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Manuel Farrona Pulido  1.FC Magdeburg: Wieso Manuel Farrona Pulido beinahe Bäcker geworden wäre

Von Daniel George 07.08.2016, 15:29
Will beim FCM den Durchbruch schaffen: Manuel Farrona Pulido.
Will beim FCM den Durchbruch schaffen: Manuel Farrona Pulido. imago sportfotodienst

Magdeburg - Als Manuel Farrona Pulido das Foto sieht, schreckt er mit großen Augen zurück. Ein bisschen ist ihm diese Langhaar-Frisur peinlich. „Das schönste Bild von mir im Internet“, scherzt er über seine Jugendsünde. „Da werde ich heute noch rot.“ Sechs Jahre ist der Schnappschuss alt. Damals war der angehende Fußball-Profi gerade 17 Jahre alt, er trug das Trikot des Hamburger SV. Ein Jugendmagazin widmete ihm ein großes Porträt. „Ich war ganz frisch Junioren-Nationalspieler“, erinnert er sich. „Das war die Zeit, als die Leute alle sehr interessiert an mir waren.“

Antonio Rüdiger vom AS Rom, Loris Karius vom FC Liverpool, Julian Draxler vom VfL Wolfsburg - mit solch internationalen Top-Spielern kickte Manuel Farrona Pulido im Nachwuchs für Deutschland. „90 Prozent des damaligen Kaders haben den Sprung in die Bundesliga oder ins Ausland geschafft“, sagt der Offensivspieler nun. Und ganz ehrlich: „Da habe ich mich früher schon gefragt, warum das bei mir nicht geklappt hat.“

Seit 2015 spielt Manuel Farrona Pulido für den 1. FC Magdeburg in Liga drei. Der 1,75 Meter große Flügelspieler war ein Gewinner der starken Debütsaison des Klubs. Nach einem holprigen Beginn setzte Trainer Jens Härtel auf ihn. Farrona Pulido dankte es seinem Coach mit vier Toren und vier Vorlagen in 30 Partien.

Pulido der einzige Lichtblick gegen Köln

Bei der 0:3-Auftaktpleite der neuen Spielzeit gegen den SC Fortuna Köln wurde er zur zweiten Halbzeit eingewechselt. Zwar gelang ihm kein Tor, doch ob seiner engagierten Vorstellung war Farrona Pulido der einzige Lichtblick während eines düsteren FCM-Auftritts. Beim 5:0-Sieg in Runde eins des Landespokals gegen Gardelegen durfte er am Freitagabend von Beginn an ran. Am Dienstagabend will er mit dem FCM daheim gegen Paderborn den ersten Saisonsieg einfahren.

In der Vorbereitung hatte der Offensivmann drei Wochen lang mit einem Muskelfaserriss gefehlt, musste sich deshalb zunächst mit einem Bankplatz begnügen. „Als ich reingekommen bin, wollte ich unbedingt etwas bewegen“, sagt er, zumal „meine Tante und meine Cousine gerade aus Spanien zu Besuch waren. Das hat mich noch mehr angespornt“. Die Niederlage war umso trauriger. 

Abitur und HSV statt Profifußball

Doch dass Manuel Farrona Pulido überhaupt wieder so im Fokus steht, vor tausenden Zuschauer spielt, hätte er vor zwei Jahren kaum gedacht. Dabei schien sein Weg in den Profifußball vorgezeichnet: Acht Jahre lang durchlief der Kicker mit spanischen Wurzeln - Vater Francisco stammt aus einem kleinen Dorf an Grenze zu Portugal, Mutter Astrid ist Deutsche - den Nachwuchsbereich des Hamburger SV. Mit 17 Jahren lagen bei ihm drei Angebote auf dem Tisch: Werder Bremen, Union Berlin und der 1. FC Nürnberg wollten ihn. Farrona-Pulido lehnte ab. Er blieb beim HSV und machte sein Fachabitur zu Ende.

Doch: „Die Cheftrainer in Hamburg hatten dann andere Probleme, als einen jungen Spieler nach oben zu bringen“, erinnert er sich. Der HSV war ein Chaos-Klub. Die Rückrunde der Saison 2013/2014 verpasste Farrona Pulido mit Leistenproblemen fast komplett.

Im Winter hatte er ein Angebot zur Vertragsverlängerung beim HSV noch ausgeschlagen. Nun stand er mit leeren Händen da. Der neue Coach Josef Zinnbauer plante ohne ihn. „Mein Berater hat mir dann empfohlen, ich solle mich nach einer Ausbildung umschauen“, erklärt Farrona Pulido. „Er hat mir gesagt, ich solle lieber Bäcker anstatt Fußballer werden.“ Ein Satz, den Manuel Farrona Pulido nie vergessen wird.

Plötzlich in der Fußballprovinz

Der junge Fußballer trennte sich von seinem Berater Michael Koch, der für „T21plus“ arbeitet. Die Agentur, für die auch Ex-Bayern-Profi Jens Jeremies tätig ist, vertritt unter anderen 50-Millionen-Mann Leroy Sané. Manuel Farrona Pulido fand einen neuen Berater. Der vermittelte ihn zum FSV Wacker Nordhausen. In die vierte Liga, in die thüringische Fußballprovinz. „Da haben mich viele gefragt, was das soll“, erzählt Farrona Pulido, „aber ehrlich gesagt, gab es damals nicht viel mehr Angebote. Es ging mir darum, mich dort für höhere Aufgaben zu präsentieren.“

Das Leben in der Kleinstadt ödete den Großstadtmenschen an. Aufgewachsen ist der 23-Jährige zwar in einem 800-Seelen-Dörfchen in Schleswig-Holstein, wo es „fast mehr Kühe als Einwohner gibt“. Doch Hamburg, seine Perle, war immer nur eine Viertelstunde mit dem Auto entfernt.

Pulido: „Was hier abgeht, ist Wahnsinn“

Nach einer starken Regionalliga-Saison holte ihn der FCM für seinen Drittliga-Kader. In Magdeburg ist er nun angekommen. Mit seinem Kater Diego wohnt Manuel Farrona Pulido mitten im Zentrum. Seine Freundin Laura studiert in der Elbestadt. „Was hier beim FCM abgeht, ist der Wahnsinn“, sagt der 23-Jährige. Auf der Straße wird er angesprochen, im Stadion von Tausenden angefeuert. Ein bisschen fühlt es sich wie erste Liga an. 

„Ich bin einfach glücklich, dass ich das Fußballspielen zu meinem Beruf gemacht habe. Das ist keine Selbstverständlichkeit“, weiß er. In jedem Fall ist es besser so, denn: „Ich glaube, dass ich ein ziemlich schlechter Bäcker geworden wäre.“