Basketballtrainer Martin Dornhoff Basketballtrainer Martin Dornhoff: Maestro des Balls wird 70
Halle (Saale)/MZ - Wer Martin Dornhoff dieser Tage beim Training der Lions-Basketballerinnen beobachtet, bekommt einen typischen Eindruck. In seinem orangenen Polo-Shirt schreitet er ruhig während eines Übungsspiels die Seitenlinie ab und betätigt sich als Schiedsrichter. Kurze entschlossene Pfiffe ahnden unfaire Aktionen, so ruhig wie bestimmt greift er ein. Doch hauptsächlich beobachtet er mit scharfem Experten-Blick das neue Mannschafts-Gebilde, die Stärken und Schwächen des Bundesliga-Teams. Er lauscht den englischen Worten, mit denen Trainerin Jennifer Kerns Korrekturen anbringt, mischt sich ein, wenn er gefragt wird. Martin Dornhoff gibt den unaufgeregten Assistenten. Nein, er drängt sich nicht nach vorn - auch wenn er bis zum Ende der vergangenen Saison noch Chefcoach war. Er lässt Kerns, die Erstliga-Debütantin, mit der Taktik-Tafel agieren. Selbst wenn es auf manchen Positionen hakt, was in der Vorbereitung nicht ungewöhnlich ist, sagt er ganz pragmatisch: „Unzufriedenheit hilft nicht, man muss aus dem Potenzial der Spielerinnen, die man hat, das Beste machen.“
Ruhe, Gelassenheit und Durchhalte-Fähigkeit
Jede Szene ist Bestätigung dessen, was andere über Martin Dornhoff sagen. „Ich bewundere an ihm seine Stetigkeit, seine Ruhe und Gelassenheit nach außen, seine Durchhalte-Fähigkeit“, sagt Lions-Managerin Cornelia Demuth, die vor über 35 Jahren bei Trainer Dornhoff in der Uni-Mannschaft spielte. Kerns, die ihn unbedingt zu eigenen Sicherheit an ihrer Seite haben wollte, schwärmt: „Er ist ein Experte, der über die Stadtgrenzen hinaus und auch außerhalb von Deutschland Spuren im Basketball hinterlassen hat.“ Am Mittwoch etwa war Martin Dornhoff wieder beim internationalen Lehrgang für Trainer, den er an der DHfK in Leipzig seit Jahren leitet.
Am Sonnabend präsentieren sich die Lions bei ihrem „Grand Opening“ Fans und Neugierigen in der Erdgas-Arena, dem „Löwenkäfig 2.0“. Höhepunkt eines Tages voller Sport und Spaß ist ein Testspiel des aktuellen Bundesliga-Teams gegen den amtierenden Basketball-Meister TSV Wasserburg.
9.45 Uhr: Turnier der Schul-AG der Basketball-Abteilung des SV Halle
12 Uhr: Sponsoren- und Oldie-Turnier
14 Uhr: Turnier der Junior-Lions
16 Uhr: Verleihung der „Lions-Awards“, Ehrung von verdienstvollen Trainern, Helfern und Spielerinnen
17 Uhr: Lions gegen Wasserburg
Danach wird bei Musik weitergefeiert. (mz)
Dornhoff ist der Maestro des Spiels, das er nach seinen Anfängen als Leichtathlet - mit 18 Jahren sprang er immerhin 1,80 Meter hoch - leidenschaftlich liebt. Zahllose Meisterschaften gewann er mit Halles Jugendteams - 14 in der DDR. Als Landestrainer führte er 2004 die Sachsen-Anhalt-Auswahl zum Sieg beim Bundeslager, dem Vergleich aller Länder-Teams. „Das war eigentlich mein schönster Erfolg“, sagt Dornhoff, der es wie kein Zweiter versteht, aus jungen Spielerinnen alles an Talent herauszukitzeln. Und am meisten mag er die „Teamplayer, die alles dafür tun, dass die Mannschaft gewinnt“. Was er hasst, sind „Nachlässigkeit und Unehrlichkeit - da werde ich grantig“, sagt er und klingt dabei fröhlich, weil er nur selten grantig sein kann.
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Seine Gelassenheit resultiert auch aus seiner Lebensgeschichte, die einige Extrem-Situationen parat hielt. In den 60er Jahren überstand er einen Zugunfall. Seit dem sitzt er nur noch in mittleren Waggons. 1991 saß er in einem Ferienflieger, der auf Mallorca notlanden musste. Doch „viel schlimmer noch“ als dieser Beinahe-Absturz war das Erdbeben, dass er in Algerien erlebte. 1989 - am Anfang seiner siebenjährigen Trainer-Tätigkeit in diesem nordafrikanischen Land - war das. „Ich hatte wirklich Todesangst“, gesteht er.
2012 führte er SV-Halle-Team zum Vizemeister-Titel
Sportlich extreme Abenteuer erlebte er im Trainer-Job. Zwei Mal in jüngerer Vergangenheit sprang Martin Dornhoff als Bundesliga-Chefcoach bei den Lions ein. 2012 führte er das SV-Halle-Team sensationell zum Vizemeister-Titel. „Na klar war das ein schöner Erfolg. Doch er hat immer einen bitteren Beigeschmack“, sagt er. So gern hätte er die Meisterschaft gewonnen. Die unnötige Niederlage im fünften und letzten Finalspiel mit der Schlusssirene in Wolfenbüttel ärgert den Ehrgeizigen, der in der Bundesliga dann zum Trainer des Jahres gewählt wurde, immer noch. Und auch, dass er danach zurücktrat, das Team dem neuen Chefcoach Patrick Bär überließ. „Mit dieser Mannschaft hätte ich weiter machen sollen. Da war noch mehr möglich. Aufzuhören war ein Fehler“, sagte er einmal. Als Bär gescheitert war, übernahm Dornhoff die Lions Anfang diesen Jahres erneut - weil ihn das Management dazu drängte. Dornhoff verbiss sich wieder in die Aufgabe. Doch diesmal reichte es nur zum Viertelfinale - und nur er selbst haderte damit. Danach wollte er wirklich nicht mehr Chefcoach sein. Der Stress hatte ihn beinahe aufgefressen. Aber weil er von seinem Lieblingssport, von dem er so unendlich viel versteht und in den er soviel Feingefühl einbringen kann, nicht loslassen kann, ist er nun halt Co-Trainer.
Doch am Donnerstag wird er sich entspannt in seinem Häuschen in Angersdorf zurücklehnen. „Ganz in Ruhe mit Familie“, wird der Vater zweier Söhne mit Ehefrau Annemarie feiern - seinen 70. Geburtstag. Aber natürlich wird das Telefon viele Male klingeln, werden sich die Feierlichkeiten mindestens bis Sonnabend hinziehen. Dabei mag es Martin Dornhoff gar nicht, im Rampenlicht zu stehen.