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Ausbau der Windenergie Zu lang für Autobahnabfahrten? Transporte mit Rotorblättern

Für die Energiewende soll die Windkraft ausgebaut werden. Doch Rotorblätter werden länger, was für Probleme beim Transport auf Autobahnen sorgt - und für Streit zwischen Bund und Nordländern.

Von Lennart Stock, dpa 11.02.2025, 06:30
Manche Autobahnausfahrten werden für lange Rotorblätter für Windkraftanlagen zu einem Nadelöhr. (Archivbild)
Manche Autobahnausfahrten werden für lange Rotorblätter für Windkraftanlagen zu einem Nadelöhr. (Archivbild) Christian Charisius/dpa

Bremen/Hannover - Manche Anschlussstellen auf norddeutschen Autobahnen werden für Schwerlasttransporte zu einem Nadelöhr - etwa, wenn es um den Transport von großen Rotorblättern für Windkraftanlagen geht. Nach Angaben der Verkehrsminister der fünf norddeutschen Bundesländer sorgen die aktuellen Straßenverhältnisse für enorme Verzögerungen und zusätzliche Kosten bei solchen Großraum- und Schwertransporten, kurz „GST“. Die Länder fordern deshalb, Autobahnabfahrten baulich anzupassen und setzen für eine Finanzierung solcher Maßnahmen auf den Bund.

Viele große Bauteile für die Windindustrie werden in den norddeutschen Häfen umgeschlagen. Cuxhaven zählt dabei zu einem der wichtigsten Drehkreuze. Über diesen Hafen landeten nach Angaben der Stiftung Offshore Windenergie zuletzt rund 80 Prozent aller in Deutschland verbauten Rotorblätter an, sowohl für Windenergieanlagen an Land als auch auf See. Der An- und Abtransport der Bauteile läuft hauptsächlich über Autobahnen. 

Autobahnabfahrten oft zu klein für sperrige Bauteile

„Problematisch ist dabei, dass Autobahnanschlussstellen im Hinterland der Seehäfen nicht auf die Anforderungen von Rotorblättern mit einer Länge von bis zu 90 Metern ausgelegt sind“, teilt das Bremer Verkehrsressort von Senatorin Özlem Ünsal (SPD) mit. Das heißt, Schwerlasttransporte können beispielsweise über herkömmliche Autobahnabfahrten mit zu geringem Radius kaum abfahren. Deshalb müssen Autobahnanschlussstellen baulich verändert werden.

Allerdings erfolge jede Anpassung der Infrastruktur derzeit auf Basis individueller Erörterungen mit der Autobahngesellschaft des Bundes, teilt das Verkehrsressort weiter mit. Einen strukturellen, bundesweiten Ansatz gebe es nicht. Das Land Bremen sei von diesem Problem stark betroffen, hieß es.

Auch Niedersachsen sieht Handlungsbedarf: „Wir brauchen mehr Schnelligkeit und Effizienz gerade auf Autobahnen, auf denen GST in der Regel unterwegs sind. Wir müssen verhindern, dass die Komponenten in engen Abfahrten hängen bleiben“, sagte Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. Das verzögere den Aufbau vor Ort und sei für andere Verkehrsteilnehmer unbefriedigend. „Da müssen wir Abhilfe schaffen.“

Nordländer sehen Bund in der Pflicht

Über Lösungsmöglichkeiten berieten die Nordländer, zu denen auch Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zählen, zuletzt bei ihrer Verkehrsministerkonferenz im November im Oldenburg. Die Nordländer schlagen vor, eine Ausnahmeregelung im Fernstraßengesetz zu schaffen, um Autobahnauf- und abfahrten leichter anpassen zu können. Die Länder fordern aber auch vom Bundesverkehrsministerium, diese Maßnahmen zu finanzieren. 

„Die finanzielle Unterstützung des Bundes ist aus Sicht der Nordländer wichtig, da Infrastrukturanpassungen, insbesondere an Autobahnanschlussstellen, hohe Kosten verursachen. Diese Anpassungen dienen dem Gemeinwohl und sind essenziell für die Energiewende“, teilt das Bremer Verkehrsressort mit. Bislang müssten Mehrkosten für den Umbau von den Verursachern getragen werden. 

Laut dem niedersächsischen Verkehrsministerium geht es dabei oft um kleinteilige Baumaßnahmen. Abfahrten müssten nicht im großen Stil kreisrund neu gebaut werden. Teilweise reiche es schon, wenn Leitplanken abgebaut oder an der Autobahn parallel liegende Wirtschaftswege ertüchtigt würden. 

Widerspruch von Autobahngesellschaft des Bundes

Von einer Änderung des Fernstraßengesetzes oder einem Sonderprogramm für kleine Infrastrukturmaßnahmen hält die Bundesregierung allerdings wenig. „Die genannten Vorschläge würden nach Ansicht des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) die Durchführung von GST nicht beschleunigen“, teilt ein Sprecher der Autobahngesellschaft auf Anfrage mit. Die Länder hätten durch die Bündelung von Zuständigkeiten und die Straffung von Prozessen viele Möglichkeiten, Schwerlasttransporte schneller zu genehmigen.

Der Sprecher verwies darauf, dass in einer gemeinsamen Bund-Länder-Arbeitsgruppe rund 24 Maßnahmen gefunden worden seien, mit denen Schwerlasttransporte schneller abgewickelt werden sollen. Diese gelte es nun konsequent umzusetzen, hieß es. 

Außerdem sei die für weite Teile Niedersachsens und Bremens zuständige Niederlassung der Autobahngesellschaft Nordwest ständig im Austausch mit Antragsstellern und Hafenverbänden der Transportbranche, um einvernehmliche Lösungen zu finden. Seit dem Betriebsstart der Autobahngesellschaft 2021 sei insgesamt der Bearbeitungsprozess für Schwerlasttransporte auf Autobahnen maßgeblich beschleunigt worden.

Wie die Nordländer ihre Forderung bei der Bundesregierung vorantreiben wollen, ist offen. Das Bremer Verkehrsressort ließ diese Frage unbeantwortet. Aus dem SPD-geführten Verkehrsministerium in Hannover hieß es: „Fest steht, dass diese Position in die Koalitionsverhandlungen einer neuen Bundesregierung eingebracht werden soll.“