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Lok gegen BSG Chemie BSG Chemie Leipzig gegen Lok Leipzig: Stadtderby lässt Emotionen hochkochen

Von Ullrich Krömer 13.11.2016, 08:31
Eine Ankündigung für das Derby an einer Leipziger Hauswand.
Eine Ankündigung für das Derby an einer Leipziger Hauswand. dpa

Leipzig - Die grünen Puppen baumelten am Donnerstagmorgen an allen großen Zufahrtsstraßen in und um Leipzig. Etwa 30 Torsos – grün bemalte und mit Stroh gefüllte Maleranzüge – waren an Eisenbahn-, Autobahnbrücken und Bundesstraßen aufgeknüpft.

Viele versehen mit einem großen „C“, dem Logo von Chemie Leipzig oder Aufschriften wie „Ultra 54/64“ oder der Jahreszahl „1964“ – dem Jahr, als Chemie DDR-Meister wurde und über Lok-Vorgänger SC Leipzig triumphierte. Ursprung der innigen Feindschaft. Sogar in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen wurden präparierte Puppen sicher gestellt.

Chemie-Trainer Dietmar Demuth: grüne Puppen sind geschmacklos

Eine „Geschmacklosigkeit“ nannte Chemie-Trainer Dietmar Demuth die Provokation, die wohl Lok-Chaoten zugerechnet werden muss. Als „hirnrissig“ ächtete Lok-Präsident Jens Kesseler die Tat. Noch ist unklar, wer konkret dafür verantwortlich ist. Die Polizei ermittelt.

Spätestens durch diese Hass-Aktion ist das Derby zwischen den Leipziger Traditions-Klubs BSG Chemie Leipzig und dem 1. FC Lokomotive auch wieder überregional präsent. Am Sonntag stehen sich beide Klubs erstmals seit 31 Jahren wieder unter ihren ursprünglichen Namen gegenüber.

Viertelfinale im sächsischen Landespokal bundesweit im Fokus

Unter sportlichem Aspekt wäre das Duell im Viertelfinale im sächsischen Landespokal zwischen den fünftklassigen Leutzschern und dem Viertligisten aus Leipzig-Probstheida in der bundesweiten Berichterstattung bestenfalls eine Randnotiz. Doch es ist die Brisanz dieses Spiels, die die Partie am Länderspielwochenende bundesweit in den Fokus rückt.

Denn der Hass der Fan-Gruppierungen untereinander bestimmt noch immer auch die Klub-Politik. Eine gemeinsam geplante Erklärung beider Vereine wurde wegen diverser Störfeuer vor allem von Seiten gewaltbereiter Lok-Fans fürs Erste auf Eis gelegt.

Fans von Lok Leipzig stürmen Alfred-Kunze-Sportpark

Bereits am vergangenen Wochenende waren vermummte Anhänger der Fanszene Lok in den Alfred-Kunze-Sportpark eingedrungen und hatten im Wohnzimmer des Feindes in martialischer Pose Aufstellung genommen und skandiert: „Wir sind die Krieger, wir sind die Fans, Lokomotive-Hooligans.“

Die Leipziger Polizei rechnet am Spieltag mit „je 200 bis 500 Personen“, die als gewaltbereit und gewaltsuchend gelten. Bei 4.999 Fans, die in den maroden Alfred-Kunze-Sportpark eingelassen werden – darunter 750 Lok-Fans –, ein gewaltiger Anteil.

Das Duell wird von einem Polizei-Großaufgebot abgesichert. Bei dem Hochsicherheitsspiel sind mehrere Hundertschaften sowie Hubschrauber und eine Pferdestaffel im Einsatz. Das Gebiet rund um den Alfred-Kunze-Sportpark wird weiträumig abgesperrt.

Lok Leipzig und Chemie Leipzig: unverholene Feindschaft

Andreas Loepki von der Polizeidirektion Leipzig spricht von einer „unverhohlenen Feindschaft“ zwischen den gewaltbereiten Gruppen beider Fan-Lager. „Negativ bestärkend“ sei, „dass sich genau dieses Klientel in politisch entgegengesetzten Sphären bewegt“, so der Polizeisprecher.

„Die Ultraszene der BSG sieht sich als linkspolitisch und beteiligt sich an entsprechenden Versammlungslagen.“ Der betreffende Teil der Lok-Fans sei „hingegen im rechten Milieu verhaftet“.

Sperrzone rund um das Stadion

Aus diesen Gründen haben Polizei, Stadt, Vereine und Leipziger Fanprojekt in drei Sicherheitskonferenzen einen großen Aufwand betrieben, um das Gefahrenpotenzial zu minimieren. Rund um das Stadion wird am Sonntag eine Sperrzone errichtet, die nur Personen mit Eintrittskarte passieren dürfen.

Gegen 150 polizeibekannte Gewalttäter aus dem Lok-Umfeld, die dort zumeist mit Stadionverbot belegt sind, wurde ein Aufenthaltsverbot verhängt. Ein Fan-Marsch der Lok-Anhänger wurde verboten. Die Anreise für die „Blau-Gelben“ ist nur mit Bus-Shuttles möglich.

MDR überträgt Spiel BSG Chemie Leipzig gegen Lok Leipzig

Lok-Chef Kesseler hofft nun ebenso wie sein Kollege Frank Kühne, Vorstandsboss der BSG Chemie, dennoch auf ein friedliches Spiel. „Wir schätzen uns als gelebte Rivalen“, sagt Kesseler. „Aber diese Rivalität sollte trotz aller Emotionen auf dem Rasen und auf den Rängen friedlich ausgetragen werden.“

Das Spiel beginnt Sonntag, 13 Uhr, ab 12.20 Uhr überträgt der MDR. (mz)

Diese Puppe hing an einer Brücke in Leipzig-Wiederitzsch.
Diese Puppe hing an einer Brücke in Leipzig-Wiederitzsch.
Marcel Murche