Champions League Adiós und tschüss: Kroos oder Reus vor triumphalem Abschied
Eine deutsche Fußballgröße gewinnt zum Abschied auf jeden Fall den wichtigsten Pokal im Clubfußball. Für Marco Reus könnte es die späte Krönung der Karriere werden, für Toni Kroos ein weiterer Titel.
London - Vorhang auf und Bühne frei für einen letzten großen Auftritt. Für die finale Vorstellung im schneeweißen und schwarz-gelben Trikot könnte es für Toni Kroos und Marco Reus keinen pompöseren Rahmen geben als das Champions-League-Finale in der Kathedrale des europäischen Fußballs: dem Londoner Wembley-Stadion.
Borussia Dortmund fordert dort am Samstag (21.00 Uhr/ZDF und DAZN) den größten Verein der Welt Real Madrid heraus. Knapp 90,000 Zuschauer in Wembley und rund eine halbe Milliarde Menschen weltweit vor den Fernsehern schauen zu, wenn die Vereinslegenden Kroos (Real) und Reus (BVB) ihr letztes Spiel für ihre Clubs absolvieren.
„Ehrlich gesagt, denke ich dabei sehr wenig an mich. Es ist das wichtigste Spiel überhaupt für die gesamte Mannschaft und das wollen wir erfolgreich bestreiten“, sagte Kroos vor dem Finale, dem noch ein Highlight folgt, ehe seine große Karriere endgültig endet. „Natürlich ist es mein letztes Spiel für Real Madrid, aber danach kommt ja noch die Europameisterschaft mit Deutschland“, sagte der 34 Jahre alte Weltmeister von 2014.
Am vergangenen Samstag bereits hatte Kroos bei seinem letzten Heim-Auftritt im Bernabéu-Stadion einen Abschied wie kaum ein anderer Real-Spieler vor ihm erlebt. „Gracias Leyenda“ (Danke, Legende) stand auf einem riesigen Plakat, die Mitspieler warfen ihn nach dem 0:0 gegen Betis Sevilla in die Höhe und die Fans huldigten ihm durchgängig. Bei Kroos flossen die Tränen. „Es war toll, ich habe es genossen und versuche es jetzt natürlich erst einmal ganz bewusst wegzuschieben, weil jetzt das Sportliche im Vordergrund stehen muss“, sagte Kroos bei DAZN.
„Geschichte“ Kroos: Unglaubliche 22 Titel in zehn Jahren
Unglaubliche 22 Titel in zehn Jahren gewann der Mittelfeld-Maestro mit den Königlichen. Als Favorit am Samstag mit Real ist die Wahrscheinlichkeit auf den 23. nicht gering. Es wäre sein fünfter Champions-League-Titel mit den Königlichen seit seinem Wechsel 2014 vom FC Bayern. „Ich hoffe, dass er noch einmal die Champions League gewinnen kann“, sagte Real-Coach Carlo Ancelotti. „Aber die Karriere von Toni Kroos braucht nicht noch einen Champions-League-Sieg mehr, um in die Geschichte einzugehen. Er ist bereits Geschichte.“
Indes wurde der gebürtige Greifswalder unter anderem von Ancelotti bereits für den Ballon d'or - die Auszeichnung des besten Spielers der Welt - ins Spiel gebracht. Sollte Kroos am Samstag zum bislang sechsten Mal (2013 gewann er die Königsklasse mit den Bayern) den Henkelpott in Londons Nachthimmel recken, würden seine Chancen darauf steigen. „Ich unterschreibe sofort, dass wir das Champions-League-Finale gewinnen, ich danach noch die Copa América und dass der Ballon d'Or danach an Toni Kroos geht“, sagte Teamkollege Vinicius Junior, der gemeinhin als Favorit auf die Individual-Auszeichnung gilt.
Angesichts der imposanten Trophäensammlung appellierte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl bereits nicht ganz ernst gemeint an Kroos. „Toni hat genug Titel gewonnen. Vielleicht kann er auf diesen einen noch verzichten“, sagte Kehl. „Ich würde es Marco wünschen.“
Unvollendeter Reus
Denn so vollkommen die Karriere von Kroos erscheint, so unvollendet scheint die von Reus. Einer der besten deutschen Fußballer der Neuzeit - Legende sowohl bei seinem vorherigen Club Borussia Mönchengladbach als auch bei seinem Heimatclub Borussia Dortmund - war viel zu oft verletzt, um mehr Titel als die beiden Pokalsiege mit dem BVB zu feiern. Die WM 2014 und den Titel verpasste der Offensivspieler wegen einer Verletzung im letzten Testspiel. Hinzu kommen die verlorenen Dortmunder Endspiele in der Champions League 2013 (FC Bayern), im DFB-Pokal 2014 (FC Bayern), 2015 (Wolfsburg) und 2016 (FC Bayern) sowie die im vergangenen Sommer am letzten Spieltag verspielte Meisterschaft.
„Ich glaube, dass er noch nicht fertig ist“, sagte BVB-Coach Edin Terzic über seinen früheren Kapitän, der nach Ablauf seines Vertrags in einem Monat anders als Kroos seine Karriere im Ausland fortsetzen möchte. Seinen emotionalen Abschied hatte Reus vor vier Wochen beim 5:1 gegen den FC Augsburg, als er wenige Tage nach seiner Abschiedsverkündung überragte. Sein endgültig letztes Spiel folgt nun am Samstag. „Ich wünsche ihm noch einen emotionalen letzten Tag. Dass wir auch für ihn noch diesen Titel holen“, sagte Kehl. „Es wäre doch 'ne coole Geschichte, wenn er am Ende auch noch das Siegtor schießt.“
Dabei spielt Reus nicht mehr die zentrale Rolle wie etwa Kroos, der scheinbar auf dem Zenit seines Könnens 'adiós' sagt. Dass der am Freitag 35 Jahre alte Reus aber im Laufe des Spiels zum Einsatz kommt, ist klar. „Ich brauche Marco am Samstag. Ich brauche seine Qualitäten“, sagte Terzic.
Noch keine Entscheidung bei Hummels und Modric
Noch nicht entschieden ist die Zukunft zwei weiterer internationaler Größen. Auch für Reus' Teamkollegen Mats Hummels (35) könnte der Auftritt in Wembley der Letzte im BVB-Dress sein. Sollte es keine Verlängerung seines auslaufenden Vertrags mehr geben, so wird auch Hummels wohl „ins nahe europäische Ausland“ wechseln, deutete der Weltmeister von 2014 zuletzt im „Sport Bild“-Interview an.
Auch beim bereits 38 Jahre alten Real-Star Luka Modric ist die Situation zumindest offiziell noch nicht geklärt. „Ich kann noch nichts dazu sagen“, sagte der Kroate zuletzt, deutete aber an, noch ein Jahr weiterzumachen. „Ich möchte einen Abschied wie Toni Kroos.“ Gemeint war damit das Benabéu und nicht Wembley.