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HFC-Podcast „Chemie kennt keine Liga“ Folge 7 - Interview mit Norbert Nachtweih über seine Flucht, die Stasi, Bernd Bransch und Ulli Hoeneß

Im November 1976 gelingt den beiden HFC-Nachwuchsspielern Norbert Nachtweih und Jürgen Pahl die Flucht in den Westen. Es ist der Auftakt zu zwei großen Karrieren, von denen Norbert Nachtweih im Podcast-Interview erzählt.

Von Julius Lukas und Fabian Wölfling Aktualisiert: 29.11.2024, 13:08
Norbert Nachtweih (links) spielte 1984 gemeinsam mit Lothar Matthäus bei Bayern München.
Norbert Nachtweih (links) spielte 1984 gemeinsam mit Lothar Matthäus bei Bayern München. (Foto: imago/Kicker/Liedel)

Halle/Frankfurt/MZ. - Was im November 1976 in Istanbul während einer Reise der U21-Nationalmannschaft der DDR passierte, klingt noch heute wie aus Tausendundeiner Nacht: Norbert Nachtweih und Jürgen Pahl gelang damals die Flucht in die US-Botschaft. Die beiden Nachwuchskicker des Halleschen FC gehörten zu den ersten Ost-Fußballern, die nach dem Mauerbau in den Westen entwischten – und dort eine große Karriere machten.

In „Chemie kennt keine Liga“, dem HFC-Podcast der Mitteldeutschen Zeitung, erzählt Norbert Nachtweih in einem langen Interview auch von den Tagen der Flucht in der Türkei. Anlass ist seine vor kurzem erschienene Biografie: „Zwischen zwei Welten“.

„Wir wussten ja nicht, ob das mit der Auslieferung wirklich klappt.“

Im Podcast bezeichnet Nachtweih sich bei der Flucht als „Beifahrer“. Sein Mannschaftskollege Jürgen Pahl sei die treibende Kraft gewesen. Aus heutiger Sicht hätten sie sich „naiv“ verhalten. „Wir wussten ja nicht, ob das mit der Auslieferung wirklich klappt.“ Und: Die beiden Nachwuchsspieler gaben damals eine privilegierte Situation auf. Bereits mit 17 Jahren, erzählt Nachtweih, sei er in das Oberliga-Team des HFC gekommen, als Auswahlspieler habe er „alles gekriegt“ – auch Südfrüchte und Adidas-Kleidung.

Norbert Nachtweih bei einem Traditionsspiel in Polleben.
Norbert Nachtweih bei einem Traditionsspiel in Polleben.
(Foto: Ralf Kandel)

In der Bundesliga zu spielen, war dennoch der Traum. Nach der erfolgreichen Auslieferung ging es jedoch nicht sofort in die höchste Spielklasse. Zwar wurden Pahl und Nachtweih von Eintracht Frankfurt verpflichtet. Sie bekamen jedoch erst einmal eine einjährige Sperre. „Für unser Privatleben hat das aber klasse gepasst, wir konnten abends um die Häuser ziehen – ist ja ganz klar, wir waren 19 Jahre alt.“

„Uns hätten sie eine Pille ins Glas machen können.“

Was die beiden jungen Fußballer damals nicht wussten: SIe wurden die gesamte Zeit vond er Stasi bespitzelt: „Dass die uns beobachtet haben, daran haben wir nicht eine Sekunde gedacht. Der Jürgen und ich, wir sind in Frankfurt ja um die Häuser gezogen. Uns hätten sie eine Pille ins Glas machen können und da wären wir am Alexanderplatz aufgewacht.“

Eine Episode, die Nachtweih in seinem Buch nicht aufgeschrieben hat, handelt von der 2022 verstorbenen HFC-Legende Bernd Bransch. Der habe sich auch nach der Flucht noch vor die beiden Nachwuchskicker gestellt. „Da hätte ich ihm gern noch gedankt“, sagt Nachtweih im Podcast, in dem er auch vom Schreck erzählt, als Bayern-Manager Ulli Hoeneß ihn anrief, um ihn nach München zu locken. Ein Grund, warum Nachtweih das Angebot annahm: „Bei Bayern verdiente ich viel mehr“. Wie viel mehr? Das erzählt Norbert Nachtweih im Podcast.