Verletzter Fan HFC-Präsident und Saalefront äußern sich zu verletzten FCM-Fan Hannes
Halle (Saale) - „Kämpfe, Hannes“, diese Botschaft und die Sorge um den lebensgefährlich verletzten FCM-Fan eint seit Sonntag die Anhänger des 1.FC Magdeburg. Zum Testspiel gegen Bundesligist Hamburger SV wollen die Spieler des Drittligisten am Donnerstag mit einem entsprechenden Banner auflaufen, schon am Montag hatten sich knapp 200 FCM-Fans vor dem Krankenhaus versammelt, in dem der 25-Jährige seit Samstagnacht mit schweren Kopfverletzungen im Koma liegt.
Nach einem Zusammentreffen mit Fans des FCM-Rivalen Hallescher FC, war der Barlebener bei Haldensleben aus einem fahrenden Zug gestürzt. Ob er selbst sprang oder es sich dabei um einen Unfall handelte, lässt die Polizei noch offen. Klar sei: „Er hat aufgrund der Bedrohung durch den gewaltbereiten Mob selbst die Notentriegelung betätigt“, hieß es von der Polizeidirektion Nord.
HFC-Präsident wünscht Opfer "viel Kraft"
Ein Magdeburger Fan, der nach Bedrohungen durch HFC-Fans schwerst verletzt im Krankenhaus landet – für die Beziehung der sowieso schon in tiefer Abneigung miteinander verbundenen Fangruppen lässt das Böses erahnen. Entsprechend versuchte Halles Präsident Michael Schädlich am Mittwoch beschwichtigende Worte zu finden. „Wir sind menschlich tief erschüttert und bedauern ausdrücklich, was passiert ist“, so das Vereinsoberhaupt. „Wir müssen die polizeilichen Ermittlungen abwarten, um uns ein endgültiges Urteil bilden zu können. In jedem Fall wirft dieser Vorfall einen großen Schatten auf den Fußball im Allgemeinen.“ Der HFC wünsche dem Opfer und seinen Angehörigen viel Kraft.
Nachdem im Januar ein 15-Jähriger HFC-Fan in Dessau von Magdeburgern angegriffen und verletzt wurde, muss nun ein junger Magdeburger um sein Leben kämpfen. Diese Eskalation scheint selbst den HFC-Ultras zu weit zu gehen. Die schrieben am Mittwoch im Internet: „Trotz aller Rivalität - Kämpfe, Hannes!“ Genesungswünsche von jenen, die Hannes am Samstagabend um kurz vor Mitternacht in der Regionalbahn noch bedrohten.
Fanforscher: "Es geht immer um Konkurrenz und Macht"
Diese Reaktion passt zu Beobachtungen, die auch Fanforscher Robert Claus von der Kompetenzgruppe "Fankulturen und Sport bezogene Soziale Arbeit" (KoFaS) gemacht hat. „Wenn solche Gruppen aufeinandertreffen, geht es immer um Konkurrenz und Macht, das kann eine gewalttätige Eigendynamik bekommen. Im Nachhinein wird den Einzelnen dann schon klar, dass sie zu weit gegangen sind“, so Claus im Interview mit der MZ.
Eine besondere Rolle spielen laut Claus nun die örtlichen Fanprojekte. Es muss jetzt vermittelt werden, dass eine gewalttätige Reaktion keine Lösung ist, nicht mal eine kurzfristige. Und dafür braucht es Gespräche.“ In Magdeburg ist dafür unter anderem Stefan Roggenthin zuständig. Der Sozialarbeiter kennt das Opfer persönlich, jetzt ist er Ansprechpartner für dessen Freunde und muss einwirken, dass aus Trauer nicht falsche Wut wird. „Es geht jetzt um die Betroffenen, um die Menschen. Wir wollen einfach da sein und zuhören“, beschreibt Roggenthin seine Aufgabe.
Polizei: "Die Deutsche Bahn wird in die Ermittlungen einbezogen"
Welche Rolle unterdessen die Deutsche Bahn in dem Fall spielt, dem geht nun die Polizeidirektion Nord nach. „Alle bislang verhörten Zeugen haben bestätigt, dass das Opfer die Zugtür während der Fahrt öffnete“, sagte ein Polizeisprecher der MZ. Das ist nach Abfahrt des Zuges bei funktionstüchtigen Türen aber trotz Notmechanismus gar nicht möglich. So sagt es die Pressestelle der Deutschen Bahn.
Nun will die Polizei Klarheit schaffen, ein Sprecher sagt: „Die DB wird in die Ermittlungen einbezogen, der Lokführer befragt.“ Der hätte eigentlich, so teilte es Bahn selbst, ein Signal bekommen müssen, als sich die Zugtüren doch öffneten. Stattdessen fuhr er weiter, bis nach Magdeburg. Den verletzten Hannes fand ein Zeuge erst eine Stunde später im Gleisbett.