Parlament stimmt über Umstellung ab Zeitumstellung: Kommt das Ende der Sommerzeit?

Strassburg - Das EU-Parlament stimmt an diesem Donnerstag über einen Antrag ab, der das Ende der Sommerzeitumstellung einleiten könnte. Allerdings wäre dies nur ein erster Schritt.
In der entsprechenden Resolution geht es darum, die EU-Kommission aufzufordern, einen Vorschlag zu erarbeiten, wie man aus der Zeitumstellung aussteigen könnte.
Ursprünglich sollte durch die Sommerzeit Energie gespart werden. Verschiedene Gruppen halten dieses Ziel für verfehlt, zudem entstünden durch die Umstellungen erhöhte Gesundheitsrisiken. Die EU-Kommission hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach eine Abschaffung der Sommerzeit geprüft, allerdings ohne Ergebnis.
Die Zeitumstellung ist gerade in Europa sehr umstritten. Zuletzt hatte Russland die Sommerzeit im Jahr 2014 abgeschafft. Auch in Weißrussland und in Island gibt es sie bereits seit vielen Jahren nicht mehr.
Es ist wohl einer der kürzesten Anträge in der Geschichte des Europäischen Parlamentes – die Entschließung 2017/2968(RSP) passt auf eine DIN-A4-Seite.
Ziel des Vorstoßes, über den die 751 Abgeordneten aus 28 Mitgliedstaaten abstimmen werden: „Das Europäische Parlament fordert die Kommission auf, die derzeitige halbjährliche Zeitumstellung abzuschaffen.“Eine überwältigende Mehrheit scheint sicher.
Zu groß sind die Verärgerung und das Unverständnis über die Zeitmanipulation im Frühjahr und im Herbst. Nach einigen Versuchen vor und nach den beiden Weltkriegen war es Frankreich, das 1973 zum ersten Mal die Uhren anders stellte.
Im Zeichen der Ölkrise glaubte man daran, dass sich Energie einsparen lasse, wenn die Menschen in der hellen Jahreszeit später aufstehen und abends länger wach bleiben würden. Schon ein Jahr später widerlegten deutsche Studien diesen Effekt: Um gerade mal zwei Promille ging der Energieverbrauch zurück. Dafür häuften sich jene Fälle, in denen Menschen über Beschwerden klagten, weil sie aus dem Tritt gerieten, nicht mehr richtig schlafen konnten und es sogar zu Herz-Kreislauf-Problemen kam.
Wird die Sommerzeit in Deutschland abgeschafft? Ministerium für Wirtschaft muss entscheiden
Als die Europäische Union 1981 dann nachzog und die Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) einführte, ging es denn auch gar nicht mehr ums Öl- oder Stromsparen, sondern um eine einheitliche Regelung für den Binnenmarkt. Dabei ist die EU eigentlich gar nicht zuständig, sondern koordiniert lediglich die Mitgliedstaaten.
In Deutschland liegt die Verantwortung beim Ministerium für Wirtschaft, die Umsetzung nimmt die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig vor. Doch nun soll Schluss sein, fordern die Abgeordneten, nachdem sich auch immer mehr Bürger bei der Kommission für eine einheitliche Zeit stark gemacht hatten.
„Unser Biorhythmus wird durch die Zeitumstellung empfindlich gestört und sowohl Menschen als auch Tiere haben Schwierigkeiten, sich dem geänderten Rhythmus anzupassen“, erklärte die CDU-Europapolitikerin Sabine Verheyen gegenüber der MZ. „Ich halte es daher für richtig, dass wir uns sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene für ein Ende der Umstellung einsetzen.“
Ihre sozialdemokratische Kollegin Kerstin Westphal drängte ebenfalls auf eine gemeinsame Lösung: „Ein Flickenteppich, bei dem Österreich für ein paar Wochen eine andere Uhrzeit gilt als in Deutschland oder Frankreich wäre verheerend für den Binnenmarkt, aber auch für Reisende, die sich mit wechselnden Fahr- und Flugplänen rumärgern müssen.“ Doch welche Zeit soll denn dann gelten?
Gegner der Zeitumstellung wollen dauerhafte Sommerzeit
Der Entschließungsantrag der Abgeordneten vermeidet es wohlweislich, sich für die Sommer- oder die Winterzeit stark zu machen, wobei es Letztere eigentlich gar nicht gibt, denn das ist die Normalzeit. Als in Polen Ende vergangenen Jahres ein ähnliche Initiative an Zustimmung gewann, schien die Stoßrichtung klar: Die „Winterzeit“ muss weg. Sommerzeit für das ganze Jahr, lautete die Forderung. Russland hatte sich dagegen schon vor vier Jahren von der Sommerzeit verabschiedet.
In den öffentlichen Diskussionsforen schwärmen die Gegner der Zeitumstellung von einer dauerhaften Sommer-Uhrzeit - meist mit Hinweis auf die schönen langen Abende zwischen Mai und September.
Initiativen wie das Portal www.zeitumstellung-abschaffen.de sprechen sich andererseits für ein Ende der Sommerzeit aus. Nur die Brüsseler Kommission lässt sich bisher nicht in die Karten sehen. Der Entschließungsantrag aus Straßburg soll den Bemühungen des EU-Gesetzgebers, der schon seit Oktober 2017 die Frage prüft, bestärken. Ob die Uhren aber bald sommerlich oder winterlich eingestellt werden, scheint noch völlig offen. (mz)