Katastrophe Zwei Jahre nach der Flut: Wie weit ist der Wiederaufbau?
Die tödliche Flutkatastrophe hat 2021 im Westen Deutschlands Chaos hinterlassen. Seitdem wird auch in Rheinland-Pfalz wieder aufgebaut. Was steht zwei Jahre später wieder - und was nicht?
Bad Neuenahr-Ahrweiler - Die Geschichte des Ahrtals und seiner Bewohnerinnen und Bewohner hat sich in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 schlagartig verändert. Bei der Flutkatastrophe starben in Rheinland-Pfalz mindestens 136 Menschen. Im Ahrtal gehen Schätzungen von rund 42.000 Betroffenen aus, es wurden mehr als 9000 Gebäude zerstört. Auch nach zwei Jahren ist noch lange nicht wieder alles aufgebaut. Ein Überblick.
Brücken
Bei der Flut wurden laut Innenministerium 28 Brücken in Rheinland-Pfalz zerstört oder so stark beschädigt, dass sie nicht mehr verkehrssicher waren. Sechs davon sind wiederhergestellt, zwölf befinden sich im „Wiederherstellungsprozess“ - sind also in der Planung, in der Bauvorbereitung oder im Bau.
Schulen
Im Bundesland wurden bei der Katastrophe 29 Schulen beschädigt, 17 davon im Landkreis Ahrweiler. Erst bei zehn Schulen sind die Flutschäden komplett behoben. „Diese Schulen waren von der Flut weniger stark beschädigt“, teilte das Innenministerium mit.
Am Rhein-Gymnasium in Sinzig musste etwa das Kellergeschoss entkernt, eine neue Heizungstechnik eingebaut und die Sporthalle renoviert werden. „Alle Arbeiten schreiten voran, die Sporthalle soll zum Beginn des neuen Schuljahres wieder für den Sportunterricht genutzt werden.“
Kirchen
Es waren sowohl Gebäude der Katholischen als auch der Evangelischen Kirche betroffen. Von der Katholischen Kirche wurden laut Ministeriumsangaben 55 Gebäude in den Flutgebieten Trier, Eifel und Ahrtal zerstört oder beschädigt, darunter 26 Kirchen und Kapellen und 15 Pfarrheime.
Von der Evangelischen Kirche waren sieben Gebäude betroffen, darunter zwei Kirchen. Wie viel davon schon wieder aufgebaut wurde, konnte das Ministerium nicht sagen. Die Kirchen könnten dazu wegen laufender Gutachter-Prozesse keine Auskunft geben.
Straßen
An den Bundes-, Landes- und Kreisstraßen gab es insgesamt 53 größere Schadstellen, heißt es. „Insgesamt konnten davon bereits 29 Maßnahmen endgültig wiederhergestellt werden.“ So wurde etwa die Verbindung B267 im Bereich Tunnel Altenahr sowie die Landesstraßen 76 und 77 im Sahrbachtal wieder aufgebaut.
Bahngleise und Bahnhöfe
Die Flut habe die Infrastruktur der Deutschen Bahn „in historischem Ausmaß getroffen“, teilte das Unternehmen mit. In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wurden demnach rund 600 Kilometer Schiene, 50 Brücken, 40 Stellwerke, 180 Bahnübergänge und mehr als 100 Bahnhöfe beschädigt oder zerstört. Der entstandene Schaden betrage rund 1,3 Milliarden Euro.
„Inzwischen sind rund 90 Prozent der vom Hochwasser 2021 betroffenen Bahnstrecken wieder von Zügen befahrbar“, schrieb eine Sprecherin. „10 Prozent müssen noch wieder hergestellt werden, darunter die Eifelstrecke zwischen Kall und Nettersheim sowie einige sehr stark zerstörte Bereiche im Ahrtal.“
Sportplätze
Da Sportplätze in den Bereich der Kommunen fallen, kann das Innenministerium nicht genau sagen, wie viele Sportplätze von der Flut zerstört wurden. „Die größten Zerstörungen - auch in Bezug auf Sportstätten - hat es im Ahrtal gegeben.“ Hier seien von 174 Sportstätten 69 zerstört oder beschädigt worden. Mit Stand Anfang 2023 befinden sich davon mindestens 38 im Wiederaufbau.
Krankenhäuser
Bei der Flutkatastrophe wurden im Bundesland fünf Krankenhäuser und zwei Rehakliniken beschädigt. „Ein Krankenhaus und eine Rehaklinik konnten nach kurzer Zeit wieder in Betrieb gehen“, schrieb das Ministerium. Das Krankenhaus Trier-Ehrang bleibe nach der Entscheidung des Trägers geschlossen. „Die restlichen Häuser werden wieder aufgebaut.“ Die zerstörten Gebäude seien aber noch nicht vollständig wiederaufgebaut. Die Patientinnen und Patienten würden im „Teilbetrieb“ versorgt.
Kommunen
Der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) lagen Ende Juni laut Innenministerium rund 770 Förderanträge für die „allgemeine kommunale Infrastruktur“ vor - also etwa für Straßen, Wege, Plätze und Schulen. 96 Prozent der Anträge mit einem Volumen von rund 426 Millionen Euro seien bereits bewilligt. „Innerhalb nur weniger Wochen und Monate waren Straßen, Wasser, Abwasser, Telefon und Internet wieder stabil in allen Gemeinden vorhanden“, hieß es.
Es gebe an einigen Stellen noch vorübergehende Lösungen wie temporäre Brücken oder Kläranlagen. Aber „kein Dorf ist mehr abgehängt von der individuellen Mobilität, Buslinien können wieder auf den normalen Strecken fahren.“ Jeder abgeschlossene Neubau und jede Wiedereröffnung sei ein weiterer Schritt Richtung Normalität.