Fans der Ultra-Szene Fans der Ultra-Szene: "Gemeinsame Sache mit Hooligans"
Köln - Nach der Massenschlägerei befeindeter Fußball-Fanclubs in der Kölner Innenstadt rätseln Politiker, Vereine und Polizei gleichermaßen, wie man derlei Gewalt-Eskalationen künftig verhindern kann. Der Politologe und Fanforscher Jonas Gabler spricht über eine Szene im Umbruch.
Herr Gabler, an den Ausschreitungen in Köln am Samstag waren offenbar Ultras und Hooligans beteiligt. Wie unterscheiden sich diese Gruppierungen?
Jonas Gabler: Bis zu den 80er Jahren waren die Hooligans vor allem in den Stadien aktiv, dann hat sich ihr Betätigungsfeld sukzessive verschoben weg von den Stadien, hin zu unbeobachteten Orten. Dafür sind die Ultras dann in den 90er und 2000er Jahren mehr in den Fokus gerückt, bei denen Gewalt keine übergeordnete Rolle gespielt hat. Beide Phänomene waren an den meisten Standorten eigentlich getrennt voneinander, das scheint sich derzeit zu ändern.
Inwiefern?
Gabler: In den letzten Jahren haben sich die Ultra-Gruppen immer mehr ausdifferenziert. Auf der einen Seite diejenigen, für die die Unterstützung der Mannschaft im Stadion im Fokus steht, auf der anderen Seite die gewaltaffineren. Diese machen jetzt offenbar auch gemeinsame Sache mit dem Hooligan-Nachwuchs.
Was bedeutet das für die Zukunft? Werden solche Ausschreitungen zunehmen?
Gabler: Das ist schwer zu beantworten. Die Frage ist, ob durch die Vermischung der Gruppen das Potenzial der Menschen steigt, die zu solchen Aktionen wie am Samstag bereit sind. Man muss darüber hinaus festhalten: Den meisten Ultras geht es tatsächlich um Fußball.
Wie kann man das Phänomen Gewalt und Fußball in den Griff bekommen?
Gabler: Ultras wollen sich in erster Linie selbst darstellen. Das sind meistens junge Leute, die sich noch selber finden müssen. Man muss ihnen aufzeigen, dass es andere Möglichkeiten als Schlägereien gibt, sich körperlich zu betätigen und Anerkennung zu erfahren. Das können Choreographien im Stadion sein oder andere friedliche Erlebnisse. Das ist eine wichtige, sozialpädagogische Aufgabe.
Der 1. FC Köln steht seit 1,5 Jahren im Dialog mit allen Fangruppen. Ist die Schlägerei ein Rückschlag?
Gabler: Das ist zum Glück der erste Vorfall dieser Art seit langer Zeit. Aber wenn sich Anhänger im Rahmen eines Freundschaftsspiels auf diese Art und Weise schlagen, ist das ein herber Rückschlag.
Das Gespräch führte Brian Schneider