Hildebrands Olympia-Debakel Franziska Hildebrand über ihr Olympia-Debakel: "Ich habe drei Tage lang fast nur geheult"
Halle/Ruhpolding - Inzwischen ist die tiefe Traurigkeit verflogen. Vielleicht ist sie aber auch nur verdrängt vom Alltag. „Ich trainiere. Was soll ich denn sonst anderes tun?“, fragt Franziska Hildebrand. Die Biathletin zieht in Ruhpolding ihr Programm durch. In der kommenden Woche stehen die Wettbewerbe in Kontiolahti (Finnland) auf dem Programm. Zwei weitere Weltcups folgen. Erst am Monatsende ist die Saison der Biathleten vorbei.
Aber irgendwie ist der Winter für die Köthenerin doch schon gelaufen. Seit dem desaströsen Staffel-Rennen der deutschen Frauen mit Platz acht bei den Winterspielen in Pyeongchang steht fest: Die 30-Jährige wird in ihrer Karriere keine Olympiamedaille mehr gewinnen. Die Enttäuschung darüber hatte sie lange begleitet. „Ich habe drei Tage lang fast nur geheult, so wie noch nie nach Niederlagen“, erzählt Franziska Hildebrand. Und bei aller Selbstkritik, die im Zuge der Analyse des Scheiterns fällig war - „Natürlich war es blöd, dass auch ich eine Strafrunde geschossen habe“ - macht die sonst so Stille ihrem Herzen Luft.
Hildebrand kritisiert auch Cheftrainer Gerald Hönig
Mit Kritik an Cheftrainer Gerald Hönig. „Ich hätte die Staffel anders aufgestellt und das Goldquartett von 2017 laufen lassen“, sagt Hildebrand. Bei der WM in Hochfilzen hatten damals Vanessa Hinz, Maren Hammerschmidt, Hildebrand und Laura Dahlmeier den Wettbewerb dominiert. Hönig entschied sich in Südkorea aber für Franziska Preuß und Denise Herrmann auf den ersten beiden Positionen, vertraute auf die Siegerstaffel des Weltcups von Antholz in diesem Winter. Der Plan ging schief, weil bereits Startläuferin Preuß die Nerven verlor. Wie schon vor vier Jahren in Sotschi, wo die Damen als Elfte eingekommen waren.
„Ich habe das Drama gar nicht mitbekommen, weil ich mich vorbereitet hatte und in meinem Tunnel war“, erzählt Franziska Hildebrand. „Als ich dann vor meinem Start an die Anzeigetafel geschaut habe, war es wie ein Déjà-vu von Sotschi. Ich dachte: ,Das darf nicht wahr sein.‘ Am liebsten wäre ich gar nicht losgelaufen, hätte gleich geheult.“
Franziska Hildebrand geht hart mit Kollegin Preuß ins Gericht
Was sie grämt: Alle wussten um das labile Nervenkostüm von Preuß. „Und dann hat unsere zweite Läuferin noch unheimlich viel Zeit am Schießstand gelassen“, so Hildebrand zum nächsten Ärgernis, das Denise Herrmann produziert hatte. Hildebrand übernahm nach jeweils einer Strafrunde ihrer Vorgängerinnen mit 1:35 Minuten Rückstand auf Platz eins, schoss ebenfalls eine Strafrunde. Als sie auf Dahlmeier wechselte, betrug der Rückstand auf Gold 1:12 Minuten. Schwedens Star Hanna Oeberg lag da 59 Sekunden auf die Spitze zurück. Die holte auf und wurde Zweite, Dahlmeier büßte auf die Schwedin eine halbe Minute ein. Von wegen, bei Wechsel drei wäre eh nichts mehr drin gewesen.
Dahlmeier fehlten Reserven. Sie war ja zuvor die Mixed-Staffel gelaufen. „Wir waren sechs Mädels, alle hätten einen Staffel-Einsatz bekommen können“, meint Hildebrand. Hammerschmidt blieb außen vor. Musste das sein? Dahlmeier hätte im Mixed geschont werden können. Was nicht geschah, weil sie zum Super-Star mit so vielen Medaillen wie möglich aufsteigen sollte. Was Hildebrand ärgert: „Wir Sportlerinnen wurden zu Aufstellungen nicht befragt.“ Und Hönig wurde nicht hinterfragt.
(mz)