Der Frauen-Versteher Der Frauen-Versteher: René Spandauw unterschreibt bei den SV Halle Lions
Halle (Saale) - Der Mann kennt sich wirklich aus mit dem vermeintlich schwachen Geschlecht. „Frauen sind kompliziert, jedenfalls komplizierter als Männer. Jede möchte merken, dass du dich wirklich für sie und ihre Probleme interessierst. Dann kannst du sie begeistern“, sagt René Spandauw.
Der baumlange Kahlkopf steht im VIP-Raum der Erdgas Arena und schaut offenherzig in die Runde. Soeben hat er für Fotografen und Kameraleute einen Zweijahresvertrag bei den SV Halle Lions unterzeichnet.
Spandauw weiß genau wie Frauen-Mannschaften ticken. Das Binnenklima ist oft eine fragile Angelegenheit. „Da kann es untereinander schon zu Spannungen kommen. Unter Männern bauen die sich viel schneller und unkomplizierter ab“, sagt der Holländer, der immerhin seit 20 Jahren mit Frauen im Profigeschäft arbeitet.
Spandauw hat sich sicherlich berichten lassen, dass innerbetriebliche Dissonanzen ein Hauptmanko des letzten Lions-Teams waren, das mit enttäuschenden und emotions- losen Auftritten selbst treue Zuschauer vergrault hatte. Irgendwie passend, dass im Viertelfinale ausgerechnet Spandauws Ex-Team von den Saarlouis Royals die charakterlichen Defizite der Gruppe noch einmal demaskieren konnte.
Abschrecken konnte den 56-Jährigen das trotzdem nicht, seine neue Aufgabe anzutreten. Doch für seine neue Mannschaft hat er sich auf die Fahne geschrieben, dass genau das nicht mehr vorkommen soll. „Ich möchte mit Druck, schnell, mutig und mit Spaß spielen lassen“, sagt er. Es sind Sätze, die erst einmal zum Standard-Repertoire von Trainern gehören. Doch Spandauw legt speziell Wert auf eine Symbiose mit dem Publikum. „Ich möchte, dass die Zuschauer Kopf stehen, dass sie die Mannschaft antreiben, ihr damit Energie geben. Und wenn doch ein Spiel verloren geht, sollen sie sagen: ,Wir haben ein geiles Basketball-Spiel gesehen.‘“ Die leidgeprüften Fans werden solche Sätze aufsaugen.
Zweimal Meister mit Saarlouis
Das Vertrauen in das Können des zweimaligen Meistertrainers ist bei den Lions riesig. 2009 und 2010 holte Spandauw mit Saarlouis den Titel. „Etwas Besseres hätte uns nicht passieren können. Er ist die beste Lösung. Denn er weiß, wie Erfolg geht“, sagt Trainerfuchs Martin Dornhoff in seiner neuen Funktion als Chef des Lions-Trägervereins.
Doch warum kommt ein Trainer, der gerade Vizemeister geworden ist, überhaupt nach Halle? In Saarlouis wurde er vom Hof gejagt, weil er mit seinem direkten Charakter Entscheidungsträger in ihrer Eitelkeit gestört hatte. Das spielte eine Nebenrolle. „Infrastrukturell bietet Halle vielleicht die besten Voraussetzungen in der Liga“, sagt René Spandauw und zählt von der Erdgas Arena, der „vielleicht besten Spielstätte in Deutschland“, bis hin zum nahen Flughafen allerlei Vorzüge auf. Außerdem sieht er Halle als „schlafenden Riesen“.
Und weil René Spandauw nicht nur ein Mann der Worte und des feinen Witzes ist, hat er bereits für die Lions im Hintergrund gearbeitet. Den Urlaub auf der griechischen Insel Tilos, seiner „Oase der Ruhe“, strich er sogar kurzerhand. „Ich habe letzte Nacht bis um ein Uhr mit Spieler-Agenten geredet“, verrät er. Unmittelbar vor dem Unterschriftsprozedere saß er noch mit Laura Hebecker zusammen, die unbedingt gehalten werden soll. „Wir fangen bei null an“, sagte der Trainer zum Lions-Eigengewächs. Sie habe gelächelt.
Ausländische Topspieler gesucht
Gut möglich also, dass nach Noémie Rouault, die auch wegen Spandauw verlängerte, die zweite deutsche Leistungsträgerin den Lions erhalten bleibt. Julia Kohlmann, Inken Henningsen und Mareike Müller sind für das neue Team bereits fix. Heute will sich Elisa Hebecker entscheiden.
„Das Wichtigste wird nun sein, zwei ausländische absolute Führungsspielerinnen zu verpflichten“, sagt René Spandauw. Und natürlich hat er bereits mit Kandidatinnen geredet, „die mich kennen“. Vielleicht würden Sponsoren „dann noch 2 000 Euro extra locker machen“, um Vertragsgespräche zu vereinfachen, sagt er. Klappt die Verpflichtung der Stars müsse man sehen, was die Lions-Kasse noch so hergebe. Das entscheide über die Güte der weiteren Spielerinnen.
Doch da hat Geschäftsführerin Cornelia Demuth eine gute Nachricht. Die letzte Saison habe die Geldgeber keineswegs vertrieben, berichtet sie. Der Etat liegt weiterhin etwa bei geschätzten 230.000 Euro. Was in der Liga Top-Niveau darstellen würde.
Der Anteil davon für den sportlichen Bereich scheint in den Händen von René Spandauw gut angelegt. „Ich bin aber kein Magier“, sagt er. Eine Aussage zum Saisonziel will er erst nach der Vorbereitung treffen, die am 10. August beginnen wird. Bis dahin soll der Kader spätestens stehen. Lieber schon früher, denn „wer nicht fit zu meiner Vorbereitung kommt, der ist nach drei Wochen so kaputt, dass er nicht mehr kann“, sagt der Mann, der sich selbst als „kritisch, offen, ehrlich, hart aber auch menschlich“, bezeichnet.
Diese Charakterzüge, vereint mit seinem Frauenversteher-Gen, sind ideale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Lions-Zeit. (mz)