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Nils Butzen 1. FC Magdeburg: Nils Butzen ist die unbekannte Konstante

Von Daniel George 11.08.2016, 20:59
Nils Butzen ist ein echtes FCM-Eigengewächs.
Nils Butzen ist ein echtes FCM-Eigengewächs. imago sportfotodienst

Magdeburg - Es dauert keine fünf Minuten, da muss Nils Butzen stehen bleiben. Eine Gruppe Jugendlicher umzingelt ihn am Elbufer. Ganz höflich. "Wenn du Zeit hast, würden wir gerne ein Foto machen, aber nur, wenn es kein Problem für dich ist", sagt der eine, während sein Kumpel schon das Handy zückt. Butzen lächelt: "Na klar!" Er kennt das. Denn Magdeburg, das ist seine Stadt. Und der FCM, das ist sein Verein.

Nils Butzen, von den Fans und im Klub liebevoll nur "Butzi" genannt, spielt seit sieben Jahren bei den Blau-Weißen. Er ist der Dienstälteste. Er hat im Männerbereich noch bei keinem anderen Klub gekickt. Er ist Stammspieler, mit einem Marktwert von 325.000 Euro der zweitwertvollste FCM-Akteur, nur fünf Partien hat er verletzt oder gesperrt in der vergangenen Saison verpasst. Ein echter Aufsteiger - und doch fliegt Nils Butzen unter dem Radar.

Butzen: "Dann heißt es vielleicht: Der hatte eine große Klappe"

"Die Leute interessieren sich für die Spieler, die Tore schießen, für die, die besonders auffällig sind", sagt der 23-Jährige im Gespräch mit der MZ. "Das ist auch völlig okay für mich. Ich war zum Beispiel bei unserer Aufstiegsfeier auf dem Rathausbalkon einer der wenigen, wenn nicht sogar der einzige, der nicht das Mikrofon in die Hand genommen hat." Das hat gar nichts mit Schüchternheit zu tun, aber: "Ich weiß einfach, dass schnell auch wieder schlechte Phasen kommen können. Und dann heißt es vielleicht, da hat er eine große Klappe gehabt."

Nils Butzen hat beim FCM einiges erlebt. Gute Zeiten und schlechte Zeiten. Über ein Formular im Internet bewarb er sich als B-Jugendlicher bei den Blau-Weißen. In seiner Heimat - Butzen stammt aus Mühlhausen in Thüringen - war er immer durchs Raster gefallen. Beim FCM überzeugte er. Nachdem der Rechtsverteidiger mit Magdeburg in der A-Jugendbundesliga gespielt hatte, wollte ihn Rot-Weiß Erfurt plötzlich doch verpflichten. Zu spät. Butzen wurde stattdessen Mitglied des blau-weißen Regionalliga-Teams.

Neustart unter Jens Härtel

Es lief gut für ihn. Doch dann kam eine Zeit, die ihn noch immer schlucken lässt. "Ich war gerade 20 Jahre alt", erinnert er sich, "da wurde ich abgesägt." Nach einer anständigen Vorsaison kam Nils Butzen in der Spielzeit 2013/2014 gerade einmal auf 30 Einsatzminuten insgesamt. Der damalige FCM-Coach Andreas Petersen gab ihm keine Chance mehr. "Ich habe nie eine Begründung bekommen. Das war für mich schwer zu begreifen. Ich hatte noch nicht die Selbstsicherheit, um das zu verarbeiten."
Butzen wurde dünnhäutig. Er wollte wechseln, ausgeliehen werden. "Das hatte so keinen Sinn mehr", sagt er heute.

Doch dann übernahm Jens Härtel im Sommer 2014 das Traineramt. "Er war ehrlich und hat mir gesagt, dass er mich nicht wirklich kennt, aber gehört hat, dass ich keinen Ärger mache", erinnert sich der 23-Jährige. "Der Trainer meinte, dass er mir eine Brücke baut, ich aber alleine hinüber gehen muss."

Das gelang Nils Butzen beispielhaft. Er ist zum Musterschüler geworden. Zu einem, der mit seinem Realismus auch in Zeiten des Misserfolgs wichtig ist. So wie nach dem 0:3 zum Saisonauftakt gegen Fortuna Köln. "Auf den vierten Platz der letzten Saison können wir uns gar nichts mehr einbilden", sagt er. "Es kann schnell nach unten gehen, aber da will ich auf keinen Fall wieder hin. Unsere treuen Fans sorgen schon für viel Euphorie. Umso wichtiger ist es, dass wir weiter hart arbeiten und den Ball flach halten." Nach dem 3:0-Sieg am Dienstagabend gegen Paderborn will der FCM so auch am Sonnabend ab 14 Uhr beim VfL Osnabrück bestehen.

Schlechte Zeiten noch im Kopf

Trotz all dem Trubel der vergangenen Monate, dem großen Aufschwung des FCM fällt es Nils Butzen leicht, bescheiden zu bleiben. Er hat noch die Tage im Hinterkopf, "als es keinen interessiert hat, was aus mir wird", da hieß es: "Ach, wieder ein Jugendspieler, der hinten runterfällt."

Nun hat sein Aufstieg reichlich Begehrlichkeiten geweckt, Zweitligist Eintracht Braunschweig soll bereits im vergangenen Winter an ihm interessiert gewesen sein. Doch sein Vertrag beim 1. FC Magdeburg gilt noch bis Sommer 2017 - und Butzen gehört zum FCM. Dass aus dem vergessenen Talent ein begehrter Leistungsträger geworden ist, daran muss er sich erst noch gewöhnen. Doch er genießt das. Genau wie Fotos mit Fans.

Butzen: "Die Leute hier tragen jetzt FCM-Trikots und keine Bayern-Trikots mehr"

Denn Nils Butzen ist der einzige im heutigen Kader, der weiß, wie es vor einigen Jahren war. Als der FCM noch nicht der Stolz der ganzen Stadt war. Als ein Trainer auf den anderen folgte, als die Fans manche Spieler gnadenlos auspfiffen. "Da hast du dir dreimal überlegt, ob du das blau-weiße Poloshirt nach dem Training noch weiter trägst und so durch die Stadt läufst", erinnert er sich. "Mittlerweile ist das anders. Die Leute hier tragen jetzt FCM-Trikots und keine Bayern-Trikots mehr. Wir werden mit ganz anderen Augen gesehen."

Und inzwischen sind alle stolz, ein Teil des Klubs zu sein. "Für mich", sagt Nils Butzen, "war das sowieso schon immer etwas ganz Besonderes."