Brasilien gegen Deutschland ausgeschieden Brasilien gegen Deutschland ausgeschieden: DFB-Elf nach 7:1-Sieg im WM-Finale

Belo Horizonte - Findige Statistiker haben herausgefunden, dass die deutsche Nationalmannschaft sich bei großen Turnieren schon vor dem WM-Halbfinale gegen Brasilien einen unrühmlichen Ruf als Spielverderber erworben hatte, der am Dienstag beim 7:1 (5:0) vor einer in ihrer großen Mehrheit tief geschockten Kulisse in Belo Horizonte glorreich zementiert wurde. Damit verabschiedeten die Deutschen bei Weltmeisterschaften nunmehr bereits fünf Gastgeber aus dem Turnier. Aber noch nie zuvor war es zu einer derartigen Vorführung, Bloßstellung und Demütigung für einen Gastgeber gekommen.
Bundestrainer Joachim Löw hatte schon vor dem vermeintlichen Hochspannungsspiel bei perfekten äußeren Bedingungen sein unerschütterliches Selbstbewusstsein formuliert, ganz so, als sei der Sieg so sicher wie der Sonnenaufgang am nächsten Tag: „Unser gemeinsames Projekt ist noch nicht zu Ende.“ Der Fachmann sollte Recht behalten: Am Dienstag konnte das DFB-Team seiner Tradition als gnadenloser Fetenkiller einen weiteren Eintrag mit Sternchen ins Berichtsheft hinzufügen und steht somit zum achten Mal in einem WM-Finale, diesmal am Sonntag in Rio de Janeiro gegen den Sieger aus dem zweiten Halbfinale Niederlande oder Argentinien.
Es war ein noch nie dagewesenes Debakel, eine furchtbare Schmach für die stolze Fußballnation Brasilien, deren Seleção, noch dazu im Heimatland, von den unnachgiebigen Deutschen binnen 18 Minuten derart in Einzelteile zerlegt wurde, wie es der Weltfußball noch nie erlebt hat. 5:0 stand es schon zur Pause, so hoch hatte Deutschland noch nie zuvor in einer WM-Endrunde zu diesem Zeitpunkt geführt.
Dabei war es schier unfassbar, wie einfach es die völlig außer Rand und Band geratenen Gastgeber dem DFB-Team machten, das in chirurgischer Präzision in aller Ruhe das Seziermesser ansetzte und tiefe Schnitte und klaffende Wunden in der brasilianischen Verteidigung hinterließ. Es war geradezu unwirklich anzusehen, wie nacheinander Thomas Müller, nach einer Ecke blank am Fünfmeterraum gelassen, der neue WM-Rekordtorschütze Miroslav Klose, der überragende Toni Kroos erst mit links und dann mit rechts und schließlich der Kroos kaum nachstehende Sami Khedira in der 11., 23., 24., 25. und 29. Minute trafen. Die Brasilianer waren nur noch bemitleidenswerte Nervenbündel. Manche Zuschauer weinten bitterlich.
Schon vor dem Anpfiff stand fest, dass Deutschland nach dieser WM den noch ein paar Tage lang amtierenden Weltmeister Spanien von Platz eins der Weltrangliste verdrängt haben würde. Eine schöne Statistik, die aber Löw am Tag der Entscheidung nicht einmal ein müdes Lächeln abgewinnen konnte. „Ist für mich im Moment nicht sonderlich relevant“, ließ der Bundestrainer kühl wissen und bastelte lieber an Taktik und Personal. Mutmaßungen, das Mönchengladbacher Perpetuum Mobile Christoph Kramer würde in die deutsche Startelf rücken, bestätigten sich dabei keineswegs. Löw baute erwartungsgemäß auf dieselbe Startelf wie im Viertelfinale gegen Frankreich. Löw besaß dann aber zur Pause die Größe und das Einfühlungsvermögen, Per Mertesacker als prominentes Opfer der leidigen Lahm-Debatte für Mats Hummels einzuwechseln.
In der örtlichen Presse waren die Gäste im Mann-gegen-Mann-Vergleich präzise als 7:5-Favorit errechnet worden. Der Respekt vor den Deutschen war im ganzen Land riesig. Die Begeisterung und die Erwartungshaltung allerdings selbstverständlich auch. Aber nachdem der von Beginn an konsequente Schiedsrichter Marco Rodríguez die Partie angepfiffen hatte und die DFB-Elf eine allseits erwartete, allerdings nur fünf Minuten anhaltende brasilianische Drangperiode überstanden hatte, wurde es ein desaströses, schauderhaftes Sportereignis für Brasilien.
Löw hatte zuvor zwar öffentlich gemutmaßt, durch die Ausfälle von Kapitän Thiago Silva und Stürmer Neymar sei „unsere Aufgabe nicht leichter geworden ist, eher im Gegenteil“. Aber das war natürlich nur eine taktische Aussage, um nicht respektlos zu wirken und die Brasilianer nicht noch zusätzlich zu motivieren. Man stelle sich vor, bei Deutschland wären Philipp Lahm und Thomas Müller ausfallen – natürlich wäre die Mannschaft dadurch erheblich geschwächt. Und nicht anders erging es auch den Gastgebern, die die beiden fehlenden dominanten Figuren durch den zuvor noch gar nicht zum Einsatz gekommenen Dante und den klitzekleinen, im Spielort Belo Horizonte aufgewachsenen Bernard ersetzten.
Erschütternd war vor allem, wie komplett unorganisiert die WM-Gastgeber in der Defensive zu Werke gingen. Die Abwehr ein Torso, das Mittelfeld gar nicht vorhanden, Sami Khedira und Toni Kroos konnten tun und lassen, was ihnen beliebte, und ihnen beliebte eine ganze Menge. Sie spielten sich das Bällchen hin und her, als würden auf der Gegnerseite Schulbuben im Vorschulalter herumlaufen. Und so ähnlich dürften sich die Brasilianer auch gefühlt haben, die nun am Samstag zum Spiel um Platz drei nach Brasilia reisen müssen.
Die Deutschen hatten vor der Partie an den mexikanischen Referee appelliert, angesichts des gefürchtet körperlichen Spiels der Brasilianer Strenge walten zu lassen. „Härte gehört definitiv zu deren Spielweise. Darauf müssen wir eingestellt sein, aber auch die Schiedsrichter“, sagte Bastian Schweinsteiger. „Diese ganz, ganz brutalen Einsätze müssen unterbunden werden“, ergänzte Löw, „ich hoffe, dass unser Unparteiischer Marco Rodríguez diese Dinge ahnden wird.“ Aber das war gar nicht nötig, weil die wie von Sinnen agierende Seleção so selten überhaupt in die Nähe des Balls kam.
Nach der Pause verloren die Deutschen allerdings ihre Souveränität in zeitweise erschreckendem Maße. Aber bei einigen klarsten brasilianischen Chancen zeigte dann Manuel Neuer, der Torwartheld, in aller Seelenruhe, dass er der Beste seines Fachs ist. Und die deutschen Fans sangen wenig einfühlsam: „Ihr seid nur ein Karnevalsvereins.“ Zum Glück ohne Übersetzung.