Fußball der Frauen Bundesliga-Boom: Darf's auch ein bisschen schneller sein?
Die am Freitag startende Bundesliga der Fußballerinnen will weiter wachsen. Vorbild sind die USA, die allerdings einen völlig anderen Weg gehen – und den deutschen kritisieren.
Berlin - Dass in den USA ein etwas anderer Fußball gespielt wird, fiel Ann-Katrin Berger früh auf. „Da muss man schneller denken als in England, sonst gibt's was auf die Füße“, erzählt die deutsche Olympia-Heldin, die seit April für NJ/NY Gotham FC in der vielgepriesenen US-Profiliga aufläuft. Im Land des Olympiasiegers, Vorbild auch für den deutschen Frauenfußball, gehe es physischer zu. Und noch etwas sei anders, sagt die frühere Torhüterin des FC Chelsea: „Wir haben keine Männermannschaft, wir sind unabhängig. Das merkt man, das macht Spaß. Der Fokus liegt auf uns.“
Anders als hierzulande, wo der Deutsche Fußball-Bund die Belange der am Freitag beginnenden Bundesliga regelt, reicht die Unabhängigkeit in den USA bis zu den Entscheiderinnen. „Wir sind komplett eigenständig, was das Operative und Finanzielle angeht“, betont Tatjana Haenni, die aus der Schweiz stammende Sportdirektorin der National Women's Soccer League.
Die mit einem 70-köpfigen Team ausgestattete NWSL organisiere die Liga, der Gesamtverband kümmere sich ums Nationalteam. Ein Modell, das die frühere UEFA- und FIFA-Funktionärin Haenni auch den Deutschen empfiehlt: „Dass der DFB den Clubfußball zwanghaft bei sich halten will, ist einfach falsch.“
Gemeinsam mit den Vereinen sucht der DFB gerade nach Lösungen, um die Bundesliga weiter zu professionalisieren, sie flotter zu machen für den globalen Wettbewerb um Sichtbarkeit und um die besten Kickerinnen. Zur Saison 2025/2026 wird die Liga von 12 auf 14 Teams aufgestockt. Wohl auch qua Amt steht für DFB-Geschäftsführer Holger Blask fest, dass die Liga derzeit nur mithilfe des Verbands wachsen kann. „Weil gerade wir beim Frauenfußball erkennen, dass es da eine unheimliche Synergie gibt.“ So profitiere etwa die Bundesliga enorm von der Strahlkraft des DFB-Teams um Kapitänin Alexandra Popp.
Zuletzt meldeten beide Ligen Rekordzahlen
Zwei Länder, zwei Ligen, zwei Ansätze, international ganz vorn wollen beide stehen, sagen Haenni wie Blask. Wachstumsschübe und Rekordzahlen vermeldeten beide zuletzt ebenfalls. Heraus ragt vor allem der im November publik gewordene TV-Deal der NWSL: 240 Millionen Dollar (rund 215 Millionen Euro) fließen über vier Jahre. Die Bundesliga streicht jährlich schmale 5,17 Millionen Euro ein, und trotzdem so viel wie nie zuvor.
„Rekorde, Rekorde, Rekorde“, hieß es auch in dem im März veröffentlichten DFB-Saisonreport für die Spielzeit 2022/2023, als 2.723 Fans pro Spiel kamen – eine Steigerung von mehr als 300 Prozent zur vorherigen Runde. Nochmal 8.000 mehr schauten vergangene Saison durchschnittlich in der NWSL zu, deren Clubs überwiegend in großen Arenen antreten. „Weil die Zeiten der kleinen College-Sportplätze vorbei sind“, wie Haenni sagt. Was wiederum nicht für die Bundesliga gilt, in der auch Meister FC Bayern und Vize VfL Wolfsburg nur in Ausnahmefällen die Arenen der Männer nutzen.
Blask: „Wollen nicht drei Jahre warten“
Ausruhen dürfe man sich trotz vergangener Erfolge nicht, sagt Blask, der beim DFB eher zu den Tempomachern zählt. „Eine dynamisch wachsende Sportart“ sei der Fußball der Frauen, „aber wir wollen nicht drei Jahre warten auf den nächsten Schritt, sondern jetzt die Weichen stellen.“ Es erfordere ein hohes Maß an Investitionen, „um die Frauen-Bundesliga nochmal auf ein ganz anderes Level zu bringen.“
Die „Süddeutsche Zeitung“ schrieb von schätzungsweise 100 Millionen Euro, die in den kommenden zehn Jahren nötig seien, unter anderem um die Infrastruktur der Stadien zu verbessern. Belastbare Zahlen gebe es aber noch keine, teilte Blask der dpa mit, die Investitionsmaßnahmen seien noch nicht final mit den Clubs abgestimmt und beschlossen.
Eine Schwierigkeit liegt darin, organisatorisch und infrastrukturell komplett unterschiedlich aufgestellte Clubs wie etwa die beiden Auftaktgegner Potsdam und München auf einheitliche Maßnahmen zu verpflichten. 11:1 für Bayern endete das bislang letzte Bundesliga-Treffen beider Clubs im Mai 2023. „Das ist ein potenziell großer Hebel, das auf ein Level zu bringen“, sagt Blask, „miteinander auszumachen, was in welcher Geschwindigkeit der richtige Schritt ist, um die Liga zu entwickeln. Diese Diskussion läuft.“
Der DFB? „Alt, verkrustet, politisch“
Sie schätze Blask, den DFB und die Ambitionen. „Da wird sicher viel richtig und gut gemacht“, sagt Haenni, „aber es geht ja auch darum, wie die Außenwelt, die Fans, die Medien, die Wirtschaft reagieren. Und da ist die Meinung über den DFB wie über viele Verbände: alt, verkrustet, politisch. Wie will man in so einem Umfeld als dynamisch, modern, start-up-mäßig und frauenfußballfreundlich rüberkommen?“
So offensiv formuliert das in Deutschland kaum jemand, noch gilt der amerikanische Weg als unpassend für die Bundesliga. „Die USA haben ein vollkommen anderes Modell, eine andere Kultur. Den Vergleich finde ich deshalb etwas schwierig“, sagte etwa Bayern Münchens Fußballchefin Bianca Rech vor dem Supercup gegen Wolfsburg (1:0), „aber es ist wichtig, dass Verantwortliche an Bord sind, die sich zu 100 Prozent für den Frauenfußball engagieren. Ob das gemeinsam ist oder alleine, das wird sich in den nächsten Jahren zeigen.“