten Ausschreibung „eine harte Patronatserklärung abgeben“.
Eine Bankbürgschaft wird von einer Bank ausgestellt, um für die Schulden eines Kunden einzustehen. Eine Patronatserklärung ist eine Zusage eines Dritten, für die Verbindlichkeiten einer Person oder Organisation einzustehen.
Weiter heißt es: „Trotz dieser zuvor akzeptierten Position verlangten Sie am Montag, den 15. April 2024, mitten im Ausschreibungsverfahren, innerhalb von 24 Stunden eine ganz konkrete Bankgarantie von DAZN – eine unmögliche Aufgabe.“ Aus dem Schreiben hatten zunächst „Bild“ und „Frankfurter Rundschau“ zitiert.
B ist das größte Paket mit den Spielen am Samstag um 15.30 Uhr und am Freitagabend sowie den Relegations-Partien. Dieses Paket enthält insgesamt 196 Live-Spiele. DAZN bekam im Wettbieten nicht den Zuschlag, trotz des nach Ansicht des Unternehmens „finanziell überlegenen Angebots“. Sky erhielt dem Vernehmen nach den Zuschlag, wollte sich dazu aber nicht äußern.
Verstoß gegen Kartellrecht?
Die Vergabe von Paket B verstoße gegen deutsches und europäisches Kartellrecht, schrieb DAZN an die Vereine. Das Streaming-Unternehmen hat deshalb das Bundeskartellamt eingeschaltet, das die Ausschreibung genehmigt hat und auch überwacht.
Die Behörde teilte mit: „Die Beteiligten haben in der Angelegenheit Kontakt zu uns aufgenommen. Zu dem laufenden Vorgang nehmen wir derzeit nicht Stellung.“ Wann und in welcher Form es eine Klärung des Kartellamtes gibt, ist nicht absehbar.
Im Moment ist schwer vorstellbar, dass die beiden Streitparteien wieder zueinanderfinden. Das Vertrauensverhältnis ist erschüttert. Zu deutlich war auch die Zurückweisung der DFL-Geschäftsführung, die den Clubs in Bezug auf das DAZN-Schreiben mitteilte: „Die hierin erhobenen Unterstellungen und Vorwürfe sind unzutreffend, haltlos und wir weisen sie in aller Deutlichkeit zurück.“ Das Schreiben der DAZN Group Limited enthalte „zudem eine Vielzahl von unrichtigen Darstellungen und Verkürzungen von Sachverhalten“, schrieben die DFL-Geschäftsführer.
Zeitdruck für die Liga
Die Bundesliga steht jetzt unter enormen Zeitdruck, denn die noch gültigen Verträge laufen am Ende der kommenden Saison aus. Derzeit nimmt die Liga durchschnittlich rund 1,1 Milliarden Euro pro Saison ein. Mehr als ein Viertel davon kommt von DAZN, das auch in der kommenden Saison die Freitags- und die Sonntagsspiele live übertragen darf.
Die Clubs müssen für ihre Planungen und vor allem für die langfristige Verpflichtung neuer Spieler möglichst bald wissen, wie viel Geld es für die Spielzeiten 2025/26 bis 2028/29 gibt. Dass es bereits in den nächsten Tagen mit der Auktion weitergeht, erscheint im Moment unwahrscheinlich.
Falls DAZN nach dem Ärger komplett aus dem Wettbieten aussteigt, steht die DFL sogar vor dem Dilemma, dass ein zahlungskräftiger Wettbewerber für die anderen Pay-TV-Pakete fehlt. Genauso problematisch wäre es für die Liga, wenn das Unternehmen den Streit vor Gericht bringt und ein langfristiger Rechtsstreit folgt.
Medien-Experte sieht viele Probleme
Der Medien-Wissenschaftler Michael Schaffrath sieht nach dem Stopp der TV-Rechte-Auktion schon jetzt vielfältige Probleme und sagte, die DFL produziere „erneut eigenartig irritierende Schlagzeilen“.
Der Professor der Technischen Universität München fügte an: „Und dass dies nun in aller Öffentlichkeit diskutiert wird, ist sicher kein Beleg für ein professionelles Kommunikationsmanagement und schadet zweifellos dem Image.“
Der Leiter des Arbeitsbereichs für Medien und Kommunikation sagte weiter: „Langwierige juristische Auseinandersetzungen wären fatal und kontraproduktiv für den gesamten Ausschreibungsprozess, denn sowohl die Sender als auch die DFL brauchen zügig Planungssicherheit.“