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Gastautoren-Text Ausschreitungen bei Magdeburg gegen Frankfurt: "Es gibt keinen Grund auf Gewalt mit Gewalt zu reagieren"

22.08.2016, 16:37
Polizisten stehen auf dem Spielfeld in Magdeburg
Polizisten stehen auf dem Spielfeld in Magdeburg imago sportfotodienst

Magdeburg - "Die Vorfreude auf das Spiel war groß, sehr groß sogar. Ein ausverkauftes Haus, eine stimmungsvolle Gästekurve und ein sehr gut aufgelegter Heimbereich machten richtig Lust auf die DFB-Pokalpartie 1. FC Magdeburg gegen Eintracht Frankfurt im Magdeburger Heinz-Krügel-Stadion.

Die Fangruppe im Magdeburger Block U verteilte im Vorfeld über viertausend selbst entworfene Trikots und sorgte bei Anpfiff für Gänsehautstimmung, während im Gästeblock schwarz-weiße Schals hochgehalten wurden. Einer stimmungsgeladenen und packenden Pokalpartie stand nichts im Weg.

"Alle in schwarz?"

In Halbzeit eins blieb im Heimbereich alles ruhig und die Stimmung war dank einer tollen Mannschaftsleistung des FCM hervorragend. Brachiale Unterstützung von den Rängen ließ das blau-weiße Fußballherz höher schlagen.

Der Gästeblock machte sich kurz vor Anpfiff erstmals lautstark bemerkbar. Statt Schlachtrufen gab es jedoch erstmal einen ordentlichen Knall: Ein Böller war im Mundloch des Stehbereichs hochgegangen. Unter dem Motto „Alle in schwarz“ war man aus Frankfurt mit mehr als zweitausend Fußballfans angereist.

Alle in schwarz? Mich hat dieser Slogan schon Tage vor dem Spiel stutzig gemacht und ich hatte insgeheim die Befürchtung, dass dahinter nichts Gutes stecken konnte. Und ja, diese Vorahnung sollte sich bestätigen. Was sich nach Anpfiff der zweiten Hälfte innerhalb des Stadions abspielte, kann Magdeburger und Frankfurter gleichsam nur traurig und wütend stimmen. 

"Wie krank ist das denn?"

Dunkler Rauch waberte aus der Gästekurve, die ja sowieso alles andere als farbenfroh war. Was anfangs wie eine Choreo aussah, entwickelte sich schnell zu gezielten Angriffen auf Magdeburger Fans, denn zum Rauch gesellten sich Raketen, die im benachbarten Heimblock einschlugen und das Magdeburger Publikum zum Austicken brachten.

Beim Stand von 1:0 für die eigene Mannschaft hatte man im Gästekäfig doch tatsächlich nichts Besseres zu tun, als gezielt andere Menschen mit Leuchtraketen zu verletzen. Wie krank ist das denn? Während sogenannte Fans im Frankfurter Sektor fleißig Geschosse auf die Gegengerade jagten, kochten auf Magdeburger Seite, im bis dato so lautstarken Block U, die Emotionen über.

Bewährung in Gefahr

Mit Sturmhauben und Shirts vermummte „Anhänger“ kletterten über die Absperrung. Werbebanden wurden umgetreten und Stühle flogen in Richtung Spielfeld. Die Spieler versuchten zu deeskalieren, wurden vom Schiedsrichter jedoch in die Kabine geschickt. Was folgte waren Polizisten auf dem Spielfeld, Ratlosigkeit und Wut im Heimbereich. Anstatt die Frankfurter Chaoten zu ignorieren, schaukelte sich die Stimmung auf und es kam auch bei uns zu Ausschreitungen.

Völlig unverständlich, denn wir befinden uns schließlich auf Bewährung durch den DFB. Nun hat eine Handvoll Menschen es wieder geschafft, unseren Verein in negative Schlagzeilen zu bringen. Klar, dass unser toller Fußballverband, der DFB, die Geschehnisse hart sanktionieren wird. Ein Zuschauerteilausschluss (der zweite in dieser Saison) droht. Das Argument: „Wir mussten unsere Fans und das Stadion verteidigen“ zieht nicht. Es gibt keinen Grund, auf Gewalt mit Gewalt zu reagieren!

Ich persönlich hatte ab diesem Zeitpunkt keine Lust mehr auf Fußball. Das Spiel lief weiter, der Ausgleich fiel und beide Seiten hatten sich offenbar wieder beruhigt. Bis zum Elfmeterschießen blieb zum Glück alles friedlich. Trotzdem überwiegt bei mir die Wut über das Geschehene. 

Distanzierung des Block U notwendig

Warum - in aller Welt - sind schon wieder Fans des BFC Dynamo im Heimbereich und pöbeln zusammen mit Magdeburger Hooligans auf der Gegentribüne in Richtung Gästeblock? Schon gegen Dresden gab es Vorfälle in diesem Bereich und auch im vorletzten Auswärtsspiel in Osnabrück fiel ein Anhänger des BFC in unserem Block mit einer Rakete negativ auf.

Warum kommen Frankfurter Idioten auf die Idee, dass ein paar Raketen in Richtung des ungeliebten Gegners die Situation besser machen könnten? Wie haben sie den Mist überhaupt ins Stadion bekommen, bei 510 Ordnern und 1300 Polizisten?

Wieso lassen sich Teile der aktiven Magdeburger Fanszene derart provozieren, dass man im eigenen Stadion randaliert und eine hohe Strafe in Kauf nimmt?

Mit Fußball hat das definitiv nichts zu tun! Solche Menschen brauchen die Gewalt und sie brauchen die mediale Aufmerksamkeit, die ihnen Sky, Sportschau, FAZ, MDR und Co. heute perfekt boten. Es wird Zeit, dass auf beiden Seiten endlich ein Reinigungsprozess stattfindet und dass man sich in Block U endlich von derartigen Aktionen distanziert! 

Am Sonntag haben es die Beteiligten erneut geschafft, ein tolles und emotionales Spiel komplett in den Hintergrund zu rücken. Die einmalige Stimmung wird sicher nicht Teil der folgenden Berichterstattung sein, sondern stattdessen Berichte von Gewaltexzessen und randalierenden Besuchern.

Bleibt zu hoffen, dass an den betroffenen Stellen die richtigen Konsequenzen gezogen werden.
Ich sehe Block U und den 1. FC Magdeburg in der Pflicht schnell zu reagieren und auch die Eintracht muss über das Verhalten der eigenen Anhänger intensiv nachdenken."

Dieser Beitrag ist ein Gastbeitrag von Lennart Birth und spiegelt nicht die Meinung der MZ-Redaktion wieder. Den Autoren erreichen Sie auf Twitter unter dem User-Name @slaukopp.