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Landesparlament Zwischenruf mit Folgen: Abgeordnete steht in der Kritik

Der Zwischenruf einer Abgeordneten der Grünen im Berliner Landesparlament hat eine ganze Reihe von Entschuldigungen zur Folge. Aber die Kritik reißt nicht ab.

Von dpa Aktualisiert: 07.06.2024, 15:37
Plenarsitzung im Berliner Landesparlament.
Plenarsitzung im Berliner Landesparlament. Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin - Ein Zwischenruf, drei Worte, ein Lachen - in der Plenarsitzung im Berliner Abgeordnetenhaus war das nur eine minutenkurze Unterbrechung des parlamentarischen Alltags. Die Folgen für die Grünen-Abgeordnete Tuba Bozkurt sind jedoch noch nicht abzusehen. Inzwischen hat sich ihre Fraktion für ihr Verhalten entschuldigt, der grüne Bundesvorsitzende ebenfalls. Kritik kam selbst von der Europa-Spitzenkandidatin der Grünen.

Was ist passiert? In der Fragestunde bei der Plenarsitzung am Donnerstag im Abgeordnetenhaus hatte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) über den Polizisten Rouven Laur zu sprechen begonnen. Er war bei einer islamkritischen Kundgebung am Freitag vergangener Woche von einem Angreifer mit einem Messer so schwer verletzt worden, dass er später im Krankenhaus starb. Die SPD-Politikerin sagte: „Der schreckliche Tod von Mannheim zeigt uns natürlich ...“ Dann gab es einen Zwischenruf aus der Grünen-Fraktion „Mannheim ist tot?“ und daraufhin Lachen. Spranger antwortete umgehend darauf: „Ich würde darüber nicht lachen.“

Bozkurt nennt ihren Zwischenruf unanständig

Bozkurt selbst hat sich für ihren Zwischenruf gleichfalls entschuldigt: „Er war pietätlos und unanständig und ich bereue ihn zutiefst“, teilte sie am Donnerstagabend auf der Plattform X mit. „Die Angehörigen, Freund:innen und Kolleg:innen von Rouven L., die ich damit verletzt habe, bitte ich aufrichtig um Entschuldigung.“

Aber die Diskussion bricht nicht ab. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Martin Matz, sagte am Freitag: „Der Zwischenruf und das Lachen aus der grünen Fraktion hat uns gestern fassungslos zurückgelassen.“ Spranger habe spontan richtig reagiert. „Die Polizei braucht nach dem schrecklichen Polizistenmord eine Gesellschaft und eine Politik, die klar hinter ihr steht.“

CDU-Fraktionsvorsitzender Dirk Stettner wurde noch deutlicher: „Es gibt ja nur zwei Szenarien: A) Tatsächlich hat eine grüne Landtagsabgeordnete zusammen mit Teilen der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus über einen heimtückischen Polizistenmord gelacht“, sagte er. „Oder B) Aus einem kindlichen Impuls heraus, möglichst den besten Witz zu machen, hatte eine Abgeordnete einen dämlichen Impuls und Teile der grünen Fraktion sich nicht unter Kontrolle.“ Er unterstelle den Grünen die positivere letztere Option.

CDU-Fraktionschef kritisiert „Kichertruppe“ bei den Grünen

„Selbst dann zeigt diese fehlende Impulskontrolle aber, dass die Grünen selbst wichtigste Themen nicht ernst nehmen“, so der CDU-Politiker. „Hier müssen die Grünen dringend ihr Selbstverständnis von Politik überprüfen und Antworten darauf geben. Wir haben zu drängende und dringende Aufgaben, als dass wir uns eine Kichertruppe in unseren Parlamenten leisten könnten.“

Bozkurts Verhalten - knapp eine Woche nach dem Messerangriff auf den Polizisten und drei Tage vor der Europawahl - hat aber nicht zuletzt die Grünen selbst zu deutlicher Kritik veranlasst: „Dieser Zwischenruf war falsch. Wir werden dies in der Fraktion aufarbeiten. So etwas wird sich nicht wiederholen“, teilte die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus am Donnerstag auf X mit.

Fraktionssprecher Sebastian Brux sagte der Deutschen Presse-Agentur am Freitag, die Grünen-Abgeordneten wollten sich am kommenden Dienstag ausführlich mit dem Vorfall beschäftigen. Die Fraktion tage bei ihrer regulären Sitzung aus diesem Grund diesmal intern und nicht wie sonst öffentlich.

Grünen-Vorsitzender entschuldigt sich

Grünen-Bundesvorsitzender Omid Nouripour reagierte ebenfalls auf X: „Richtig, dass ihr das aufarbeitet. Ein solches Verhalten ist unanständig. Ich entschuldige mich im Namen meiner Partei bei den Angehörigen von Rouven L. dafür.“ Die Europa-Spitzenkandidatin der Partei, Terry Reintke, distanzierte sich im Sender Welt TV von Bozkurt: „Was da passiert ist, das ist nicht akzeptabel.“

Am Freitag gab es in Mannheim eine Schweigeminute im Gedenken an den Polizisten, der dort eine Woche zuvor schwer verletzt worden war und noch am Wochenende starb. Bei einem Schweigemarsch im Gedenken an den Polizisten in Berlin nahmen nach Angaben des Fraktionssprechers auch eine Reihe von Grünen-Abgeordneten teil, darunter auch die Berliner Fraktionsvorsitzenden Bettina Jarasch und Werner Graf - Bozkurt jedoch nicht.